
Stilistische Gruppen
Georg Kabierske und Bénédicte MaronnieIn den Zeichnungen der Piranesi-Werkstatt in Karlsruhe lassen sich die Hände verschiedener Künstler erkennen. Bei Betrachtung des komplexen Werkstattmaterials gelangen bisherige Zuschreibungsmethoden indes immer wieder an ihre Grenzen, wie es auch in anderen Fällen größerer namhafter Werkstattkontexte, z.B. bei Rembrandt (1606–1669) oder beim englischen Kunsttischler Thomas Chippendale (um 1718–1779), festgestellt und erörtert wurde. Jedes einzelne Blatt mit einem Künstlernamen verknüpfen zu wollen, ist aufgrund der Komplexität solchen Werkstattmaterials bislang in vielen Fällen nicht eindeutig lösbar. Methodologisch ist es aufschlussreicher, Zusammenhänge von Zeichnungen aufzuzeigen, um das Material als organische Gesamtheit verstehen zu können. Eine erste Gruppenbildung konnte Stefan Morét bereits in Vorbereitung des internationalen Piranesi-Workshops an der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe vom 8. bis 10. April 2018 vornehmen. Diese wurde im Arbeitsprozess von den Autoren gemeinsam mit Christoph Frank weiter differenziert.
Da es sich bei den Zeichnungen in Karlsruhe in weiten Teilen um Vorstudien zu Motiven in Piranesis Druckwerken oder für andere Projekte handelt, ist oftmals eine zeitliche Einordnung möglich. Zum Beispiel kann das Publikationsdatum eines Drucks den terminus ante quem für eine Zeichnung angeben, die vor dem Druck entstanden sein muss (siehe dazu die Erläuterungen in den einzelnen Katalogeinträgen). Im Ausschlussverfahren lässt sich weiterhin bestimmen, welche Personen zu diesem Zeitpunkt in der Werkstatt aktiv waren oder mit Piranesi in Kontakt standen und somit als Urheber der Zeichnungen in Frage kommen könnten. Obwohl einige Namen bekannt sind, ist eine definitive Zuschreibung der Blätter oft nur bedingt möglich. Die hier vorgestellten Gruppen wurden auf der Basis von stilistischen Vergleichen gebildet, die Frage der Zuschreibung ist aber bislang nur mit Hypothesen zu beantworten, die weiter diskutiert werden müssen. Einerseits fehlen in vielen Fällen eindeutige bzw. signierte Referenzblätter der Künstler, andererseits existiert im Werkstattkontext die Praxis des Kopierens bzw. Übertragens von Zeichnungen und damit einhergehend das Imitieren eines bestimmten Stils. Darüber hinaus gibt es Zeichnungen, die von mehreren Händen in unterschiedlichen Arbeitsschritten ausgearbeitet wurden. Ferner ist zu vermuten, dass etwa Piranesis Kinder – Laura, Francesco, Angelo und Pietro – oder andere Personen, die in die Werkstatt eingebunden waren, anhand des verfügbaren Zeichenmaterials ausgebildet wurden. Bei den Kindern stellt sich die spekulative Frage, ab welchem Alter sie in der Lage waren, auf qualitätvollem Niveau Zeichnungen auszuführen. Außerdem entwickelt sich die Hand eines Zeichners im Laufe der Zeit weiter, was die Definition eines persönlich einheitlichen Stils für einen Künstler erschwert. Der Zeichenstil kann zudem nach Technik, Typologie (Figuren, Ornamentik, Architektur) und Funktion einer Zeichnung variieren, so unterschiedet etwa eine flüchtige Skizze von einer Reinzeichnung.
In den beiden Klebebänden können sowohl Zeichnungen enthalten sein, die innerhalb von Piranesis Atelier entstanden, als auch solche die von externen Künstlern gezeichnet worden sind und danach in die Motivsammlung der Werkstatt gelangten. Tatsächlich ist der Großteil der Zeichnungen in Karlsruhe nicht von Piranesi selbst ausgeführt worden, wenngleich einzelne von ihm eigenhändig überarbeitet wurden. Bei der Analyse der Alben sind vorrangig zwei Zeichner hervorgetreten, zum einen der französische Ornamentzeichner Nicolas François Daniel Lhuillier (um 1736–1793) und zum anderen Giovanni Battistas ältester Sohn, Francesco Piranesi (1756?–1810). Die übrigen laut der Angaben von Piranesis Biographen Jacques-Guillaume Legrand (1753–1807) in der Werkstatt tätigen Künstler, Vincenzo Dolcibene (um 1746–1820) und Benedetto Mori (aktiv in den 1760er bis Anfang 1800),[1] sind in Karlsruhe nur schwer zu greifen. Dolcibenes bekannte Zeichnungen haben nur in wenigen Fällen einen Wiederhall gefunden, wie Vergleiche zeigen.[2] Da bislang keine Zeichnungen von Mori bekannt sind, der laut Legrand als Architekturzeichner bei Piranesi tätig war, ist sein Name mit keiner der Karlsruher Zeichnungen zu verbinden.[3] Hingegen könnten je nach Zeitraum auch noch andere Zeichner bei Piranesi tätig gewesen sein, deren Namen nicht überliefert sind. Dabei muss man von einer kleinen Anzahl direkter Mitarbeiter ausgehen und von Zeichnern, die Piranesi nahe waren oder seine Werkstatt frequentierten. Man denke an Hubert Robert (1733–1808), Charles-Louis Clérisseau (1721–1820) oder Jean-Laurent Legeay (um 1710–nach 1786), die alle in Legrands Lebensbeschreibung des Künstlers besonders hervorgehoben werden.
Zeitlebens fungierte Piranesi sowohl als Master Draughtsman (Meisterzeichner) als auch Mastermind (Ideengeber). Soweit sich dies belegen lässt, rekurriert somit die gesamte zeichnerische und graphische Produktion seiner Werkstatt allein auf ihn, unabhängig von der Frage, wer im Einzelnen der ausführende Zeichner gewesen sein mag, der zudem die jeweilige Zeichnung nach den Vorgaben Piranesis auszuführen gehabt haben dürfte – eine Praxis, wie sie noch heute in großen und bedeutenden Architekturbüros vorherrscht und sich zunehmend auch in den geradezu industriell betriebenen Werkstattbetrieben heutiger Künstler wiederfindet. Im Kontext der Neuidentifizierung der Karlsruher Alben ist jetzt erstmals die Betrachtung Giovanni Battista Piranesis Zeichenstil in Zusammenhang mit seiner Werkstatt übergreifend möglich, ein Themenfeld, das von der Forschung bisher nur in Einzelfällen beachtet wurde.[4] Eigenhändige Zeichnungen Piranesis konnten von Mitarbeitern im Zuge der Ausarbeitung durch weitere Zeichnungsschritte präzisierend übertragen werden. Zudem korrigierte oder beschriftete Piranesi zahlreiche Zeichnungen seiner Mitarbeiter mit eigener Hand. Dies ist nicht nur in Karlsruhe, sondern auch in den Piranesi-Beständen der Kunstbibliothek Berlin und der Morgan Library in New York belegt. Vor dem Hintergrund dieser Zuschreibungsproblematik ist es möglich, mittels stilistischer oder inhaltlicher Übereinstimmungen innerhalb der Karlsruher Alben verschiedene Zeichnungsgruppen zu bilden. Anstatt eine Zeichnung nur als einzelnes Werk zu betrachten, kann der Blick auf die ganze Gruppe neue Perspektiven in Bezug auf Zeichenart, Motive sowie deren Verknüpfungen und weitere Verbreitung eröffnen. Sollten in den nächsten Jahren zudem weitere Blätter aus der Piranesi-Werkstatt gefunden werden, könnten diese mit dem Karlsruher Material und den hier vorgeschlagenen Gruppen in Bezug gesetzt werden. Bislang unbekannte Zeichnungen könnten die Einordnungsversuche ergänzen, Zuschreibungen erleichtern oder auch revidieren.
Vergessen werden darf dabei nicht, dass die Karlsruher Zeichnungen sehr eng mit weiteren bekannten Blättern aus der Piranesi-Werkstatt verbunden sind. Dazu zählen die Zeichnungen der Morgan Library in New York, die Skizzenbücher der Biblioteca Estense in Modena[5] und ein Teil des Vogel-Escher-Albums[6] in der Zentralbibliothek Zürich sowie einzelne Blätter vor allem in der Kunstbibliothek Berlin, der Kunsthalle Hamburg und dem British Museum London. Eine gesamtheitliche Betrachtung des kompletten bislang bekannten Werkstattmaterials steht noch aus. In Bezug auf einzelne Karlsruher Katalogeinträge wird diese sammlungsübergreifende Einordnung nun eingeleitet. Diese neue Betrachtung von Zeichenmaterial aus der Werkstatt Giovanni Battista Piranesis wirft auch ein neues Licht auf die Zeichenpraxis von anderen Architekten und Künstlern in Rom und deren Vernetzung.
Im Verlauf einer mehrjährigen Begutachtung und Diskussion in der Forschungsgruppe konnten fünfzehn stilistische bzw. typologische Gruppen definiert werden, wobei mehrere auch von derselben Zeichenhand stammen können. Die Benennungen wurden möglichst offen formuliert, um den verschiedenen Zuschreibungshypothesen Raum zu geben und sie ausreichend diskutieren zu können. Aufgrund der vielfältigen Verbindungsmöglichkeiten zwischen den Zeichnungen kommt es oftmals zu Überschneidungen zwischen den Gruppen. Für jene Blätter, die bislang nicht zuzuordnen waren, wurden vier Sondergruppen definiert.
Einzelnachweis
1. Siehe Gilbert Erouart/Monique Mosser: À propos de la „Notice historique sur la vie et les ouvrages de J.-B. Piranesi": origine et fortune d’une biographie, in: Piranèse et les français, Kolloquium, Rom, Villa Médicis, 12.–14. Mai 1976, Rom 1978, S. 213–252, hier S. 230: „Dolcibene qui dessina pour Piranesi pendant 7 à 8 ans des figures, bas-reliefs et autres accessoires de l’achitecture“ und S. 251: „Fr. Piranesi continua donc ses travaux […] en s’adjoignant toujours le fidèle compagnon de son père et le sien l’architecte Benedetto Mori graveur habile et aussi laborieux qu’instruit dans toutes les parties de l’architecture civile.“
2. Die hier hinzugezogenen Zeichnungen von Dolcibene sind jene aus dem Bestand von Charles Townley im British Museum, London. Zu Dolcibene und seiner Tätigkeit als Zeichner für Charles Townley siehe Ilaria Bignamini/Clare Hornsby: Digging and Dealing in Eighteenth-Century Rome. New Haven/London 2010, S. 178, 179, 181, 190; Viccy Coltman: Designs on eighteenth-century sculpture, in: The Sculpture Journal 13, 2005, S. 89–102.
3. Über die künstlerische Tätigkeit von Benedetto Mori ist nicht viel bekannt. Auf Grundlage von Legrand nimmt Bevilaqua an, er habe während Piranesis Reisen nach Paestum und Pompeji zur Ausführung von Grundrissen und technischen Zeichnungen beigetragen, siehe u.a. Mario Bevilacqua: Piranesi 1778: Ricerche interrotte, opere perdute, in: Vincenzo Cazzato/Sebastiano Roberto/Mario Bevilacqua (Hg.): La festa delle arti: Scritti in onore di Marcello Fagiolo per cinquant’anni di studi, 2 Bde., Rom 2014, Bd. 2, S. 792–797, hier S. 792, 795. Zudem wird vermutet, dass er an der topographischen Aufnahme der Villa Adriana und vom Campo Marzio beigetragen habe, vgl. Rossana Caira Lumetti: La cultura dei Lumi tra Italia e Svezia. Il ruolo di Francesco Piranesi, Rom, 1990, S. 133; John Pinto/William Lloyd MacDonald: Hadrian's Villa and its Legacy, New Haven 1995, S. 247. Zwischen 1780 und 1808 lieferte er die Architekturzeichnungen für die Histoire de l’art par les monuments (1823) von Séroux d’Agincourt. Benedetto, sein Bruder Vincenzo sowie Francesco werden zu den Protagonisten der Armfelt-Affäre (1793–1794), dazu siehe Caira Lumetti 1990 (siehe oben), S. 127–170. In einem Brief an Acton (Dezember 1794) wird erwähnt, dass Mori seit 12 Jahren für Piranesi arbeitet, siehe Rossana Caira Lumetti (Hg.): Vincenzo Monti, Lettera di Francesco Piranesi al Signor Generale D. Giovanni Acton, Palermo 1991, S. 69–71.
4. Siehe Sarah Vowles: Piranesi Drawings. Visions of Antiquity, Ausst. Kat. London, British Museum, London 2020, S. 6–9.
5. Biblioteca Estense Universitaria di Modena, ms. Campori 1522 (γ 6, 32) und ms. Campori 1523 (γ 6, 23).
6. Zentralbibliothek Zürich, Vogel-Escher Album, FA Escher vG.188.6.
- Giovanni Battista Piranesi (1720–1778), Gruppe 1
Entdecken Sie hier alle Werke der Gruppe 1
IX 5159-35-15-1, IX 5159-35-19-5, IX 5159-35-30-1, IX 5159-35-30-5, IX 5159-35-31-1v, IX 5159-35-31-5, IX 5159-35-32-2, IX 5159-35-32-4v, IX 5159-35-33-2, IX 5159-35-33-3, IX 5159-35-34-3, IX 5159-35-34-4, IX 5159-36-2-4, IX 5159-36-2-5, IX 5159-36-11-6v, IX 5159-36-12-5v, IX 5159-36-16-1, IX 5159-36-31-1v, IX 5159-36-33-1, IX 5159-36-33-4.
In dieser Gruppe sind Zeichnungen aufgelistet, die mit dem Zeichenstil von Giovanni Battista Piranesi in Verbindung zu bringen sind. Im Hinblick auf den Werkstattkontext wirft das Konzept der Autorschaft jedoch grundlegende Fragen auf: Wie und auf Grundlage welcher Zeichnungen wurde Piranesis Zeichenstil bislang definiert? Wie stehen die Karlsruher Ornamentzeichnungen, die den größten Anteil des Werkstattmaterials bilden, diesem Piranesi-Bild gegenüber? Welche Rolle spielen seine Zeichnungen im künstlerischen Erfindungsprozess und wie können sie in der kollektiven Werkstattarbeit eingeordnet werden?
Natürlich reichen diese Fragen weit über das hinaus, was im folgenden Text ausgeführt werden kann. Sie deutlich zu formulieren, mag jedoch die Komplexität der Frage nach einer Autorschaft aufzeigen.
Mit „Werkstattmaterial“ sind nicht nur Zeichnungen gemeint, die im Atelier aufbewahrt und von Mitarbeitern oder Zeitgenossen hergestellt wurden. Der Begriff bezieht sich auch auf Zeichnungen von Piranesis Hand, die er in und außerhalb der Werkstatt schuf, und auf bereits existierende Blätter anderer Künstler, bei denen er minimal bis massiv Hand anlegte.
Zum einen bestehen Piranesis Arbeitszeichnungen aus Entwürfen und Studienblättern, in denen er seine ersten Ideen im Entstehungsprozess eines Werkes auf Papier festgehalten hat (Kompositionen für Veduten, Kandelaber, Kamine usw.). Zum anderen handelt es sich um Skizzen und Nachzeichnungen antiker Architekturteile, die er auf seinen Erkundungstouren anfertigte – Kapitelle (z.B. IX 5159-35-19-2), Konsolen (z.B. IX 5159-35-33-3), Reliefs (z.B. IX 5159-36-16-1) usw. – so wie Schriftsteller aus Notizen in ihrem Alltag später Erzählungen entwickeln. Diese gezeichneten Notizen waren nur für ihn selbst und für die Verwendung in der Werkstatt bestimmt, im Gegensatz zu seinen Architekturfantasien,[1] die er für den Verkauf an Sammler zeichnete, oder den Reinzeichnungen von Projekten, die er mit Beteiligung der Werkstatt zur Vorlage bei einem Auftraggeber ausfertigte. Bei Vorzeichnungen für gedruckte Vedutenkompositionen wich Piranesi zum Teil von der traditionellen Praxis ab, indem er sie – vor allem in der zweiten Hälfte seiner Karriere ab 1760 – selten bis ins Detail ausarbeitete.[2] Der hier vorgestellte Atelierbestand enthält mehrhändiges Zeichenmaterial, das nicht ein vollendetes Ausführungsstadium widerspiegelt, sondern Einblicke auf eine zeitlich vielschichtige Arbeitspraxis erlaubt.
So wie man in der Paläographie eine individuelle Schreibweise betrachtet, sind für die Definition von Piranesis zeichnender Hand die spezifische Strichausführung bzw. der persönliche Duktus herauszuarbeiten. Bei allen Zeichnungstypologien Piranesis – Kopien nach der Antike, Zeichnungen von Veduten, Architekturphantasien, Figuren, Kandelabern oder Kaminen – fällt seine energische und sichere Hand auf. Ihm ist eine extrem spontane Art zu eigen, bei der er noch während des Zeichnens seine Erfindungen weiterentwickelt. Am Ende seines Lebens verstärkte sich diese Tendenz, während er zugleich einer immer größeren Zahl an Mitarbeitern die präzise und saubere Umsetzung seiner Ideen anvertraute.
Bislang wurde Piranesis Zeichenstil in der Literatur meistens auf der Basis von Zeichnungen von Figuren, Veduten und Architekturphantasien in Feder, Pinsel und in Rötel bewertet. In Karlsruhe sind Zeichnungen aufbewahrt, die repräsentativ für diese Typologien sind – u.a. eine fragmentarische Vorzeichnung für eine gedruckte Vedute (IX 5159-35-31-1v), zwei Architekturphantasien (IX 5159-36-33-1, IX 5159-36-33-4) und zwei Zeichnungen mit Eroten (IX 5159-36-2-4, IX 5159-36-2-5) sowie eine Figurenstudie (IX 5159-36-31-1v). Zeichnungen von Kaminen und den sie umgebenden Wanddekorationen (vor allem in der Kunstbibliothek, Berlin, in der Morgan Library, New York und in der Hamburger Kunsthalle) und von Kandelabern (in der Morgan Library, New York, im British Museum, London und in der Biblioteca Estense in Modena) visualisieren Piranesis Stil im ornamentalen Bereich. Diese gelten als Anhaltspunkt für die Zuschreibung von Zeichnungen dekorativer Gegenstände (u.a. IX 5159-35-34-4, IX 5159-35-33-2, IX 5159-35-31-5, und ein Teil der Skizzen auf IX 5159-35-30-1).
Besondere Aufmerksamkeit muss jedoch auf das im Werkstattkontext praktizierte Nachahmungs- und Übernahmeprinzip gelegt werden. In seinem Reisejournal berichtet der Holländer Gerrit Jan Baron de Hochepied (1742–1807), der im September 1775 die Werkstatt Piranesis besuchte, dass Piranesis Kinder zu diesem Zeitpunkt bereits „in hervorragender Weise in die Fußstapfen ihres Vaters“ getreten waren.[3] Seinen Worten zufolge könnte es Piranesi ein Anliegen gewesen sein, seine Kinder in seiner Manier auszubilden und als solche zu präsentieren. Er dürfte dabei nicht zuletzt die zukünftige Weiterführung seines Unternehmens und die Bewahrung eines für seinen Künstlernamen repräsentativen Stils innerhalb der Werkstattproduktion im Blick gehabt haben. Wenngleich Hochepieds Beschreibung als Topos erscheint, ist diese Tradierung des Stils durch die Kinder in zwei auf 1776 datierten Zeichnungen von Francesco und Angelo überliefert, die neben einem Blatt von Giovanni Battista in das Album Amicorum von Aernout Vosmaer (1720–1799) eingefügt sind. Vosmaer gehörte ebenfalls zu der holländischen Reisegruppe, die 1775 die Piranesi-Werkstatt besuchten. Die Beurteilung der Karlsruher Zeichnungen fordert also auch in dieser Hinsicht besondere Aufmerksamkeit, da in bestimmten Fällen die Kinder im Stil des Vaters gezeichnet haben könnten. Dies zeigt sich insbesondere in den späteren Vorzeichnungen Giovanni Battista Piranesis, beispielsweise in den Paestum- und Pompeji-Serien, an denen sich Francesco mit einiger Sicherheit und vermutlich auch andere Mitarbeiter beteiligten. Die in der Literatur oft aufgeworfene Frage zur Unterscheidung der Hand Piranesis von der anderer Werkstattzeichner (auch innerhalb einer Zeichnung) ist schwer zu lösen. Bei Betrachtung des Werkstattkontexts erreicht daher die Debatte um die Autorschaft („Piranesi/nicht Piranesi“) ihre methodologische Grenze.
Grundsätzlich kann ein Zeichner je nach Zeitpunkt, Umstand aber auch Typologie des Dargestellten stilistisch verschieden zeichnen. Bei den Piranesi-Zeichnungen in Karlsruhe handelt es sich größtenteils um Zeichnungen nach einzelnen Bauornamenten, die in die zweite Hälfte von Piranesis Karriere (ab den 1760er Jahren) einzuordnen sind und bisweilen seine Motivsammlung für eigene Erfindungen darstellen (z.B. IX 5159-35-19-5, IX 5159-35-30-5, IX 5159-35-32-2, IX 5159-35-33-3, IX 5159-36-16-1). Sie fallen aus dem bisher definierten Piranesi-Bild heraus, da bisher im Unterschied zu seinen Figuren, Veduten, Architekturphantasien und dekorativen Gegenständen in Museumsbeständen kaum derartige Ornamentblätter nachgewiesen worden sind. Es stellt sich die Frage, inwieweit der Künstler neben den spontanen, kraftvollen, manchmal auch wenig präzisen Zeichnungen, die dem allgemein gängigen Piranesi-Stil entsprechen, auch exakte Zeichnungen ausführte. Hat er beispielsweise im Fall der Kaminzeichnung (Abb. 1) und der Altarzeichnung von Santa Maria del Priorato in der Morgan Library (Abb. 2, siehe dazu auch IX 5159-35-34-6) die präzise Zeichenweise der Grundstruktur selbst durch eine spontane und energische Ausführung erweitert, oder handelt es sich um zwei verschiedene Hände? Zahlreiche Beispiele solcher kombinierten Zeichenarten lassen sich feststellen, was in der bisherigen Literatur z.B. von Bent Sørensen durchaus erwähnt, aber nicht näher verfolgt wurde (siehe z.B. die Zeichnungen für San Giovanni in Laterano, ca. 1763–1764, New York, Morgan Library, Inv. 1966.11.55).[4]
Abb. 1: Giovanni Battista Piranesi und Werkstatt?, Entwurf eines Kamins, Ende der 1760er/1770er Jahre, Feder in Braun über Rötel, 148 x 129 mm, New York, © The Morgan Library & Museum, Bequest of Junius S. Morgan and gift of Henry S. Morgan, 1966.11:88 Abb. 2: Giovanni Battista Piranesi und Werkstatt?, Projektzeichnung für den Hauptaltar von Santa Maria del Priorato, 1764–1767, Feder in Braun und Schwarz über schwarzer Kreide, 472 x 365 mm, New York, © The Morgan Library & Museum, Bequest of Junius S. Morgan and gift of Henry S. Morgan, 1966.11:51 Typologisch mit den Karlsruher Blättern vergleichbare Zeichnungen befinden sich vorwiegend in der Morgan Library und in den Skizzenbüchern von Modena. In den 1940er Jahren konnten erstmals durch Felice Stampfle Zeichnungen aus der Sammlung der Morgan Library als Piranesis Werkstattmaterial identifiziert werden, bis dahin wurde die Existenz solchen Materials nur vermutet.[5] Besonders interessant sind die Bestände der Morgan Library für die kleinen Ornamentzeichnungen von der Hand Piranesis aus den 1750er und vom Anfang der 1760er Jahre, die wichtige Vergleichsbeispiele für die Karlsruher Zeichnungen darstellen (Abb. 3 und u.a. Inv. 1966.11:19, 1966.11:22). Bislang wurde keine eingehende Studie zur Einordnung der Zeichnungen in New York in das Gesamtwerk Piranesis publiziert. Bis zur Neuzuschreibung der Karlsruher Zeichnungen fehlten Vergleichsmaterialien für solch eine Studie. Die Skizzenbücher aus Modena, über die 1978 eine erste und 2008 eine ausführlichere Studie von Mario Bevilacqua publiziert wurde, dienen ebenso als wichtige Forschungsquelle (Abb. 4).[6] Bezüglich der genaueren Betrachtung Piranesis Entwicklung als Zeichner und der Miteinbeziehung von Werkstattzeichnern gibt der jüngste Katalog der Zeichnungen im British Museum eine wichtige Orientierung.[7]
Abb. 3: Giovanni Battista Piranesi, Brustornament der Statue der Artemis Ephesia, vor 1761, Rötel über schwarzem Stift, 147 x 146 cm, New York, © The Morgan Library & Museum, Bequest of Junius S. Morgan and gift of Henry S. Morgan, 1966.11:23 Abb. 4: Giovanni Battista Piranesi, Gebälkstudien, 1750er Jahre, schwarze Kreide, Überarbeitungen in Feder und brauner Tinte, Modena, Biblioteca Estense, Taccuino A, fol. 34 verso
CC BY-NC-SA 4.0Piranesis präzisere Zeichenmanier in der Ausführung von Reliefs, Ornamenten oder Gesichtern findet sich auch in den größeren Kompositionen der 1760er und frühen 1770er Jahre wieder. Man denke beispielsweise an die Vorzeichnungen für Radierungen, deren Zuschreibung an Giovanni Battista gesichert ist, etwa im Gabinetto disegni e stampe in den Uffizien (Abb. 6) oder in der Morgan Library (Abb. 5). Auch diese präzisere Manier ist durch eine lebendige Linienführung gekennzeichnet, wie es ebenfalls in der Darstellung eines Säulenfragments im Klebealbum des Weinbrenner-Schülers Heinrich Geier zu beobachten ist.[8]
Abb. 5: Giovanni Battista Piranesi, Zeichnungsfragment für das Titelblatt der Antichità d’Albano e Castel Gandolfo, vor 1762, Rötel über schwarzer Kreide, 180 x 264 mm, New York, © The Morgan Library & Museum, Bequest of Junius S. Morgan and gift of Henry S. Morgan, 1966.11:71v (Detail) Abb. 6: Giovanni Battista Piranesi, Antikes Grabmal nahe der Via Tiburtina, hier Detail eines Reliefs, erste Hälfte der 1770er Jahre, Florenz, Galleria degli Uffizi, 96007
© Foto: Gallerie degli Uffizi; mit Genehmigung des Ministeriums für Kultur. Jegliche Reproduktion oder Vervielfältigung ist ausdrücklich verboten.Einzelnachweis
1. Piranesis große und vollendete Architekturfantasien, die der Künstler für den Verkauf an Sammler anfertigte, scheinen bereits zu Lebzeiten selten und beliebt gewesen zu sein. 1765 verkaufte er eine Zeichnung an den englischen Gentleman und Sammler Joseph Windham (1738–1810), 1761 sechs Zeichnungen an den Reisenden Edward Walter (1727–1780, in Rom Mitte des Jahres 1770 bis April 1771), siehe Mario Bevilacqua: Piranesi. Taccuini di Modena, Bd. 2: Riproduzione dei Taccuini Campori della Biblioteca Estense Universitaria, Rom 2008, S. 4 und 282; William Rieder: Piranesi at Gorhambury, in: The Burlington Magazine 117, 1975, S. 582–591, hier S. 586–589.
2. Siehe dazu Sarah Vowles: Piranesi Drawings. Visions of Antiquity, Ausst. Kat. London, British Museum, London 2020, S. 17f., 108, Nr. 38, sowie die berühmte Anekdote aus der Biographie von Jacques-Guillaume Legrand, in der Giovanni Battista Piranesi gegenüber dem französischen Maler Hubert Robert erwähnt, dass er bisweilen gänzlich aus seiner Erinnerung zeichne : „Le peintre Robert avec lequel il dessinait quelques fois aussi d’après nature, et qui était si bien en état d’apprécier son talens, ne concevait pas ce qu’on pouvait faire de croquis aussi peu arrêtés; Piranesi, voyant son étonnement, lui disait: le dessin n’est pas sur mon papier, j’en conviens, mais il est tout entier dans ma tête, et vous le verrez par la planche, elle était fidèle, en effet, et rien n’y était omis.“, („Der Maler Robert, mit dem er [Piranesi] manchmal auch nach der Natur zeichnete, und der [Piranesis] Talent zu schätzen wusste, konnte nicht verstehen, dass man Skizzen so unvollendet ließ. Piranesi, der sein Erstaunen bemerkte, sagte ihm: Die Zeichnung ist nicht auf meinem Papier, das gestehe ich, sie ist aber vollständig in meinem Kopf, Sie werden es in der Druckplatte sehen. Tatsächlich, sie war getreu und dort fehlte nichts.“) in: Gilbert Erouart/Monique Mosser: À propos de la „Notice historique sur la vie et les ouvrages de J.-B. Piranesi": origine et fortune d’une biographie, in: Piranèse et les français, Kolloquium, Rom, Villa Médicis, 12.–14. Mai 1976, Rom 1978, S. 213–252, hier S. 231.
3. Reisejournal von Gerrit Jan Baron de Hochepied : Voyage de la Haye par la France, Suisse, l'Italie, Tyrol et l'Allemagne, en Hollande, l'année 1775–76 (Leiden, Universiteitsbibliotheek, MSS. BPL 2058), 29. September 1775: „hoe deze hele familie uitmunt op het gebied der schone kunsten, en alle kinderen, meisjes zogoed as jongens, een zo gelukkige aanleg hebben, dat zij op voortreffelijke wijze in de voetstappen van hun vader treden“ („wie sich diese ganze Familie auf dem Gebiet der bildenden Kunst auszeichnet und alle Kinder, Mädchen wie Jungen, so erfreulich veranlagt sind, dass sie in hervorragender Weise in die Fußstapfen ihres Vaters treten“), zitiert nach: Ronald De Leeuw (Hg.): Herinneringen aan Italië. Kunst en toerisme in de 18de eeuw, Zwolle 1984, S. 148f. Für weitere Teile des Journals siehe auch Bent Sørensen: Piranesi, Grandjacquet and the Warwick Vase, in: The Burlington Magazine 145, 2003, S. 792–795.
4. Siehe Bent Sørensen: The Project for the Reconstruction of the Lateran Basilica in Rome, in: Sarah E. Lawrence (Hg.): Piranesi as Designer, New York 2007, S. 170–201, hier S. 199.
5. Henry Focillon: Giovanni Battista Piranesi, 1720–1778, Paris 1918, S. 199.
6. Siehe Adriano Cavicchi/Silla Zamboni: „Due Taccuini” inediti di Piranesi, in: Alessandro Bettagno (Hg.): Piranesi tra Venezia e l’Europa, Florenz 1978, S. 177–216; Mario Bevilacqua: Piranesi, Taccuini di Modena, 2 Bde., Rom 2008.
7. Siehe Sarah Vowles: Piranesi Drawings. Visions of Antiquity, Ausst. Kat. London, British Museum, London 2020.
8. KIT Karlsruhe, Archiv für Architektur und Ingenieurbau (saai), Klebealbum von Heinrich Geier, S. 113.
- Giovanni Battista Piranesi (1720–1778) (?) und/oder Zeichner der Piranesi-Werkstatt, Gruppe 2
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IX 5159-35-8-3, IX 5159-35-28-2, IX 5159-35-28-3, IX 5159-35-28-4, IX 5159-35-28-4v, IX 5159-35-34-1v, IX 5159-35-41-3, IX 5159-36-19-1, IX 5159-36-31-2
Der freie und flüchtige Zeichenduktus mancher Blätter dieser Gruppe kann durch Vergleiche mit Zeichnungen in der Morgan Library und in Modena mit Giovanni Battistas Hand in Verbindung gesetzt werden (Abb.1). Zudem enthält sie mehrhändige Blätter, in die Giovanni Battista eingegriffen haben könnte (z.B. IX 5159-35-28-4). Darüber hinaus sind zwei Zeichnungen (IX 5159-36-19-1, IX 5159-35-28-3) sicher von einem Zeichner der Werkstatt in unmittelbarer Nähe zu Piranesi ausgeführt worden, aber nicht zwangsläufig von ihm selbst. Sie befinden sich auf Makulaturpapieren bzw. wiederverwendeten Papieren aus dem Atelier, die auf der Rückseite Fragmente von Radierungen Piranesis aufweisen. Hier enthalten sind also Zeichnungen, die aufgrund von motivischen sowie stilistischen Kriterien eine Übergangsgruppe bilden, die die enge Zusammenarbeit zwischen dem Meister und seiner Werkstatt vor Augen führt. Davon ausgehend ist weiter zu diskutieren, inwiefern Piranesis Zeichenstil zwischen lockeren Skizzen und einer präziseren Manier, die er ab den 1760er Jahren bei Zeichnungen nach der Antike angewendet hat, alternieren konnte und wie er ausgeprägt war (siehe auch Gruppe 1).
Abb. 1: Detailvergleich zwischen Giovanni Battista Piranesi, Zeichnungsfragment für das Titelblatt der Antichità d’Albano e Castel Gandolfo, vor 1762, Rötel über schwarzer Kreide, 180 x 264 mm, New York, © The Morgan Library & Museum, Bequest of Junius S. Morgan and gift of Henry S. Morgan, 1966.11:71v, und Torso einer antiken Panzerstatue, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Inv. IX 5159-35-8-3 - Giovanni Battista Piranesi (1720–1778) (?) und Zeichner der Piranesi-Werkstatt, Gruppe 3
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IX 5159-36-5-1, IX 5159-36-11-1, IX 5159-36-15-1
Diese Gruppe enthält Figurenzeichnungen von unidentifizierten Zeichnern der Werkstatt, in die Giovanni Battista Piranesi zumindest teilweise eingegriffen hat. Seine Hand ist beispielsweise in den langen und breiten Armen der Figurenkomposition IX 5159-36-15-1 zu erkennen. Piranesi könnte auch nur Details gezeichnet haben wie den Fuß neben der Petrus-Statue in der Zeichnung IX 5159-36-11-1. Verwandtschaften mit dem Stil von Vincenzo Dolcibene (ca. 1746–1820) sind im Beitrag zur Zeichnung IX 5159-36-11-1 erläutert.
- Nicolas François Daniel Lhuillier (um 1736–1793), Gruppe 4
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IX 5159-35-1-1, IX 5159-35-3-1, IX 5159-35-5-2, IX 5159-35-6-1, IX 5159-35-7-1, IX 5159-35-10-1, IX 5159-35-15-2, IX 5159-35-20-1, IX 5159-35-20-2, IX 5159-35-21-1, IX 5159-35-22-1, IX 5159-35-26-1, IX 5159-35-27-1, IX 5159-35-36-1, IX 5159-35-37-1, IX 5159-35-38-1, IX 5159-36-21-1
Die Blätter dieser Gruppe lassen sich dem französischen Zeichner Nicolas François Daniel Lhuillier (um 1736–1793) zuordnen, dem in den letzten Jahren mit der zunehmenden Erforschung der Zeichenpraxis von Italien-Reisenden wachsende Aufmerksamkeit geschenkt worden ist.[1] Als Schüler von Charles-Louis Clérisseau (1721–1820) in Rom hatte er sich auf Kreidezeichnungen nach Bauornamentik spezialisiert, wobei er sich eine „perfekte Kenntnis des antiken Stils und eine ungewöhnliche Leichtigkeit des Zeichnens“[2] angeeignet hatte. Sein Lehrer Clérisseau zählte neben Johann Joachim Winkelmann zu den wichtigen Persönlichkeiten der römischen Antikenforschung jener Jahre und war für zahlreiche antikenbegeisterte Studien- oder Grand-Tour-Reisende ein wichtiger Ansprechpartner. Auf seine Vermittlung hin zeichnete Lhuillier etwa „für verschiedene Engländer, mit denen er [Clérisseau] in Korrespondenz stand“,[3] sodass diese Zeichnungen unter jenen internationalen Architekten und Künstlern weite Verbreitung fanden, die sich zu Studienzwecken in der ewigen Stadt aufhielten und zur späteren Verwendung architektonisch-ornamentale Motivsammlungen anlegten. Dass Lhuillier dabei auch im Kontext von Winkelmann und für Giovanni Battista Piranesi Zeichnungen anfertigte, geht aus einem Brief des französischen Architekten François-Joseph Bélanger (1744–1818) hervor, dessen Mitarbeiter Lhuillier nach 1768 in Paris werden sollte.[4]
Im Rahmen des Karlsruher Forschungsprojekts konnten Zeichnungen in der Art Lhuilliers in den Sammlungen von Johannes Wiedewelt(1731–1802),[5] Caspar Frederik Harsdorff (1735–1799),[6] Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff (1736–1800),[7] David Vogel (1744–1808) und Hans Caspar Escher (1775–1859),[8] James Adam (1732–1794),[9] Thomas Hardwick (1752–1829),[10] Richard Norris (um 1750–1792),[11] Giuseppe Venanzio Marvuglia (1729–1814),[12] Giuseppe Manocchi (1731–1782),[13] Pierre-Adrien Pâris (1745–1819),[14] Pierre-Joseph Antoine (1730–1814),[15] Jean-Auguste-Dominique Ingres (1780–1867),[16] im Piranesi-Konvolut der Morgan Library in New York[17] sowie in verschiedenen anonymen Bestände wie beispielsweise in der Kunstbibliothek, Berlin,[18] der National Gallery of Ireland in Dublin,[19] dem Sir John Soane’s Museum in London[20] und auf dem Kunstmarkt[21] identifiziert und miteinander in Bezug gesetzt werden. Zu dieser weiten Verbreitung kam es, da die Blätter in Rom durch Abklatsche oder Nachzeichnungen vervielfältigt wurden.
Als gesicherte Zeichnungen Lhuilliers oder direkte Kopien nach ihm können etliche Blätter im Klebeband des Schweizer Architekten David Vogel (1744–1808) in der Zentralbibliothek Zürich gelten, deren Autorschaft schriftliche Quellen von Johann Friedrich Reiffenstein (1719–1793) und Johann Joachim Winckelmann (1717–1768) belegen (Abb. 1).[22] Aber auch unter den von James Adam (1732–1794) während seiner Italienreise 1760–1763 gesammelten Zeichnungen im Klebeband 26 der sog. Adam travel drawings im Sir John Soane’s Museum in London findet sich eine große Gruppe von Blättern nach antiker Bauornamentik in roter und schwarzer Kreide im Stil von Lhuillier (Abb. 2). Diese Zuschreibung erfolgte bislang aufgrund der motivischen Nähe zu den Ornamentzeichnungen seines Lehrers Clérisseau in der Eremitage in St. Petersburg und wegen der Initiale „L“, mit der einige Blätter in Kreide beschriftet sind.[23] Dass Lhuillier aber auch schon für den älteren Bruder Robert Adam 1756 in Rom gezeichnet hat, scheint ein erstmals von Christoph Frank identifizierter und bislang unveröffentlichter Abschnitt der Adam-Korrespondenz zu belegen.[24]
Abb. 1: Nicolas Lhuillier, Antike Friese, 1765, schwarzer Stift, Zentralbibliothek Zürich, Vogel-Escher-Album, FA Escher vG.188.6, fol. 78
CC0 1.0Abb. 2: Nicolas Lhuillier, Antike Wellenrankenfriese, Abklatsch, in Rötel überarbeitet, 179 x 580 mm und 182 x 577 mm
© Sir John Soane’s Museum, London, Adam vol 26/124 und 125Bei einigen der Zeichnungen im Soane’s Museum handelt es sich um überarbeitete Abklatsche, von denen sich zugehörige Originalzeichnungen Lhuilliers in den Karlsruher Klebealben befinden (siehe Essay Mit Öl und Wasser kopiert).[25] Weitere gesicherte Abklatsche von Lhuilliers Zeichnungen und vergleichbare Karlsruher Motive gibt es in einem Zeichnungskonvolut des Architekten Thomas Hardwick (in Rom 1777–1779) im Metropolitan Museum in New York (siehe z.B. IX 5159-35-5-2).[26] Die in anderen Sammlungen vorhandenen Blätter können durch stilistische Vergleiche, aufgrund der Maße und Motive Lhuillier oder seinem Umfeld zugeschrieben werden.
Zurück in Paris arbeitete Lhuillier ab 1768 für verschiedene Architekten,[27] realisierte auf Grundlage seiner in Rom gezeichneten Ornamentmotive Baudekorationen[28] und publizierte auch einige davon in zwei Stichwerken, dem Livre d’ornements von 1772 und dem ab 1778 anonym erschienenen Recueil d’ornemens [sic!] (Abb. 3 und 4).[29] Ein in der Kunstbibliothek, Berlin identifiziertes Zeichnungskonvolut enthält überdies seitenverkehrte Vorzeichnungen (Abb. 5).[30] Ferner gibt es in den Klebealben der Kunsthalle Karlsruhe mehrere schon während Lhuilliers Aufenthalt in Rom entstandene Zeichnungen, die dieser Zeichnungsgruppe zugeordnet wurden. Aufgrund von übereinstimmenden Motiven und Maßen sind sie als in Rom zurückgebliebene Repliken der Zeichnungen anzusehen, die nach Paris gebracht und erst dort als vorbereitende Zeichnungen für den Recueil d’ornemens genutzt wurden (Abb. 6). Bei diesen Repliken kann es sich nicht um Kopien nach seinen Stichen handeln, finden sich in Karlsruhe doch auch Motive, die nicht publiziert worden sind.
Abb. 3: Nicolas Lhuillier und Doublet, Zwei Friesfragmente, in: Livre d’ornements, Taf. 3, 1772/73, Radierung, ca. 494 x 315 mm, Paris, Bibliothèque de l'Institut National d'Histoire de l'Art, collections Jacques Doucet, Inv. NUM FOL Est 611
CC0 1.0Abb. 4: Mlle. Brinclaire nach Nicolas Lhuillier, Zwei Fragmente antiker Friese, in: Recueil d’ornemens, Tafel 20 (Darstellung unten), 1778, Radierung in Kreidemanier, 573 x 190 mm, Paris, Bibliothèque de l'Institut National d'Histoire de l'Art, collections Jacques Doucet, Inv. NUM PL EST 105
CC0 1.0Abb. 5: Nicolas Lhuillier (zugeschrieben), Vorzeichnungen für Taf. 3 des Livre d’ornements, vor 1772, Rötel, Staatliche Museen zu Berlin, Kunstbibliothek, Hdz 3450 und Hdz 3451
Fotonachweis: Staatliche Museen zu Berlin, Kunstbibliothek, Fotograf: Dietmar Katz, CC BY-NC-SA 4.0Abb. 6: Detailvergleich zwischen zwei Friesdarstellungen, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Inv. IX 5159-35-15-2 undIX 5159-35-3-1 Charakteristisch für die in roter oder schwarzer Kreide ausgeführten Zeichnungen Lhuilliers ist der markante Umriss sowie die aus Linien aufgebaute Parallelschraffur, durch deren mehr oder weniger starke Betonung Tiefe, Volumen und Schattenwirkung des dargestellten Objekts definiert werden (Abb. 7). Diese Schraffur ist bei größeren Flächen, etwa als Fond von Friesen und Reliefs, aus nebeneinandergesetzten, kurzen vertikalen Strichen aufgebaut, die wiederum in leicht geschwungenen Reihenbändern übereinander gesetzt erscheinen (Abb. 8). So entsteht ein klares und präzises Bild, das sich besonders gut zum Kopieren eignet. Man könnte darin eine Weiterentwicklung der Zeichentechnik seines Lehrers Clérisseau sehen, der mittels Lavierung den Hintergrund flächig fasste und an den Konturen der Darstellung damit Tiefenwirkung implizierte.[31] Diese rationale Zeichenart, mit vertikalen Strichen eine neutrale Hintergrundfläche zu schaffen, entspringt einer langen Tradition von Antikenzeichnungen und wurde im 18. Jahrhundert auch von anderen französischen Zeichnern im Umfeld der Académie de France in Rom und auch in Paris verwendet. Lhuillier ist also nicht der Erfinder dieser Technik, verbreitete und systematisierte sie jedoch durch eine konsequente Anwendung in seinen Zeichnungen.
Abb. 7: Nicolas Lhuillier (oder Kopie nach), Antikes Kompositkapitell aus Santa Maria in Cosmedin (Detail), 1764–1765, schwarzer Stift, Zentralbibliothek Zürich, Vogel-Escher-Album, FA Escher vG.188.6, fol. 74
CC0 1.0Abb. 8: Nicolas Lhuillier (oder Kopie nach), Antiker Fries mit Stiere opfernden Viktorien (Detail), 1764–1765, schwarzer Stift, Zentralbibliothek Zürich, Vogel-Escher-Album, FA Escher vG.188.6, fol. 78
CC0 1.0Darüber hinaus zeichnen sich Lhuilliers Figuren durch ein rundliches Gesicht und, wie auch bei den Tierwesen, durch plastisch herausgearbeitete Körperformen und Muskulaturen sowie durch Gewänder in weichen Volumina aus. Obwohl Lhuilliers Zeichnungen hauptsächlich dekorative Elemente antiker Ruinen darstellen, versucht er nicht, den malerischen Charakter im Sinne eines Capriccios zu betonen. Vielmehr liefern die Zeichnungen eine idealisierte und als solche unbeschädigte Version des dekorativen Elements, die Künstler oder Architekten als vollständige Vorlage für eigene Entwürfe verwenden konnten. Sich wiederholende Elemente wie Eier- oder Perlstäbe und andere Ornamentbänder, die Friese und Reliefs einfassen, werden in den Zeichnungen häufig nur ausschnitthaft wiedergegeben, da deren weiterer Verlauf leicht zu ergänzen ist.
Die stilistischen Merkmale von Lhuilliers präzisem Zeichenstil lassen sich zudem bei drei bekannten Präsentationszeichnungen für das Speisezimmer im Château de Maisons-Laffitte feststellen, dessen Dekor unter der Leitung des Architekten François-Joseph Bélanger (1744–1818) 1779–1781 von Lhuillier geschaffen wurde (Abb. 9 und 10).[32] Da die Blätter nur mit "Bélanger invenit“ signiert wurden, ist in der tatsächlichen Ausführung dieser Reinzeichnungen jedoch vielmehr die Autorschaft Lhuilliers zu sehen. Es kann daher angenommen werden, dass er sein Zeichentalent auch in Bélangers Architekturbüro in Paris einbrachte.[33]
Abb. 9: Nicolas François Daniel Lhuillier für François-Joseph Bélanger, Wandaufriss mit Fenster für das Speisezimmer im Château de Maisons-Laffitte, schwarze Kreide, 720 x 565 mm, Shatwell, Drawing Matter Collection, Inv. DMC 1004, CC0 1.0 Abb. 10: Nicolas François Daniel Lhuillier für François-Joseph Bélanger, Wandaufriss mit Figurennische für das Speisezimmer im Château de Maisons-Laffitte, schwarze Kreide, 720 × 545 mm, Shatwell, Drawing Matter Collection, Inv. DMC 1003, CC0 1.0 Bei den Zeichnungen dieser Gruppe handelt es sich ausschließlich um Zeichnungen, die aufgrund ihrer überragenden Qualität und der Verbindungen zu den Abklatschen in der Sammlung Adam, zum Recueil d’ornemens [sic!] und zu den Vorzeichnungen für das Livre d’ornements in der Kunstbibliothek Lhuillier selbst zugeschrieben werden können.
Die Datierung erfolgt auf Grundlage der Jahre, in denen sich Lhuillier als aktiver Zeichner in Rom nachweisen lässt. Den terminus ante quem definiert seine Abreise nach Paris 1768[34], für die Zeit davor werden widersprüchlich 17 oder 22 Jahre als Aufenthaltsdauer in Italien in den Quellen genannt, wobei unklar ist, ob er die gesamte Zeit in Rom verbrachte.[35] Als frühestmöglicher gesicherter Zeitpunkt seiner Aktivität in Rom wird hier die Mitte der 1750er Jahre angenommen, da Clérisseau 1754[36] seine eigene Ausbildung an der Académie de France in Rom abgeschlossen hatte und von da an selbst als Lehrer auftrat, etwa für den Architekten Robert Adam (1728–1792) und für Lhuillier. Soweit heute bekannt, war Lhuillier demnach ab der Mitte der 1750er Jahre als eigenständiger Zeichner aktiv, wie auch der Adam-Briefwechsel belegt. Dies lässt sich zudem auf Grundlage der Aufenthaltszeiten der Architekten in Rom ableiten, für die er arbeitete oder in deren Nachlässen sich Blätter seines Stils finden: Vincenzo Marvuglia war von 1747 bis 1759 in Rom, Johannes Wiedewelt von 1754 bis 1758, Robert Adam von 1755 bis 1757, James Adam von 1760 bis 1763, Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff 1765/66 und 1770/71, Pierre-Joseph Antoine von 1761 bis 1763, Caspar Frederik Harsdorff von 1762 bis 1764 und David Vogel von 1763 bis 1765.
Inwiefern der „Zeichner architectonischer Zierrahten l’Huillier“[37] direkt in der Werkstatt Piranesis aktiv war oder eher als externer Zuarbeiter idealisiert gezeichnete Bauornamentik lieferte, ist unklar. Vor dem Hintergrund der beiden großformatigen Entwurfszeichnungen des Deckenstucks für Santa Maria del Priorato (IX 5159-35-26-1 und IX 5159-35-27-1), für die aus stilistischen Gründen auch eine Zuschreibung an Lhuillier angenommen werden kann, könnte er immerhin während dieses Bauprojekts 1764–1766 eine größere Rolle in der Werkstatt wie auch auf der Baustelle gespielt haben, nicht zuletzt weil er nach seiner Rückkehr nach Paris besonders auch für seinen ornamentalen bauplastischen Dekor eine gewisse Berühmtheit erlangen sollte.[38]
Aber auch innerhalb dieser Gruppe 4 sind leichte qualitative Schwankungen (vgl. zwischen IX 5159-35-1-1 und IX 5159-35-10-1) festzustellen, zudem wurden zwei Blätter von einer weiteren Hand überarbeitet, die in kräftigem Duktus Beschädigungen oder Korrekturen in die idealisierte Reliefwiedergabe eintrug (IX 5159-35-10-1, IX 5159-35-26-1).
Einzelnachweis
1. Zu dieser vorangegangenen Beschäftigung mit Lhuillier in Rom siehe Alan A. Tait: The Adam Brothers in Rome. Drawings from the Grand Tour, London 2008, S. 126, 133f., 148 und 154; Karen Buttler (Bearb.)/Norbert Michels (Hg.): Sammeln und Zeichnen. Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff in Rom. Ausst. Kat. Dessau, Anhaltische Gemäldegalerie /Rom, Casa di Goethe, Petersberg 2014, S. 24–27 und Nr. 2.3; Georg Kabierske: A Cache of Newly Identified Drawings by Piranesi and his Studio at the Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, in: Master Drawings 53, 2015, S. 147–178, hier S. 159; Georg Kabierske: Der sculpteur d’ornement Nicolas Lhuillier (um 1736–1793) und der goût à l’antique in Paris, Universität Heidelberg 2018, Bachelorarbeit (unpubliziert); Bénédicte Maronnie mit Christoph Frank/Maria Krämer: Nouvelle lumière sur l’album de dessins Vogel-Escher de la Zentralbibliothek de Zurich. Copies et circulation de dessins d’architecture et d’ornements dans l’entourage de Johann Joachim Winckelmann, Giovanni Battista Piranesi et Nicolas François-Daniel Lhuillier, in: Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte 76, 2019, S. 19–44, hier S. 24ff.; Georg Kabierske: Römische Lehrjahre. Zum Zeichnen und Sammeln von Bauornamentik in Rom in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, 2 Bde., Universität München 2020, Masterarbeit (unpubliziert).
2. „connaissance parfaite du style antique et une facilité de dessin peu commune“ zitiert nach Jacques Guillaume Legrand: Notice historique sur la vie et les ouvrages de J.B. Piranesi architecte, peintre et graveur né a Venise en 1720 mort a Rome en 1778, in: Georges Brunel (Hg.): Piranèse et les Français, Kolloquium, Rom, Villa Médicis, 12.–14. Mai 1976, Rom 1978, S. 221–252., hier S. 241.
3. „il [Clérisseau] […] lui [Lhuillier] procura des travaux considérables pour divers anglais avec lesquels il [Clérisseau] était en correspondance“ zitiert nach ebd.
4. „Lhuillier, qui avait vécu vingt-deux ans en Italie, qui avait étudié cette science avec Jean-Baptiste Pyranèse dont il faisait les dessins, même avec Winckelmann, se rendit avec Guyard à Paris pour exécuter différents objets d’ornemens pour M. le duc de Lauraguais.“ Brief von François-Joseph Bélanger an Antoine Vaudoyer (?) vom 19. November 1808, zitiert nach Jean Stern: A l’ombre de Sophie Arnould. François-Joseph Bélanger, 2 Bde., Paris 1930, hier Bd. 2, S. 108 und Paris, Bibliothèque d’art et d’archéologie, Autographes, Carton 31 (architectes), Nr. 13982–13985.
5. Kopenhagen, Kunstbibliothek, Inv. 11451 (dort Johannes Wiedewelt zugeschrieben). Erstidentifikation durch Georg Kabierske.
6. Harsdorff scheint in Rom entweder Zeichnungen Lhuilliers erworben bzw. danach kopiert zu haben. Als „Recueil des Idées de l’Antiquité et des plusieurs Maitres de l’Architecture Assemblées l’An 1767“ gebunden, befinden sie sich in unbekanntem dänischen Privatbesitz, siehe Hakon Lund: Klassicismens arkitekters studierejser: om Harsdorffs, Meyns og C.F. Hansens rejseskitser, in: Architectura. arkitekturhistorisk arsskrift, S. 53–81, Abb. 7 u. 8; Hakon Lund: C. F. Harsdorff. De Byggede Danmark. Kopenhagen 2007, S. 32. Georg Kabierske brachte die Zeichnungen mit dem Stil Lhuilliers in Verbindung.
7. Anhaltische Gemäldegalerie Dessau, Kupferstichkabinett, z.B. Inv. Z 259, Z 273, Z 274, Z 275, Z 301–Z 336, Z 2816 (mit Beschriftung vermutlich in der Hand von Clérisseau?), Z 2847. Christoph Frank erkannte den Bezug der Zeichnungen mit vergleichbaren Blättern in den Karlsruher Klebealben.
8. Zentralbibliothek Zürich, Vogel-Escher-Album, FA Escher vG.188.6. Bénédicte Maronnie identifizierte die in diesem Album vorhandenen Zeichnungen als Werke von und Kopien nach Lhuillier bzw. als Material aus der Piranesi-Werkstatt.
9. Sir John Soane’s Museum London, Adam travel drawings vol. 26. In der online Datenbank des Soane’s Museum liest man allerdings fälschlich Nicolas François David Lhuiller [sic!]. Die Verbindung dieser Blätter mit den Karlsruher Klebealben wurde bereits 2014 durch Georg Kabierske hergestellt.
10. New York, The Metropolitan Museum of Art, z.B. Inv. 34.78.2(69), 34.78.2(71), 34.78.2(74), 34.78.2(88),34.78.2(89), 34.78.2(90). Georg Kabierske brachte die Zeichnungen erstmals mit dem Stil Lhuilliers und den Zeichnungen in Karlsruhe wie auch im Soane’s Museum London in Verbindung.
11. Victoria & Albert Museum, London, Richard Norris, 2 Bde., siehe Bd. 1 z.B. fol. 7, 28; Bd. 2 z.B. fol. 3; Christoph Frank wies uns freundlicherweise auf diese Alben hin, er identifizierte auch erstmalig die darin enthaltenen Zeichnungen in der Art Lhuilliers.
12. Im privaten Archivio Palazzotto in Palermo, siehe Pierfrancesco Palazzotto: I disegni dall’antico di Giuseppe Venanzio Marvuglia. In: Contro il Barocco, Rom 2007, S. 71–80, hier S. 74.
13. New York, The Metropolitan Museum of Art, Album of Ornament Drawings, Inv. 47.112, (nicht nummeriert, Abklatsch eines Kandelaber-Girlanden Reliefs aus der Pronaos des Pantheon).
14. Besançon, Bibliothèque municipale, Sammlung Pierre-Adrien Pâris, z.B. vol. 454, n° 59, n° 64, n° 65, n° 164, n° 165, n° 167, n° 181, n° 185, n° 253, n° 288; vol. 453, n° 145. Erstidentifikation als Zeichnungen aus dem Kontext von Lhuillier durch Georg Kabierske.
15. Pierre-Joseph Antoine, Recueil de desseins de différens genre, Paris, Bibliothèque de l'Institut National d'Histoire de l'Art, collections Jacques Doucet, Inv. NUM MS 307. Erstidentifikation als Zeichnungen aus dem Kontext von Lhuillier durch Georg Kabierske.
16. Montauban, Musée Ingres, z.B. Inv. MIC.9.65.F, MIC.9.64 B, MIC.9.62 D Erstidentifikation als Zeichnungen aus dem Kontext von Lhuillier durch Georg Kabierske.
17. New York, Morgan Library & Museum, z.B. Inv. 1966.11:26, 1966.11:27, 1966.11:33, 1966.11:35 (bislang Giovanni Battista Piranesi zugeschrieben).
18. Staatliche Museen zu Berlin, Kunstbibliothek, z.B. Inv. Hdz. 3447 bis 3454; Hdz 3460a, HdZ 3495, HdZ 3508, HdZ 3509, HdZ 3510, HdZ 3511; Hdz. 617 bis 619, Hdz 622. Christoph Frank gelang die Identifizierung als Zeichnungen von Lhuillier.
19. Dublin, National Gallery of Ireland, Inv. NGI.3894, NGI.3972, NGI.3973, NGI.3974; bei NGI.6017, NGI.6018, NGI.6021 handelt es sich um die Vorlagen zu den Abklatschen im Nachlass von Pierre-Adrien Pâris in Besançon, Bibliothèque municipale, Inv. vol. 453, n° 403, n° 405; vol. 454, n° 253. Georg Kabierske ordnete die Zeichnungen in den Kontext von Lhuillier ein.
20. London, Sir John Soane’s Museum, anonymes Album eines Franzosen mit Zeichnungen und Abklatschen verschiedener Hände Inv. Soane vol. 129, fol. 2, 4, 6, 7, 35, 94–104. Während einer Forschungsreise von Stefan Morét, Maria Krämer und Georg Kabierske gelang die Einordnung der Blätter in den Kontext von Lhuillier.
21. Z.B. Ecole française du XVIIIème siècle, Esquisse pour une frise, 215 x 1580 mm, Jean-Marc Delvaux, Dessins Anciens et Modernes, Autographes et Livres, 19.12.2014, Los 10.
22. Siehe Bénédicte Maronnie mit Christoph Frank/Maria Krämer: Nouvelle lumière sur l’album de dessins Vogel-Escher de la Zentralbibliothek de Zurich. Copies et circulation de dessins d’architecture et d’ornements dans l’entourage de Johann Joachim Winckelmann, Giovanni Battista Piranesi et Nicolas François-Daniel Lhuillier, in: Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte 76, 2019, S. 19–44. Bei den Ornamentblättern Vogels in der Zentralbibliothek Zürich lassen sich verschiedene zeichnerische Qualitäten feststellen. Die Briefe Reiffensteins belegen, dass Vogel sowohl Zeichnungen Lhuilliers erwarb als auch nach diesen kopierte. Dazu siehe auch den Beitrag zur Zeichnung IX 5159-35-38-1.
23. Siehe Alan A. Tait: The Adam Brothers in Rome. Drawings from the Grand Tour, London 2008, S. 126.
24. Edinburgh, National Records of Scotland, GD18/4817; Robert Adam an James Adam, Rom, 11. September 1756: „I have besides these three [Zeichner, also Clérisseau sowie Brunias und Dewez] another Beagle [Lhuillier] who is the most worthless young dig I ever knew, but draws ornaments to perfection. He it is that I am to sett about coppying over all the things I have in a little book for you, that when here you may see what I have & if there is any other thing, that you wou’d wish to have done, & he is one of four men at 1 Shill.g p. day.” Wie auch an anderer Stelle dieser Korrespondenz deutlich wird, trug sich Robert Adam zu diesem Zeitpunkt mit dem Gedanken, in London unter seiner Anleitung eine Zeichenwerkstatt einzurichten, wie er sie zum ersten Mal selbst bei Piranesi erlebt haben dürfte. Die Adam-Korrespondenz ist zudem sehr aufschlussreich bezüglich der schon damals intensiv diskutierten Frage von Autorenrechten in künstlerischen bzw. architektonischen Anstellungsverhältnissen.
25. Siehe Georg Kabierske: A Cache of Newly Identified Drawings by Piranesi and His Studio at the Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, in: Master Drawings 53, 2015, S. 147–178, hier S. 159; Stefan Morét: Due Album di disegni di Giovanni Battista Piranesi e della sua bottega dal lascito dell’architetto Friedrich Weinbrenner (1766–1826): un’introduzione, in: Vita Segreto (Hg.): Libri e Album di Disegni 1550–1800. Nuove prospettive metodologiche e di esegesi storico-critica, Rom 2018, S. 203–212, hier S. 203; Bénédicte Maronnie mit Christoph Frank/Maria Krämer: Nouvelle lumière sur l’album de dessins Vogel-Escher de la Zentralbibliothek de Zurich. Copies et circulation de dessins d’architecture et d’ornements dans l’entourage de Johann Joachim Winckelmann, Giovanni Battista Piranesi et Nicolas François-Daniel Lhuillier, in: Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte 76, 2019, S. 19–44, hier S. 19.
26. New York, The Metropolitan Museum of Art, Inv. 34.78.2(69), 34.78.2(70), 34.78.2(71), 34.78.2(75), 34.78.2(89). Hinzu kommen noch weitere Blätter im Stil Lhuilliers, für die sich keine Entsprechung in den Karlsruher Klebealben finden lassen. Es ist unklar, wie Hardwick in ihren Besitz kam, war er doch erst nach der Abreise Lhuilliers 1776–1778 in Rom. Möglicherweise gelangten die Zeichnungen über Robert Adam in seinen Besitz, denn ein Blatt trägt die Beschriftung R. Adam, siehe Inv. 34.78.2(88).
27. Siehe Georg Kabierske: Römische Lehrjahre. Zum Zeichnen und Sammeln von Bauornamentik in Rom in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, 2 Bde., Universität München 2020, Masterarbeit (unpubliziert), S. 26.
28. Für François-Joseph Bélanger und andere Architekten realisierte Nicolas Lhuillier plastische Baudekorationen in Stein oder Stuck für Innenräume oder Fassaden, u.a.: Paris, Hôtel de Brancas, Pavillon de Bains (1768–1769); Neuilly-sur-Seine, Pavillon de Bagatelle, (1777–1781); Château de Maisons-Laffitte (1779–1781); Paris, Hôtel de Mlle. Dervieux (1785–1789?); Paris, Fontaine des Innocents (1787–1788).
29. Unser herzlicher Dank gilt Christoph Frank und Peter Fuhring, die uns unabhängig voneinander auf den Verkaufskatalog von Chéreau von 1778 hingewiesen haben; siehe auch Georg Kabierske: Römische Lehrjahre. Zum Zeichnen und Sammeln von Bauornamentik in Rom in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, 2 Bde., Universität München 2020, Masterarbeit (unpubliziert), S. 26–28.
30. Berckenhagen ordnete einige der Zeichnungen fälschlich Clodion zu, siehe Ekhart Berckenhagen (Bearb.): Die Französischen Zeichnungen aus der Kunstbibliothek Berlin. Staatliche Museen Preussischer Kulturbesitz. Kritischer Katalog, Berlin 1970, S. 360–363. Unser herzlicher Dank gilt Christoph Frank, der gewonnene Erkenntnisse über seinen Fund sowie seine Zuschreibung an Lhuillier generös mit uns teilte. Vorzeichnungen für das Livre d’Ornements siehe Staatliche Museen zu Berlin, Kunstbibliothek, Inv. Hdz 3447 bis 3454; Vorzeichnungen für den Recueil d’Ornemens siehe ebd. Inv. Hdz 3460a, HdZ 3495, HdZ 3508 bis 3511.
31. St Petersburg, Eremitage, z. B. Inv. ОР-1933.
32. Nicolas François Daniel Lhuillier (hier zugeschrieben) für François-Joseph Bélanger, „Detail en grand des Salles à manger de Maisons“, Wandaufriss für das Speisezimmer im Château de Maisons-Laffitte, schwarze Kreide, 720 x 565 mm, Shatwell, Drawing Matter Collection, Inv. DMC 1004; Nicolas François Daniel Lhuillier (hier zugeschrieben) für François-Joseph Bélanger, Wandaufriss mit Figurennische für das Speisezimmer im Château de Maisons-Laffitte, schwarze Kreide, 720 × 545 mm, Shatwell, Drawing Matter Collection, Inv. DMC 1003; Nicolas François Daniel Lhuillier (hier zugeschrieben) für François-Joseph Bélanger, „Detail en grand des Salles à manger de Maisons“, Ausführungsentwurf des Kamins mit Adlerrelief, schwarze Kreide, 440 x 630 mm, Christie’s Live Auction 2009, Dalva Brothers II, 23.11.2021, Los 81. Georg Kabierske brachte für diese bislang Bélanger zugeschriebenen Zeichnungen erstmals Lhuillier als ausführenden Zeichner ins Gespräch, siehe Georg Kabierske: Der sculpteur d’ornement Nicolas Lhuillier (um 1736–1793) und der goût à l’antique in Paris, Universität Heidelberg 2018, BA-Arbeit (unpubliziert), S. 26f.
33. Neben den erwähnten drei Präsentationszeichnungen für das château de Maisons-Laffitte existiert im Nachlass von François-Joseph Bélanger in der Bibliothèque nationale de France eine dem Zeichenstil Nicolas François Daniel Lhuilliers ebenso ähnelnde Darstellung einer Urne, die ebenfalls in schwarzer Kreide gezeichnet und wie die vorangegangenen Blättern identisch mit einem blauen Passepartout alt montiert ist, siehe François-Joseph Bélanger (bislang zugeschrieben), Vase de porphyre noir, schwarze Kreide, 556 x 392 mm, Bibliothèque nationale de France, département Estampes et photographie, RESERVE HA-58 (2)-BOITE FT 4
34. Siehe Jean Stern: A l’ombre de Sophie Arnould. François-Joseph Bélanger, 2 Bde., Paris 1930, hier Bd. 2, S. 109. Laut Buttler, jedoch ohne Angaben von Quellen, sei Lhuillier in den späten 1770er-Jahren nach Paris zurückgekehrt, was allerdings revidiert werden muss, siehe Karen Buttler (Bearb.)/Norbert Michels (Hg.): Sammeln und Zeichnen. Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff in Rom, Ausst. Kat. Dessau, Anhaltische Gemäldegalerie/Rom, Casa di Goethe, Petersberg 2014, S. 84.
35. „Le sieur l’Huillier a passé dix-sept ans en Italie, à rassembler les Dessins qui formeront la plus grande partie de ce Recueil“ („Herr Lhuillier verbrachte siebzehn Jahre in Italien und sammelte währenddessen die Zeichnungen, die den Hauptteil dieses Sammelbandes(?) bilden“) Archives Nationales de France MC ET XXII 8, Prospectus. Recueil contenant le Choix des plus beaux ornemens antiques & modernes, dessinés sur les lieux, par M. L’Huillier (…) (17 Jahre); erstmals identifiziert durch Christian Baulez in: Christian Baulez: La vie et l’œuvre de Pierre Gouthière, in: Pierre Gouthière, ciseleur-doreur du roi, Paris 2016, S. 25–81, hier S. 35, Anm. 47; weiterhin „Depuis Jean Goujon et Germain Pillon, on n’avait point fait d’ornement [antique Anm. d. Autoren] à Paris. Cette science était devenue le jouet du caprice, longtemps abandonné et gâtée par les Lajoue, les Oppenord, les Messonnier, les Pérotte, etc., jusqu’au moment où Lhuillier, qui avait vécu vingt-deux ans en Itali [sic], qui avait étudie cette science avec Jean-Baptiste Pyranèse dont il faisait les dessins, même avec Winckelmann, se rendit avec Guyard à Paris pour exécuter différens objets d’ornements pour M. le duc de Lauraguais“ („Seit Jean Goujon und Germain Pillon war in Paris kein [antikes Anm. d. Autoren] Ornament mehr hergestellt worden. Diese Wissenschaft war zum Spielball der Launen geworden, [erst] lange Zeit aufgegeben und [dann] verdorben von den Lajoues, den Oppenords, den Messonniers, den Perottes usw. Bis zu dem Zeitpunkt, als Lhuillier mit Guyard nach Paris zurückkehrte, um verschiedene Ziergegenstände für den Duc de Lauraguais auszuführen. Zuvor hatte er zweiundzwanzig Jahre in Italien gelebt und diese Wissenschaft bei Jean-Baptiste Pyranèse studiert, für ihn [und] sogar für Winckelmann fertigte er Zeichnungen an.“) Paris, INHA Doucet, carton Bélanger, Brief von F.-J. Bélanger vom 10. November 1808 an Vaudoyer (?), siehe auch Jean Stern: A l’ombre de Sophie Arnould. François-Joseph Bélanger, 2 Bde., Paris 1930, hier Bd. 2, S. 108 (22 Jahre).
36. Siehe Thomas J. McCormick: Charles-Louis Clérisseau and the Genesis of Neo-Classicism, Cambridge/Mass. u.a. 1990, S. 24.
37. Johann Friedrich Reiffenstein an Johann Heinrich Füssli, Rom 3. November 1764, zit. nach: Bénédicte Maronnie mit Christoph Frank/Maria Krämer: Nouvelle lumière sur l’album de dessins Vogel-Escher de la Zentralbibliothek de Zurich. Copies et circulation de dessins d’architecture et d’ornements dans l’entourage de Johann Joachim Winckelmann, Giovanni Battista Piranesi et Nicolas François-Daniel Lhuillier, in: Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte 76, 2019, S. 19–44, S. 36f., Anhang 2.
38. Siehe weiterführend: Georg Kabierske: Der sculpteur d’ornement Nicolas Lhuillier (um 1736–1793) und der goût à l’antique in Paris, Universität Heidelberg 2018, Bachelorarbeit (unpubliziert).
- Nicolas François Daniel Lhuillier (um 1736–1793) (?), Gruppe 5
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IX 5159-35-1-2, IX 5159-35-1-3, IX 5159-35-3-3, IX 5159-35-6-3, IX 5159-35-8-1, IX 5159-35-8-2, IX 5159-35-9-3, IX 5159-35-9-4, IX 5159-35-11-1, IX 5159-35-13-2, IX 5159-35-14-3, IX 5159-35-15-3, IX 5159-35-23-1, IX 5159-35-35-1, IX 5159-36-29-1, IX 5159-36-29-2, IX 5159-36-32-4
Charakteristisch für diese Blätter ist ein feiner Zeichenstil, der sich von der vorangegangenen Gruppe durch dünne Linien und zarte, zum Teil sehr dicht gesetzte Schraffuren abhebt (Abb. 1).
Abb. 1: Detailvergleich zwischen Relief eines Girlandensarkophages, Rankenfries und Adlerrelief, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Inv. IX 5159-35-6-3, IX 5159-35-8-1, IX 5159-35-14-3, IX 5159-35-35-1 Überwiegend in einem helleren Rötel gezeichnet, ist der Hell-Dunkel-Kontrast weniger stark ausgeprägt. Bei den skizzenhafteren Blättern entsteht ein flirrender Gesamteindruck (Abb. 2), der bei den präziser ausgearbeiteten Zeichnungen einer allgemeinen Homogenität weicht (Abb. 3). Dass beide Stadien der Ausführung dabei stilistisch übereinzustimmen scheinen, zeigt der Vergleich zwischen zwei Zeichnungen desselben Sarkophags mit Figurendarstellungen (Abb. 4).
Abb. 2: Detailvergleich zwischen Relief eines Girlandensarkophages, Relief mit kultischen Gegenständen, und Lotos-Palmettenfries, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Inv. IX 5159-35-6-3, IX 5159-35-1-2, IX 5159-35-15-3 Abb. 3: Wellenrankenfries mit jagende Eroten, Löwen und Hirschkühen aus San Lorenzo fuori le mura (Detail), Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Inv. IX 5159-35-13-2 Abb. 4: Detailvergleich zwischen Reliefs von Girlandensarkophagen, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Inv. IX 5159-35-6-3 und IX 5159-35-8-1 Hier sind die mandelförmigen, leer wirkenden Augenhöhlen und haarartig gestaltete Hände mit offen gelassenen Fingerspitzen jeweils identisch angelegt (Abb. 5a u. 5b). Dies gilt ebenfalls für die gesamten figürlichen Volumina und die Schwierigkeit des Zeichners, diese auszubilden (Abb. 6). Auch der Vergleich der beiden zunächst in unterschiedlichen Medien gezeichneten Greifenfriese zeigt diese Übereinstimmungen (IX 5159-36-29-1, IX 5159-35-14-3) (Abb. 7). Das skizzenhaftere Blatt in schwarzer Kreide entspricht dabei der flüchtigeren Sarkophagdarstellung in Rötel, was an den etwas kräftigeren, routinierten Schraffuren an den Schattenkanten, den mehrfach nachgezeichneten, die Form suchenden Figurenkonturen und den angedeuteten Händen und Füßen deutlich wird (Abb. 8). Von dem hier noch skizzierten Adler-Girlanden-Relief von der Gartenfassade des Palazzo Barberini existiert eine ins Reine gezeichnete zweite Version in den Karlsruher Alben (IX 5159-35-6-1), die Lhuillier zugeordnet wurde (siehe Gruppe 4).
Abb. 5a: Detailvergleich zwischen zwei Darstellungen von Reliefs eines Girlandensarkophags, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Inv. IX 5159-35-6-3 (oben) und IX 5159-35-8-1 (unten) Abb. 5b: Detailvergleich zwischen zwei Darstellungen von Reliefs eines Girlandensarkophags, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Inv. IX 5159-35-6-3 (oben) und IX 5159-35-8-1 (unten) Abb. 6: Detailvergleich zwischen zwei Darstellungen von Reliefs eines Girlandensarkophags, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Inv. IX 5159-35-6-3 (oben) und IX 5159-35-8-1 (unten) Abb. 7: Detailvergleich zwischen Rankenfries und Fries mit Eroten und Greifen, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Inv. IX 5159-35-14-3 und IX 5159-36-29-1 Abb. 8: Detailvergleich zwischen Relief eines Girlandensarkophags und Fries mit Eroten und Greifen, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Inv. IX 5159-35-6-3 und IX 5159-36-29-1 Für eine Zuordnung der Gruppe an Lhuillier sprechen einerseits die in seinem Repertoire immer wiederkehrenden klassischen, idealisierten Motive wie ausgewählte Girlanden- und Rankenfriese, Reliefs oder Soffitten. Andererseits stimmen auch die gleichmäßige Schraffierung des Reliefgrundes und die sorgfältige Ausarbeitung der finalen Motive überein. Die spezifische Zeichenart Hände darzustellen, durch mehrfaches Nachfahren kantig wirkende Figurenumrisse zu erzeugen sowie die Unschärfe von noch skizzenhaften Studienblättern (z.B. IX 5159-35-1-2, IX 5159-35-1-3, IX 5159-35-6-3, IX 5159-35-8-2, IX 5159-35-15-3, IX 5159-36-29-1) ist jedoch nur Zeichnungen jener Sammlungskonvolute eigen, die direkt aus der Piranesi-Werkstatt stammen. Dies betrifft die Karlsruher Klebealben, den hinteren Teil des Vogel-Escher-Albums[1] der Zentralbibliothek Zürich und das Piranesi-Konvolut der Morgan Library in New York. Soweit bisher bekannt, fehlen gerade solche skizzenhaften Blätter in den während Lhuilliers aktiver Zeit in Rom zusammengestellten Zeichnungssammlungen (also in den 1750er und 1760er Jahren) wie z.B. denen der Gebrüder Adam und anderer romreisender Künstler und Architekten vollständig. Nimmt man an, Lhuillier sei doch direkter in die Werkstatt Piranesis eingebunden gewesen, könnten seine eigenhändigen Vorstudien erhalten geblieben sein, während er an Außenstehende nur final ausgearbeitete Ornamentdarstellungen verkaufte. Im Fall des Eroten-Girlanden-Reliefs sind die Beschädigungen bereits in der skizzenhafteren Zeichnung dokumentiert worden (IX 5159-35-9-4), während Lhuilliers sonstige Zeichnungen die antike Bauornamentik in einem idealisierten Zustand wiedergeben. Andererseits könnte die exklusive Präsenz dieser Blätter in den drei Konvoluten (Karlsruhe, Zürich, New York) auch auf eine weitere Lhuillier nahestehende Zeichenhand hindeuten, die nur in der Werkstatt tätig war.
Dass die Blätter dieser Gruppe aber auch einen direkten Bezug zu Giovanni Battista Piranesi aufweisen, belegen Herkunftsangaben in seiner Handschrift auf zwei Zeichnungen (IX 5159-35-3-3, IX 5159-35-13-2) sowie eine Datierung eventuell auch von seiner Hand (IX 5159-35-8-1) (Abb. 9). Diese Beschriftungen wurden in der gleichen hellrötlichen Kreide wie der der Zeichnungen notiert, als seien sie in unmittelbarem Zusammenhang mit ihnen entstanden. Bei zwei Blättern entsteht zudem der Eindruck, als sei die Darstellung des jeweiligen Relieffeldes von einer zweiten Hand, möglicherweise der von Giovanni Battista Piranesi, durch Hinzufügen von Sockelpartien „in Szene“ gesetzt worden (IX 5159-35-8-1, IX 5159-36-32-4).
Abb. 9: Detailvergleich zwischen Beschriftungen auf Fries mit Palmetten und Akanthusblüte, Wellenrankenfries und Girlandensarkophags, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Inv. IX 5159-35-3-3, IX 5159-35-13-2 und IX 5159-35-8-1 Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass es auch einen anderen Zeichner in der Piranesi-Werkstatt gab, der Blätter in einer ähnlichen Art wie Lhuillier ausführte. Das Adlerrelief (IX 5159-35-35-1) ist dabei auf alle Fälle auszunehmen, entspricht hier die präzise und klare Rötelzeichnung doch eindeutig Lhuilliers Zeichnungscharakteristik.
Einzelnachweis
1. Zentralbibliothek Zürich, Vogel-Escher-Album, FA Escher vG.188.6.
- Nicolas François Daniel Lhuillier (um 1736–1793) oder Kopie nach Lhuillier (?), Gruppe 6
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IX 5159-35-2-2, IX 5159-35-2-3, IX 5159-35-4-2, IX 5159-35-7-2, IX 5159-35-11-2, IX 5159-35-13-1, IX 5159-35-16-1, IX 5159-35-16-2, IX 5159-35-17-1, IX 5159-35-17-2, IX 5159-35-18-1, IX 5159-35-19-1, IX 5159-35-23-3, IX 5159-35-24-1, IX 5159-35-25-1, IX 5159-35-25-2, IX 5159-35-29-1, IX 5159-35-30-3, IX 5159-35-30-3v, IX 5159-35-32-1, IX 5159-35-32-1v, IX 5159-35-33-1, IX 5159-35-48-1, IX 5159-35-50-1, IX 5159-36-22-1, IX 5159-36-22-2, IX 5159-36-22-3, IX 5159-36-22-4, IX 5159-36-22-5, IX 5159-36-23-1, IX 5159-36-23-2, IX 5159-36-23-3, IX 5159-36-23-4, IX 5159-36-24-1, IX 5159-36-24-2, IX 5159-36-24-3, IX 5159-36-24-4, IX 5159-36-25-1, IX 5159-36-25-2, IX 5159-36-25-3, IX 5159-36-25-4, IX 5159-36-26-1, IX 5159-36-26-2, IX 5159-36-26-3, IX 5159-36-26-4, IX 5159-36-27-1, IX 5159-36-27-2, IX 5159-36-27-3, IX 5159-36-27-4, IX 5159-36-28-1, IX 5159-36-31-1, IX 5159-36-31-1v
Die Motive innerhalb dieser Gruppe gehören zu dem Ornamentrepertoire, das Lhuillier in seinen Zeichnungen für die Gebrüder Adam, David Vogel und andere Romreisende mehrfach wiedergab. Allerdings liegen Zeichnungen in verschiedenen Qualitäten und Ausarbeitungsstadien vor, bei denen es sich auch um potenzielle Kopien nach Lhuillier handeln könnte. Lhuillier vervielfältigte seine Blätter sowohl durch Abklatsche, die überarbeitet werden konnten, als auch mittels eigenhändiger Kopien. Daher gelangten nahezu identische Zeichnungen in die Sammlungen verschiedener Personen (siehe Essays „Rosetten-Zeichnungen" und „Der Abklatsch", z.B. IX 5159-35-11-2, IX 5159-36-25-2, IX 5159-35-19-1).[1] Für David Vogel ist durch schriftliche Quellen dokumentiert, dass er von Lhuillier nicht nur Zeichnungen erwarb, sondern auch Zeichenunterricht bei ihm erhielt und dabei dessen Vorlagen kopierte.[2] Die Schülerarbeiten dürften eher in Vogels Rosetten-Album[3] vorliegen, während das Vogel-Escher-Album überwiegend qualitativ perfektionierte Blätter im Stil Lhuilliers enthält. Diese unterschiedlichen Qualitäten sind auch in anderen Zeichnungssammlungen festzustellen wie z.B. denen von den Gebrüdern Adam, von Pierre-Joseph Antoine, Johannes Wiedewelt, Pierre-Adrien Pâris und Thomas Hardwick, weshalb davon auszugehen ist, dass auch andere Architekten und Künstler in Rom nach Lhuillier kopierten.[4] Grundsätzlich ist bei einer individuellen Zuschreibung Vorsicht geboten, da Lhuilliers Schüler beim Kopieren dieser Ornamente auch die spezifische Zeichenart des Lehrers in Kreide adaptiert haben und dadurch eine präzise Händescheidung erschwert wird. Auch wenn Lhuillier diese Technik nicht erfunden hat (siehe Gruppe 4), besaß sein Zeichenstil zu jener Zeit einen Wiedererkennungswert und war auch um 1790 in Italien nicht vergessen. Das zeigt ein Eintrag im Reisejournal von Léon Dufourny (1754–1818), der damals bei seinem Architektenkollegen Giuseppe Venanzio Marvuglia in Palermo eine „sehr schöne Folge von Ornamentstudien und Architekturfragmenten gezeichnet in schwarzem Stift auf blauem Papier in der Art von L’huillier“[5] gesehen hat. Dieses gezeichnete Kompendium antiker Motive, von denen ein Blatt auch mit dem Namen „L’huillier“ beschriftet ist, befindet sich heute im privaten Archivio Palazzotto in Palermo.[6] Unklar ist, ob es sich dabei um Kopien von Marvuglia nach Lhuillier handelt, zu dem er offenbar während seines Studiums in Rom 1747–1759 Kontakt hatte, oder um Originalzeichnungen des Franzosen. Unter den Zeichnungen dieser Gruppe 6 befinden sich drei Abklatsche (IX 5159-35-18-1, IX 5159-35-25-2, IX 5159-35-33-1), deren Vorlagen von skizzenhaften Zeichnungen bis zu perfekt ausgearbeiteten Motiven reichen. Bei IX 5159-35-25-2 lässt sich die „Migration der Motive“ über Lhuillier-Zeichnungen in verschiedenen Sammlungen bis hin zu einer heute in der Eremitage St. Petersburg aufbewahrten potenziellen Vorlage von Lhuilliers Lehrer Charles-Louis Clérisseau nachverfolgen.[7] Zudem wurde bei diesem Blatt begonnen, Konturen und wichtige Binnenlinien mit Feder und Tinte nachzuzeichnen, ein Vorgehen, dass bei IX 5159-35-29-1 vollständig durchgeführt und sogar noch durch eine Lavierung ergänzt wurde. Als eine Art Übungsblatt könnte es damit im Zeichenunterricht zur Einübung korrekter Linienführung verwendet worden sein.
Einige Friese, zwei Reliefs mit Viktoria-Trophäen und eine Soffitte bilden eine Untergruppe (IX 5159-35-4-2, IX 5159-35-13-1, IX 5159-35-16-1, IX 5159-35-16-2, IX 5159-35-17-1, IX 5159-35-19-1, IX 5159-35-24-1, IX 5159-35-25-1, IX 5159-35-50-1), die weniger perfekt und in deutlich schnellerem, skizzenhafteren Duktus ausgeführt ist. Da undeutliche Details aus den Friesen am Rand vergrößert wiederholt wurden (Abb. 1), zum Teil auf eine etwas naive Art, kann man hier die Hand eines Zeichenschülers vermuten, der noch mit Schwierigkeiten bei der Ausarbeitung der Figuren und deren komplexen Verschmelzung mit den Ranken zu kämpfen hatte. Bei der Soffitte (IX 5159-35-17-1) ist unter der Zeichnung sogar eine feine angelegte Quadrierung zu erkennen (Abb. 2). Diese wurde offenbar dazu benutzt, das Motiv von einer Vorlage korrekt auf das Papier zu übertragen. Wäre sie erst nachträglich über die fertige Zeichnung gelegt worden, spräche das für einen weiteren Kopiervorgang in eine Zeichnung oder ein anderes Medium. Ob es sich dabei um eine gezeichnete Vorlage handelte oder das antike Relief dadurch übertragen wurde, ist schwer zu sagen. Grundsätzlich könnten die Blätter auch vor Ort nach antiken Marmorfriesen- und Reliefs gezeichnet worden sein und deshalb eine skizzenhaftere Art aufweisen. Denn es ist kaum vorstellbar, dass Lhuillier seine vollendeten Zeichnungen ohne vorbereitende Studien nach den Baudekorationen vor Ort zeichnete.
Abb. 1: Detailvergleich zwischen Rankenfries und Relief mit Viktoria und Trophäe, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Inv. IX 5159-35-16-1; IX 5159-35-19-1, Details Abb. 2: Quadratische Soffitte mit Blattranken und zentraler Blüte, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Inv. IX 5159-35-17-1 Ebenfalls noch skizzenhaft angelegt und mit kräftiger Strichführung in schwarzem Stift sind zudem ein Fries (IX 5159-35-7-2) und eine Pilasterfüllung (IX 5159-35-11-2), die partiell besonders stark akzentuiert wurden. Für die Pilasterfüllung lässt sich eine ganze Motivkette nachverfolgen, welche die Kopierpraxis von Zeichnungen Lhuilliers bis hin zur Nutzung des Motivs durch Giovanni Battista Piranesi in einem fantasievollen Fassadenentwurf in Parere su l'architettura (Tafel 5) zeigt (siehe Katalogeintrag).
Die größte Untergruppe bilden jedoch Rosetten, die überwiegend aus überarbeiteten Abklatschen bestehen und mit vielen anderen Sammlungen in Bezug stehen (siehe Essay „Rosetten-Zeichnungen"). Auf drei Blättern sind Ortsangaben in der Handschrift von Giovanni Battista Piranesi[8] hinzugefügt (IX 5159-36-23-4, IX 5159-36-24-1, IX 5159-36-27-3), die eine Verwendung der Blätter in der Piranesi-Werkstatt belegen.
In Rom scheinen Lhuilliers Zeichnungen auch nach der Rückkehr des Franzosen nach Paris 1768 eine dauerhafte Rezeption als Vorlagenmaterial gefunden zu haben. Offenbar kopierten Zeichner und Architekten seine dort gebliebenen Blätter weiter. Dies legen Zeichnungen von Jean-Baptiste-Marc-Antoine Descamps[9] (1742–1836, in Rom 1773-1782)[10] und Thomas Hardwick[11] (1752–1829, in Rom 1777–1779) nahe. Obwohl die Kopierpraxis von Zeichnungen zum üblichen Studienablauf der Stipendiaten an der Académie de France in Rom gehörte, bleibt unklar, inwiefern Lhuillier selbst und seine Zeichnungen mit dieser Institution verbunden waren. Man könnte vermuten, dass Francesco Piranesi auch nach Lhuilliers Zeichnungen kopierte, aufgrund seines Alters wahrscheinlich jedoch erst ab der Mitte der 1760er Jahre. Derartige Vorlagen standen ihm wohl in der Werkstatt seines Vaters zur Verfügung und wurden vielleicht auch im Rahmen des Zeichenunterrichts als Vorlagen verwendet. Pierre-Adrien Pâris, der Francesco das Architekturzeichnen lehrte, besaß ebenfalls Zeichnungen in der Art Lhuilliers, die sich heute in seinem Nachlass in der Bibliothèque municipale in Besançon befinden.[12] In seinem unmittelbaren Umfeld hatte Francesco also mehrere mögliche Zugänge zu diesen sehr verbreiteten Zeichnungen, deren Kopien wiederum die Motivsammlung der Werkstatt bereicherten. Aufgrund dieser Zeichnungsprozesse fällt es jenseits einer qualitativen Beurteilung schwer, Francescos Hand innerhalb der seriellen Kopien zu definieren.
Einzelnachweis
1. Siehe Georg Kabierske: Römische Lehrjahre. Zum Zeichnen und Sammeln von Bauornamentik in Rom in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, 2 Bde., Universität München 2020, Masterarbeit (unpubliziert), S. 37–52.
2. Die Zeichnungen Lhuilliers im Nachlass von David Vogel wurden erstmals von Bénédicte Maronnie identifiziert. Durch von Christoph Frank entdeckte, schriftliche Quellen konnte der Zusammenhang mit Lhuillier verifiziert werden, siehe dazu Bénédicte Maronnie mit Christoph Frank/Maria Krämer: Nouvelle lumière sur l’album de dessins Vogel-Escher de la Zentralbibliothek de Zurich. Copies et circulation de dessins d’architecture et d’ornements dans l’entourage de Johann Joachim Winckelmann, Giovanni Battista Piranesi et Nicolas François-Daniel Lhuillier, in: Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte 76, 2019, S. 19–44, hier S. 26–29.
3. Im Verlauf der Recherche von Bénédicte Maronnie zu dem Vogel-Escher-Album in Zürich stellte sich in Diskussion mit Christoph Frank heraus, dass das Rosettenalbum, das sich bis vor kurzem im Besitz der Avery Architectural Library an der Columbia University in New York befand (Signatur: AA3450 D79 F), auch zum Bestand der Zentralbibliothek Zürich gehört. Dieses Album stammt ebenfalls aus dem Nachlass von Hans Caspar Escher im Felsenhof, siehe Donationsbuch, Jahrgang 1859. Es muss zu einem unbekannten Zeitpunkt abhanden gekommen sein. Die Columbia University hat das Album im Januar 2022 an die Zentralbibliothek restituiert (Signatur: FA Escher v.G. 188.6a). Siehe dazu: Bénédicte Maronnie mit Christoph Frank/Maria Krämer: Nouvelle lumière sur l’album de dessins Vogel-Escher de la Zentralbibliothek de Zurich. Copies et circulation de dessins d’architecture et d’ornements dans l’entourage de Johann Joachim Winckelmann, Giovanni Battista Piranesi et Nicolas François-Daniel Lhuillier, in: Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte 76, 2019, S. 19–44, hier S. 29.
4. Präzisere Angabe zu den Sammlungen siehe Gruppe 4.
5. „trés belle Suite d’études d’ornemens et fragmens d’architecture dessiné a la pierre noire sur papier bleu dans le genre de L’huillier“ zitiert nach dem französischen Originalmanuskript Dufournys, das in der Bibliothèque nationale de France in Paris aufbewahrt wird; siehe auch Geneviève Bresc-Bautier (Hg.): Léon Dufourny, Diario di un giacobino a Palermo 1789–1793, Palermo 1991, S. 108. Pierfrancesco Palazzotto machte uns im Sommer 2018 auf das Reisejournal von Dufourny und die dortige Erwähnung Lhuilliers aufmerksam, ihm gilt unser herzlicher Dank. Siehe dazu auch Pierfrancesco Palazzotto: I disegni dall’antico di Giuseppe Venanzio Marvuglia, in: Contro il Barocco, Rom 2007, S. 71–80, hier S. 74.
6. Ebd.
7. Sankt Petersburg, Eremitage, Inv. 2137; siehe zur soweit etablierten kompletten „Motivkette“ Georg Kabierske: Römische Lehrjahre. Zum Zeichnen und Sammeln von Bauornamentik in Rom in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, 2 Bde., Universität München 2020, Masterarbeit (unpubliziert), S. 42f, Fallstudie 3.
8. Siehe den Vergleich mit Giovanni Battista Piranesis Handschrift z.B. in New York, Morgan Library & Museum, Inv. 1966.11.67.
9. Bislang nur unter Descamps Monogramm „DC“ aufgeführte Zeichnungen, die Vorlagen Lhuilliers zu rezipieren scheinen, sie finden sich in Waddesdon Manor, Inv. 1943, 1944 und Staatliche Museen zu Berlin, Kunstbibliothek, Inv. Hdz. 6448 und 6449. Eckhard Berckenhagen erkannte bereits die Nähe zu ähnlichen Motiven im Recueil d’ornemens, ohne jedoch dessen Verbindung zu Lhuillier zu kennen, siehe: Eckhard Berckenhagen: Die Französischen Zeichnungen aus der Kunstbibliothek Berlin. Staatliche Museen Preussischer Kulturbesitz. Kritischer Katalog, Berlin 1970, S. 407.
10. Aude Henry-Gobet: De la province de Normandie à la Ville Eternelle. Les élèves de l’école de dessin de Rouen à Rome au XVIIIe siècle, in: Studiolo 6, 2008, S. 145–165, hier S. 151 u. S. 162, Anm. 48.
11. Siehe seine Sammlung in New York, The Metropolitan Museum of Art, z. B. Inv. 34.78.2(74), 34.78.2(75), 34.78.2(77).
12. Besançon, Bibliothèque municipale, Sammlung Pierre-Adrien Pâris, z.B. vol. 454, n° 59, n° 64, n° 65, n° 164, n° 165, n° 167, n° 181, n° 185, n° 253, n° 288; vol. 453, n° 145.
- Nicolas François Daniel Lhuillier (um 1736–1793) oder Kopie nach Lhuillier (?), Gruppe 7
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IX 5159-35-3-2, IX 5159-35-13-3, IX 5159-35-14-1, IX 5159-35-14-2, IX 5159-35-15-4
Die antiken Wellenrankenreliefs dieser Gruppe sind in einem einheitlichen Zeichenstil ausgeführt. Wie schon bei Blättern der vorangegangenen Gruppe erinnert das Motiv an Lhuillier, die Zeichnungen reichen jedoch nicht an seine zeichnerische Qualität heran. Ähnliches zeigt sich bei Blättern der Gebrüder Adam[1] im Sir John Soane’s Museum, im Hardwick-Bestand des Metropolitan Museum (Abb. 1) und im zweiten Album des Architekten Pierre-Joseph Antoine (1730–1814) im INHA (Abb. 2).[2]
Abb. 1: Kopie nach Nicolas Lhuillier, Antike Wellenrankenfriese, 1755–1768 (?) oder 1776–1779 (?), schwarze Kreide, 192 x 368 mm, New York, The Metropolitan Museum of Art, Inv. 34.78.2(90)
Public Domain Mark 1.0Abb. 2: Pierre-Joseph Antoine nach Nicolas Lhuillier, Antike Wellenrankenfriese aus den Kaiserpalästen des Palatin, 1761–1763, in: Recueil de desseins de différens genres, 430 x 300 mm, Paris, Bibliothèque de l'Institut National d'Histoire de l'Art, collections Jacques Doucet, Inv. NUM MS 307, fol. 69
CC0 1.0Einerseits könnten sie als erste Studien vor Ort nach den antiken Spolien gezeichnet, andererseits aber auch im Rahmen des Zeichenstudiums in der Werkstatt nach Vorlagen Lhuilliers kopiert worden sein. Ein Blatt weist eine Quadrierung auf (IX 5159-35-14-2), die auf eine Übertragung, etwa in eine Reinzeichnung, hindeutet. Bei drei weiteren wurden am Rand ebenfalls Ortsangaben notiert, wobei zumindest eine Beschriftung (IX 5159-35-15-4) sicher der Hand von Giovanni Battista Piranesi entspricht. Das Blatt IX 5159-35-14-1 könnte im Vergleich mit dem Skizzenbuch A, fol.66v in Modena (Abb. 3), die Zeichnung IX 5159-35-3-2 im Vergleich mit einer Notiz auf einem Kaminentwurf in der Kunstbibliothek (Inv. Hdz. 6305) (Abb. 4) eventuell auch Piranesi zugeordnet werden.
Abb. 3: Detailvergleich zwischen Beschriftung auf der Zeichnung eines Wellenrankenfrieses, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Inv. IX 5159-35-14-1, und Handschrift Giovanni Battista Piranesi, Feder und brauner Tinte, 1750er Jahre, Modena, Biblioteca Estense, Taccuino A, fol. 66v
CC BY-NC-SA 4.0Abb. 4: Detailvergleich zwischen der Beschriftung auf der Karlsruher Zeichnung eines Wellenrankenfrieses, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Inv. IX 5159-35-3-2, und Giovanni Battista Piranesi, Entwurf eines Kamins und der Wanddekoration, Feder und brauner Tinte, Staatliche Museen zu Berlin, Kunstbibliothek, Hdz. 6305
Fotonachweis: Staatliche Museen zu Berlin, Kunstbibliothek, Hdz 3450 and Hdz 3451, CC BY-NC-SA 4.0Einzelnachweis
1. London, Sir John Soane’s Museum, Adam vol. 26/38, 39, 41, 49, 54, 75, 77, 79, 87, 154.
2. Pierre-Joseph Antoine, Recueil de desseins de différens genre, Paris, Bibliothèque de l'Institut National d'Histoire de l'Art, collections Jacques Doucet, Inv. NUM MS 307, fol. 69; Bei dieser Zeichnung handelt es sich vermutlich um eine Kopie nach Nicolas Lhuillier, die Antoine während seines Aufenthalts in Rom 1761–1763 anfertigte.
- Unidentifizierte Zeichner der Piranesi-Werkstatt, Gruppe 8
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IX 5159-35-4-3, IX 5159-35-5-1, IX 5159-35-6-2, IX 5159-35-13-4, IX 5159-35-15-5, IX 5159-35-15-6, IX 5159-35-15-7, IX 5159-35-17-3, IX 5159-35-21-3, IX 5159-35-22-2, IX 5159-35-28-1, IX 5159-35-29-2, IX 5159-35-30-1, IX 5159-35-30-2, IX 5159-35-31-4, IX 5159-35-42-1, IX 5159-35-43-1, IX 5159-36-30-1v, IX 5159-36-32-3
Die Zeichnungen dieser Gruppe sind alle in schwarzer Kreide ausgeführt und zeigen verschiedene antike Ornamentreliefs, Sarkophage und Urnen, darunter mit Hilfe von Konstruktionslinien gezeichnete Entwürfe für Piranesis Marmorkompositionen und Motive, die in seinen Radierungen Verwendung gefunden haben. Bei dem Blatt mit Kaminentwürfen (IX 5159-35-30-1) war Giovanni Battista Piranesi selbst als Zeichner beteiligt, darüber hinaus könnte er auch bei anderen Zeichnungen überarbeitend eingegriffen haben. Grundsätzlich besitzt diese Gruppe jedoch gemeinsame stilistische Charakteristika, die stattdessen auf einen unidentifizierten Zeichner der Piranesi-Werkstatt hindeuten.
Im Unterschied zu den vorhergehenden, mit Lhuillier in Verbindung gebrachten Gruppen sind hier die Hintergrundflächen der Reliefs oder auch plastische Elemente nur partiell mit überwiegend schräg verlaufender Linienschraffur bedeckt, die in der Intensität variiert und oft flüchtig gezeichnet erscheint (Abb. 1). Um an bestimmten Stellen Kontraste und Tiefenwirkung einzubringen, wurde bei den Umrissen der Kreidestift zum Teil stark aufgedrückt (Abb. 2).
Abb. 1: Detailvergleich zwischen Etruskischer Sarkophag, Vase mit Seepferden, Sarkophaggiebel, Brustpanzer einer Kolossalstatue, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, IX 5159-35-43-1, IX 5159-36-32-3, IX 5159-35-15-6 undIX 5159-35-4-3 Abb. 2: Detailvergleich zwischen Ascherurne, Sockel mit Eroten, Sarkophaggiebel und Vase mit Seepferden, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, IX 5159-35-28-1,IX 5159-35-21-3,IX 5159-35-15-6,IX 5159-36-32-3 Schwierigkeiten des Zeichners lassen sich in der Wiedergabe von Händen erkennen, die bei kleineren Figuren nahezu verschwinden (Abb. 3) und bei größeren als prankenhafte Zweifinger-Hände erscheinen (Abb. 4).
Abb. 3: Sockel mit Eroten und Detailstudie eines Kamins, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, IX 5159-35-21-3 und IX 5159-35-30-1 Abb. 4: Detailvergleich zwischen Aschenurne und Etruskischem Sarkophag, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, IX 5159-35-28-1 und IX 5159-35-43-1 Bei den Blättern IX 5159-35-15-5, IX 5159-35-15-6, IX 5159-35-15-7, IX 5159-35-21-3, IX 5159-35-28-1, IX 5159-35-30-1 sind Gesichter zudem nur mit kurzen horizontalen Strichen für Mund und Nase sowie mit knappen winkelförmigen Haken für die Augenhöhlen angedeutet (Abb. 5). Im Profil sind die Nasen als spitze Winkel und die Augen schlitzförmig gebildet (Abb. 6), was auch in der Sphingendarstellung eines Brunnens der Villa Albani in der Piranesi-Sammlung der Morgan Library zu erkennen ist (Abb. 7).
Abb. 5: Detailvergleich zwischen Studie eines Kamins und Sockel mit Eroten, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, IX 5159-35-30-1 undIX 5159-35-21-3 Abb. 6: Detailvergleich zwischen Mischwesen der Vase mit Rankendekor und zwei Sarkophaggiebel, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, IX 5159-35-21-3,IX 5159-35-15-7 undIX 5159-35-15-6 Abb. 7: Detailvergleich zwischen Sarkophaggiebel, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Inv. IX 5159-35-15-7, und Unidentifizierter Zeichner der Piranesi-Werkstatt, Brunnen der Villa Albani in Rom, schwarze Kreide, 1770er Jahre (?), New York, © The Morgan Library & Museum, Bequest of Junius S. Morgan and gift of Henry S. Morgan, Inv. 1966.11:112 Größere Köpfe in Frontalansicht (IX 5159-35-30-1, IX 5159-35-30-2, IX 5159-35-4-3, IX 5159-35-42-1, IX 5159-35-43-1) sind zwar etwas detailreicher ausgearbeitet, aber auch hier werden die Münder teilweise als dunkler Strich und die Augen als tiefe, leere Höhlen wiedergegeben (Abb. 8).
Abb. 8: Detailvergleich zwischen Brustpanzer von der Kolossalstatue, Aschenurne und Detailstudien für drei Kamine, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, IX 5159-35-4-3, IX 5159-35-30-2 und IX 5159-35-30-1 Diese zeichnerischen Eigenheiten finden sich obendrein in den beiden Kapitellzeichnungen (IX 5159-35-18-3, IX 5159-35-29-3), die möglicherweise mit Francesco Piranesi (1756?–1810) zusammenhängen (siehe Gruppe 10) (Abb. 9 und 10).
Abb. 9: Detailvergleich zwischen Sarkophaggiebel und Kapitell, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, IX 5159-35-15-7 und IX 5159-35-29-3 Abb. 10: Detailvergleich zwischen Studie eines Kamins, Figürlichem Kapitell und Sockel mit Eroten, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, IX 5159-35-30-1, IX 5159-35-18-3 und IX 5159-35-21-3 Inwiefern Piranesis ältester Sohn als Urheber dieser Gruppe 8 in Betracht kommt, ist auf Grundlage des aktuell bekannten Vergleichsmaterials nicht definitiv zu beantworten und bedarf weiterer Diskussion.[1] Grundsätzlich lassen sich einige dieser Zeichnungen verschiedenen Projekten Giovanni Battista Piranesis direkt zuordnen, sodass auf jeden Fall ein Zeichner aus seinem unmittelbaren Umfeld in Frage käme.
Einzelnachweis
1. Die Kaminstudie IX 5159-35-30-1 ist ein besonderer Fall. Aufgrund der möglichen Datierung des Blattes (siehe Katalogtext) ist die Zuschreibung an Francesco Piranesi schwer vorstellbar.
- Unidentifizierte Schüler der Piranesi-Werkstatt, Gruppe 9
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IX 5159-35-4-1, IX 5159-35-9-2, IX 5159-35-12-1, IX 5159-35-12-2, IX 5159-35-12-3, IX 5159-35-19-2, IX 5159-35-19-3, IX 5159-35-19-4, IX 5159-35-21-2, IX 5159-35-22-3, IX 5159-35-23-2, IX 5159-35-29-4, IX 5159-35-31-2, IX 5159-35-31-3, IX 5159-35-34-5, IX 5159-35-35-2, IX 5159-35-40-2, IX 5159-35-40-3, IX 5159-36-8-7, IX 5159-36-9-1, IX 5159-36-15-4, IX 5159-36-32-1, IX 5159-36-32-2
Diese Gruppe bestehet aus Zeichnungsübungen nach antiken Ornamentstücken oder Reliefs und weist gemeinsame Charakteristika auf, die auf eine oder mehrere noch lernende Hände verweisen. Die Ausführung der im Profil dargestellten Gesichter und Körperteile – vor allem die Hände (Abb. 1) und die disproportionierten Arme – sowie die anthropomorphen Tierköpfe (Abb. 2) sind an mehreren Stellen ungeschickt und steif ausgeführt. Die inneren Augenwinkel sind stärker konturiert und die Stirn ist gerunzelt (Abb. 3). In anderen Fällen sind die Gesichter nur sehr schematisch angedeutet (Abb. 4). Mehr oder weniger kräftige Schraffuren oder Zickzack-Linien deuten die Bruchstellen in den Marmorvorbildern (Abb. 5) an. Diese Zeichnungen wurden auch mit einem fettigeren schwarzen Stift unregelmäßig überarbeitet, um ausgewählte Konturen oder besondere Abschnitte zu betonen.
Abb. 1: Detailvergleich zwischen Relief mit weiblicher Figur, Relief mit Hetzjagd und Kniender Arimasp und, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, IX 5159-36-8-7, IX 5159-35-9-2 und IX 5159-35-4-1 Abb. 2: Detailvergleich zwischen Pegasuskapitell, Kniendem Arimasp und Fragment eines Frieses mit Seepferden, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, IX 5159-35-29-4, IX 5159-35-4-1 und IX 5159-35-40-3 Abb. 3: Detailvergleich zwischen Grabaltar und Urne (?), Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, IX 5159-35-19-3 und IX 5159-36-32-2 Abb. 4: Detailvergleich zwischen Fries mit Seepferden, Relief mit Hetzjagd und Sarkophagrelief, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, IX 5159-35-40-3, IX 5159-35-9-2 und IX 5159-35-21-2 Abb. 5: Detailvergleich zwischen Kassettiertem Säulenfragment und Fries mit Seepferden, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, IX 5159-35-19-4 und IX 5159-35-40-3 Es lassen sich zwei Untergruppen bilden. Die eine, bestehend aus den Zeichnungen IX 5159-35-23-2, IX 5159-36-32-1 und IX 5159-35-19-2, weist einen intensiveren Gebrauch von schwarzer Kreide auf. Die andere, bestehend aus Sarkophagreliefs und Urnen (IX 5159-35-19-3 ,IX 5159-35-21-2, IX 5159-35-22-3, IX 5159-35-31-3, IX 5159-35-34-5, IX 5159-35-35-2, IX 5159-36-32-2), ist durch eine sorgfältige Ausführung ohne eingezeichnete Bruchstellen und mit fein gestrichenen parallelen Schraffuren in den Hintergrundpartien gekennzeichnet. Gemeinsame Charakteristika sind die ähnliche Ausführung von Lorbeerblättern (Abb. 6) sowie die Gesichtszüge mit angespannten Augenbrauen und die stärkeren Konturen oder Schattierungen in den Mund- und in den inneren Augenwinkeln (Abb. 7). In dieser Gruppe werden bei den Zeichnungen IX 5159-35-22-4, IX 5159-35-30-4 und IX 5159-35-34-5 die Augen auch durch einen einfachen horizontalen Strich an der Stirn angedeutet (Abb.7).
Abb. 6: Detailvergleich zwischen Sarkophagrelief und Urne (?), Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, IX 5159-35-22-3 und IX 5159-36-32-2 Abb. 7: Detailvergleich zwischen Fries mit Seepferden, Kassettiertem Säulenfragment und Relief Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, IX 5159-35-40-3, IX 5159-35-19-4 und IX 5159-35-35-2 Die Konturen wurden mit kurzen Strichen unregelmäßig verstärkt (Abb. 8). Sie weisen einige Ungeschicklichkeiten auf, u.a. in den Architekturteilen wie z.B. den Kapitellen (Abb. 9). Auch die kleinen Figuren sind in ihrer Ausführung mit den strichartigen Konturlinien verwandt (Abb. 10). Hinsichtlich der Autorschaft kommen die einzigen bekannten Werkstattmitglieder in Frage, die im Atelier nachweisbar ausgebildet wurden: Giovanni Battista Piranesis Kinder. Es könnte auch weitere Lehrlinge in der Werkstatt gegeben haben, jedoch sind keine Belege dafür erhalten. Außerdem dürfte Piranesi in der Werkstatt sicherlich aus arbeitspraktischen Gründen eher mit einer kleinen Gruppe von Zeichnern gearbeitet haben. Vermutlich waren dabei nicht mehr als vier oder fünf Zeichner an einem Blatt beteiligt.[1]
Abb. 8: Detailvergleich zwischen Kandelaberfuß, Aschenurne und Sarkophagrelief, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, IX 5159-35-30-4, IX 5159-35-34-5, IX 5159-35-22-4 Abb. 9: Detailvergleich zwischen Sarkophagrelief und Aschenurne, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, IX 5159-35-22-3 und IX 5159-35-34-5 Abb. 10: Detailvergleich zwischen Aschenurne, Relief und Grabaltar, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, IX 5159-35-31-3, IX 5159-35-35-2 und IX 5159-35-19-3 In der Literatur wurde vor allem die Rolle Francesco Piranesis hervorgehoben. Er wurde um 1756 oder 1758 geboren und begann laut Jacques-Guillaume Legrand Anfang der 1770er Jahre sein Zeichnungsstudium[2]. Francesco lernte die Architekturzeichnung durch den französischen Architekten Pierre-Adrien Pâris (1745–1819), der von 1771 bis 1774 als Pensionnaire der Académie de France in Rom lebte und mit Giovanni Battista in Kontakt stand. Angesichts seines Alters könnte Francesco auch bereits Ende der 1760er Jahre sein Studium begonnen und noch von der Anwesenheit anderer Zeichner wie Charles-Louis Clérisseau (in Rom bis 1767) profitiert haben. Die in Rom befindlichen Zeichnungen des Franzosen dürfte er wohl gekannt haben. Über einen direkten Kontakt mit Lhuillier ist nichts bekannt. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass Francesco im Kontext der Werkstatt nach seinen Zeichnungen kopierte (vgl. Gruppe 6). Vor diesem Hintergrund könnte eine beachtliche Anzahl von Zeichnungen in den Karlsruher Alben von Francescos Hand sein, deren Stil jedoch aufgrund der Kopierpraxis nur schwerlich als individuell definiert werden kann. Laut seinem Biographen Legrand erlernte Francesco die Landschaftszeichnung bei den seit 1768 in Rom sesshaften Brüdern Jacob Philipp (1737–1807) und Johann Gottlieb Hackert (1744–1773). Das Zeichnen der menschlichen Figur studierte er im Umfeld der Académie de France und bei Domenico Corvi (1721–1803). Francescos Zeichenausbildung scheint also zum Teil auch außerhalb der Werkstatt seines Vaters bei spezialisierten, wahrscheinlich von Giovanni Battista ausgewählten Künstlern stattgefunden zu haben.[3] Dazu könnte auch Giuseppe Cades (1750–1799) gehört haben (vgl. Gruppe 14). Jedenfalls muss Francesco bereits sehr früh an den Tätigkeiten seines Vaters teilgenommen haben, denn er durfte ihn schon 1771 (mit 13 Jahren) bei einer Reise zur Villa Hadriana nach Tivoli begleiten.[4]
Das älteste Kind Laura Piranesi (1754-mindestens bis 1789), eine ausgezeichnete Radiererin, kommt als Autorin solcher im Rahmen der Zeichnungslehre entstandenen Blätter ebenso in Frage. Im Unterschied zu ihrer signierten Serie von kleinen gedruckten Veduten, sind nur zwei signierte Zeichnungen von ihr erhalten, die jedoch noch einer genaueren Untersuchung bedürfen.[5] Da sie aber in der Werkstatt radierte, müsste sie auch gezeichnet haben. Über ihre Ausbildung, die sicherlich innerhalb der Werkstatt des Vaters stattgefunden hat, ist fast nichts bekannt – nur einige beschriftete Blätter im Skizzenbuch B in Modena sind ihr bislang zugeschrieben worden.[6] Kurz nach dem Tod ihres Vaters 1778 heiratete sie und verließ den Palazzo Tomati. Spärliche Informationen bezeugen ihre künstlerische Beteiligung an den Geschäften der Werkstatt, nach 1789 lassen sich im Archiv keine Spuren mehr von ihr finden.[7]
Angelo Piranesi (1763–1782) wurden einige Zeichnungen, u.a. aus dem Skizzenbuch B von Modena, zugeschrieben.[8] Aus mehreren Archiv-Dokumenten geht hervor, dass Angelo vier Jahre nach seinem Vater an einer Krankheit verstarb und dass er in die Geschäfte der Werkstatt involviert war. Aufgrund seines späteren Geburtsdatums muss er wohl erst in den 1770er Jahren zu zeichnen begonnen haben. Im Skizzenbuch B in Modena ist ein von ihm signiertes Blatt auf 1777 datiert. Auf dieser Basis wurden ihm Zeichnungen einer Urne aus der Sammlung Altieri im gleichen Skizzenbuch zugeschrieben. Auch im Album Amicorum von Aernout Vosmaer (1720–1799)[9] ist eine 1776 datierte und signierte Zeichnung erhalten, bei der vermutlich jedoch Giovanni Battista mitgewirkt hat.
Pietro Piranesi (1773–?) war hingegen zu jung, um zu Giovanni Battistas Lebezeiten gezeichnet zu haben. Er begleitete Francesco 1799 nach Paris und war dort an der Führung der Geschäfte der Chalcographie Piranesi frères beteiligt.
Im Falle der Piranesi-Kinder ist die Entwicklung des Zeichenstils im Laufe der Jahre besonders zu berücksichtigen. Die bekannten Materialien erlauben es jedoch weiterhin nicht, den Zeichenstil jedes Kindes und seine Entwicklung präzise zu definieren. Von Francesco sind in den Museen die meisten Vergleichsblätter erhalten,[10] doch scheint er je nach Kontext und Bedarf über eine ausgesprochen wandelbare Zeichenkapazität verfügt zu haben.
Einzelnachweis
1. Siehe auch den Hinweis von Bent Sørensen in: John Wilton-Ely: Piranesi, Paestum and Soane. München/London/New York 2013, S. 68f.. In den archivalischen Quellen in Rom werden keine weiteren in Piranesis Werkstatt angestellten Zeichner erwähnt, jedoch mehrere Radierer. Eingehendere Untersuchungen zu diesem Thema werden in der zur Zeit in Bearbeitung befindlichen Dissertation von Bénédicte Maronnie publiziert werden.
2. Jacques-Guillaume Legrand datierte Francescos Geburt auf das Jahr 1758 (Gilbert Erouart/Monique Mosser: À propos de la „Notice historique sur la vie et les ouvrages de J.-B. Piranesi": origine et fortune d’une biographie, in: Piranèse et les français, Kolloquium, Rom, Villa Médicis, 12.–14. Mai 1976, Rom 1978, S. 213–252, hier S. 250. Siehe auch die Taufurkunde in Valeria Mirra: Un’impresa culturale e commerciale. La Calcografia Piranesi da Roma a Parigi (1799–1810), Università degli Studi Roma Tre 2010/11, Dissertation (unpubliziert), S. 19, Anm. 20. Im 1810 verfassten Nekrolog (Discours, prononcé sur la tombe de M. François Piranesi), von dem lediglich ein einziges Exemplar in Stockholm bekannt ist, wird Francescos Tod im Alter von 54 Jahren erwähnt. Demzufolge müsste er 1756 geboren worden sein. Zum Nekrolog siehe ebd., S. 197f., und Rossana Caira Lumetti: La cultura dei lumi tra Italia e Svezia, Il ruolo di Francesco, Rom 1990, S. 235. Zum Verhältnis von Francesco Piranesi und Pierre-Adrien Pâris siehe Pierre Pinon: Pierre-Adrien Pâris (1745–1819), architecte, et les monuments antiques de Rome et de la Campanie, Rom 2007, S. 5.
3. Gilbert Erouart/Monique Mosser: À propos de la „Notice historique sur la vie et les ouvrages de J.-B. Piranesi": origine et fortune d’une biographie, in: Piranèse et les français, Kolloquium, Rom, Villa Médicis, 12.–14. Mai 1976, Rom 1978, S. 213–252; Valeria Mirra: Un’impresa culturale e commerciale. La Calcografia Piranesi da Roma a Parigi (1799–1810), Università degli Studi Roma Tre 2010/11, Dissertation (unpubliziert), S. 16–39.
4. John Pinto/William Lloyd MacDonald: Hadrian's Villa and its Legacy, New Haven 1995, S. 247.
5. Auf dem Kunstmarkt sind zwei Zeichnung desselben Themas „Das Feuerwerk über dem Castel Sant’Angelo“ mit der Namen Laura Piranesi aufgetaucht. Sie sind mit dem von Francesco in Zusammenarbeit mit Jean-Louis Desprez Anfang der 1780er Jahren entstanden, kolorierten Druck verbunden. Eventuell handelt es sich um Kopien desselben. Bislang konnten die beiden Zeichnungen nicht genau untersucht und eingeordnet werden.
6. Siehe Mario Bevilacqua: Piranesi, Taccuini di Modena, 2 Bde., Rom 2008, Bd. 1, S. 220–223. Die Zuschreibung dieser Beschriftungen an Laura bleibt jedoch ungesichert.
7. Vgl. Bénédicte Maronnie: „Sulle singolari tracce del padre”: Laura Piranesi „incisora”, in: Giambattista Piranesi: Sognare il sogno impossibile, Ausst. Kat. Rom, Istituto Centrale per la Grafica, Rom 2020, o. S. (online-Publikation).
8. Vgl. Mario Bevilacqua: Piranesi, Taccuini di Modena, 2 Bde., Rom 2008, Bd. 1, S. 207, 242–243, c. 25–28. Die Zuschreibung basiert auf Angelos Zeichnung (signiert und 1776 datiert, jedoch vermutlich vom Vater überarbeitet) in dem vom holländischen Aernout Vosmaers um 1776 komponierten Album amicorum.
9. Zu Vosmaer siehe F.L. Bastet (Hg.): De Verzameling van mr. Carel Vosmaer (1826-1888), Amsterdam 1989; Bent Sørensen: Piranesi, Grandjacquet and the Warwick Vase, in: The Burlington Magazine 145, 2003, S. 792–795.
10. Francesco Piranesi z.B. zugeschrieben sind: Florenz, Uffizien, Gabinetto dei disegni, Inv. Santarelli 6446, 6647, 6648; zwei Kreidezeichnungen in Stockholm, National Library of Sweden, Handschrift HS/S21 (publiziert in Rossana Caira Lumetti: La cultura dei Lumi tra Italia e Svezia. Il ruolo di Francesco Piranesi, Rom, 1990, S. 288); Staatliche Museen zu Berlin, Kunstbibliothek, Inv. Hdz 6299 (siehe Sabine Jacob [Hg.]: Italienische Zeichnungen der Kunstbibliothek Berlin, Architektur und Dekoration 16. bis 18. Jahrhundert, Berlin 1975, S. 177, Nr. 901); Biblioteca Estense Modena, Taccuino B, Inv. (siehe Mario Bevilacqua: Piranesi, Taccuini di Modena, 2 Bde., Rom 2008, Bd. 1, S. 206–209).
- Unidentifizierter Zeichner der Piranesi-Werkstatt, Gruppe 10
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IX 5159-35-18-3, IX 5159-35-29-3, IX 5159-35-31-1, IX 5159-35-32-5
Diese Gruppe besteht aus vier Zeichnungen nach Kompositkapitellen. Drei davon wurden mit Rötel in Kombination mit schwarzem Stift oder Graphit (IX 5159-35-18-3, IX 5159-35-29-3, IX 5159-35-31-1) ausgeführt. Das vierte Blatt (IX 5159-35-32-5) ist jedoch vollständig in schwarzer Kreide gezeichnet, es wiederholt das Kapitell von IX 5159-35-29-3. Zwei der Kapitelle (IX 5159-35-29-3 und IX 5159-35-31-1) wurden von Francesco Piranesi in Radierungen wiedergegeben, die er als zusätzliche Tafeln zum zweiten Band der Vasi, candelabri nach dem Tod des Vaters 1778 hinzufügte (Abb. 1 und 2).
Abb. 1: Detailvergleich zwischen Kapitell, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Inv. IX 5159-35-31-1, und Francesco Piranesi, Drei Fragmente, gefunden in der Hadriansvilla in Tivoli , in: Vasi, candelabri, 1790, Radierung, 386 x 247 mm (Druckplatte), Madrid, Biblioteca de la Universidad Complutense, BH GRL 13(113)
CC BY-NC 4.0Abb. 2: Detailvergleich zwischen Kapitell, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Inv. IX 5159-35-29-3, und Francesco Piranesi, Kapitell des Palazzo Massimo, in: Vasi, candelabri, 1791, Radierung, 392 x 277 mm (Druckplatte), Madrid, Biblioteca de la Universidad Complutense, BH GRL 13(113)
CC BY-NC 4.0Möglicherweise war Francesco an der Ausführung der Zeichnungen dieser Gruppe beteiligt, denn bei IX 5159-35-18-3 weisen die Figuren eine gewisse stilistische Nähe zu seinem Frontispizentwurf in der Kunstbibliothek Berlin auf, insbesondere in der Darstellung der Gesichter mit kurzen horizontalen Strichen, der Ausformulierung des Körpers mit wenigen Linien und der unausgewogenen Proportionierung der Arme und Beine (Abb. 3). Diese Zeichnung lässt sich stilistisch eventuell auch mit Blättern der Gruppe 9 in Verbindung bringen.
Abb. 3: Detailvergleich zwischen Francesco Piranesi, Widmungsblatt an Ferdinand IV., ca. 1777–1778, Feder in Braun, braun und grau laviert, Spuren von schwarzem Stift, 473 x 685 mm, Staatliche Museen zu Berlin, Kunstbibliothek, Hdz 6299; und IX 5159-35-18-3
CC BY-NC-SA 4.0Bei den geflügelten Eroten von IX 5159-35-29-3 stimmen die Gesichtsprofile mit den Hakennasen, schlitzartigen Augen sowie die Schraffierungen der Körper mit kleinen Strichen auch mit Zeichnungen der Gruppe 8 überein (beispielsweise mit IX 5159-35-15-7, Abb. 4).
Abb. 4: Detailvergleich zwischen Sarkophaggiebel und Kapitell, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Inv. IX 5159-35-15-7 und IX 5159-35-29-3 Bei seinen späteren Publikationen griff Francesco jedoch auch auf Zeichnungen des Vaters zurück, die schon länger in der Motivsammlung der Werkstatt existierten. Qualitative Unterschiede in den Zeichnungen, insbesondere bei IX 5159-35-31-1 könnten daher auch darauf hindeuten, dass hier sowohl Giovanni Battista Piranesi als auch sein Sohn Francesco Piranesi zeichneten.
- Mehrere unidentifizierte Zeichner der Piranesi-Werkstatt, Gruppe 11
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IX 5159-35-39-1, IX 5159-35-40-1, IX 5159-35-44-1, IX 5159-35-45-1, IX 5159-35-46-1, IX 5159-35-47-1, IX 5159-35-49-1, IX 5159-36-30-1
Von den großen Kandelaber-Zeichnungen sind bislang keine anderen Beispiele aus Museumssammlungen oder im Privatbesitz bekannt.[1] Sie scheinen repräsentativ für die kollektive Autorschaft im Werkstattkontext zu sein und sprechen für eine Verteilung der Ausführung an verschiedene spezialisierte Zeichner. Wie Christoph Frank und Georg Kabierske anhand der Korrespondenz der Gebrüder Adam aufzeigen können, war es für Robert Adam in Rom eine übliche Praxis, verschiedene Zeichner für unterschiedliche Zeichnungstypologien (Architekturzeichnung, Ornamentzeichnung, Reinzeichnung) zu engagieren (Siehe Essay zur Adam-Korrespondenz).[2] Bei Piranesi begann die systematische Produktion von Marmorkompositionen aus antiken Versatzstücken (Pasticci) und Restaurierungen antiker Objekte wie den Kandelabern ab Mitte der 1760er Jahre.[3] Deren genauer Entwurfsprozess kann nun erstmals anhand der Karlsruher Zeichnungen untersucht werden. Dabei handelt es sich um vorbereitende Kompositionen für die Radierungen, jedoch nicht um die finalen Zeichnungen auf geöltem Papier, durch die das Motiv auf die Druckplatte übertragen wurde. Derartige Reinzeichnungen, die für den Transfer benutzt wurden, sind sehr selten erhalten (siehe Essay „Mit Öl und Wasser kopiert“). Möglich ist, dass einige solcher Kandelaber-Zeichnungen nicht nur für die Realisierung der gedruckten Komposition vorgesehen waren, sondern auch als Entwurfsprojekt für eine Restaurierung oder eine Neuschöpfung geschaffen wurden. In diesen Zeichnungen wurden zuerst die Grundstrukturen des Objekts mit Lineal und Zirkel gezeichnet. Die detailliert ausgearbeiteten Ornamentteile wie das Füllhorn des Rython-Kandelabers (IX 5159-36-30-1, Abb. 1), die schlangenförmigen Henkel in der Stowe Vase (IX 5159-35-39-1, Abb. 2) oder die Vögel und Pfoten des Newdigate-Kandelabers (IX 5159-35-46-1, Abb.3) kontrastieren mit den übrigen eher geometrischen Teilen der Komposition.
Abb. 1: Rhyton-Kandelaber (Detail), Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Inv. IX 5159-36-30-1 Abb. 2: Stowe-Vase (Detail), Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Inv. IX 5159-35-40-1 Abb. 3: Newdigate-Kandelaber (Detail), Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Inv. IX 5159-35-46-1 Giovanni Battista Piranesi oblag die Gesamtverantwortung der Werkstatt, von der Konzeption bis hin zur Umsetzung, was nicht zuletzt die beständige Aufsicht der ins Reine zeichnenden Mitarbeiter und der notwendigen Bildhauer und Restauratoren voraussetzte. Seine Präsenz und die der Werkstatt sind in vielen hinzugefügten Details und Überarbeitungen innerhalb und am Rand der Zeichnungen zu beobachten (Abb. 4).
Abb. 4: Newdigate-Kandelaber (Detail), Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Inv. IX 5159-35-46-1 Es bleibt jedoch unklar, wie man von seinen eigenhändigen, sehr flüchtigen Ideenskizzen (z.B. Skizzenbuch B in Modena, fol. 9v–10) zu diesen schon sehr genau von der Werkstatt ausformulierten Kompositionen gelangte. Bislang war es nicht möglich, die vielschichtigen Hände der Werkstattmitarbeiter namentlich zu identifizieren.
Einzelnachweis
1. Im Vogel-Escher-Album der Zentralbibliothek Zürich gibt es zwar eine großformatige Frontalansicht des Albano-Altars, sie gehört jedoch zu einer früheren Publikation, siehe FA Escher vG.188.6, Falz 13, Zeichnung 28. Sie zeugt eher von einem archäologischen Interesse als von der Absicht, neu geschaffene oder restaurierte Marmorkompositionen der Werkstatt zu bewerben wie bei den späteren Zeichnungen für die Drucke der Vasi, Candelabri.
2. Literatur zur Korrespondenz der Gebrüder Adam: Thomas J. McCormick: Charles-Louis Clérisseau and the Genesis of Neo-classicism, Cambridge/Mass. u.a. 1990, S. 24; Georg Kabierske: Römische Lehrjahre. Zum Zeichnen und Sammeln von Bauornamentik in Rom in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, 2 Bde., Universität München 2020, Masterarbeit (unpubliziert), S. 16–20.
3. Der Kontext dieser Wende in der Produktion Piranesis wird in der in Bearbeitung befindlichen Dissertation von Bénédicte Maronnie in Zusammenhang zu den Zeichnungen näher erläutert.
- Francesco Piranesi (1756?–1810) (?), Gruppe 12
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IX 5159-35-18-5, IX 5159-36-14-6, IX 5159-36-17-2
In der Kunstbibliothek, Berlin (Inv. Hdz. 6299) befindet sich ein mit dem Namen von Francesco Piranesi beschrifteter Entwurf für ein Widmungsblatt, der bislang als eines der wichtigsten Anhaltspunkte für die Charakterisierung seines Zeichenstils um 1778 betrachtet wurde. Auf dieser Grundlage können diese drei lavierten Zeichnungen Francesco Piranesi zugeschrieben werden. Die Zeichnung wurde wohl an Giovanni Battista Piranesis Lebensende als Widmungsblatt an Ferdinand IV. (König beider Sizilien) für die Paestum-Druckserie erstellt, jedoch nie als Radierung umgesetzt. Francesco war zu diesem Zeitpunkt mindestens 20 Jahre alt und durch seine Ausbildung und Tätigkeit neben dem Vater in der Zeichnungspraxis geschult. Die muskulösen und länglichen Arme (Abb. 1), die Hände, die mal in tropfenförmigen, mal in spitzen Fingern enden, sowie die Gesichter und Gewänder (Abb. 2) sind charakteristisch für diese Zeichenweise. Man findet sie auch in den Figurenzeichnungen der Gruppe 13.
Abb. 1: Detailvergleich zwischen Francesco Piranesi, Widmungsblatt an Ferdinand IV., ca. 1777–1778, Feder in Braun, braun und grau laviert, Spuren von schwarzem Stift, 473 x 685 mm, Staatliche Museen zu Berlin, Kunstbibliothek, Hdz 6299 (Fotonachweis: Staatliche Museen zu Berlin, Kunstbibliothek, Fotograf: Dietmar Katz) und Tabula ansata, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Inv. IX 5159-35-18-5
CC BY-NC-SA 4.0Abb. 2: Francesco Piranesi, Widmungsblatt an Ferdinand IV., ca. 1777–1778, Feder in Braun, braun und grau laviert, Spuren von schwarzem Stift, 473 x 685 mm, Staatliche Museen zu Berlin, Kunstbibliothek, Hdz 6299 (Fotonachweis: Staatliche Museen zu Berlin, Kunstbibliothek, Fotograf: Dietmar Katz) und Monument mit drei Allegorien, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Inv. IX 5159-36-17-2
CC BY-NC-SA 4.0 - Francesco Piranesi (1756?–1810) (?), Gruppe 13
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IX 5159-36-4-3, IX 5159-36-4-4, IX 5159-36-4-5, IX 5159-36-7-2, IX 5159-36-8-5, IX 5159-36-9-3, IX 5159-36-9-5, IX 5159-36-9-7, IX 5159-36-10-1, IX 5159-36-10-2, IX 5159-36-10-3, IX 5159-36-10-5, IX 5159-36-12-6, IX 5159-36-12-6v, IX 5159-36-17-4, IX 5159-36-17-5
Diese Gruppe hängt mit dem Konvolut der Piranesi-Zeichnungen in der New Yorker Morgan Library zusammen. Dort sind drei weiteren Zeichnungen (siehe Inv. 1966.11.128, 1966.11.129, 1966.11.130, Abb. 1) von Statuen aus damaligen berühmten römischen Privatsammlungen vorhanden (Lancelotti, Mattei, Giustiniani, Farnese), was die gemeinsame Provenienz beider Konvolute unterstreicht.
Abb. 1: Detailvergleich zwischen Francesco Piranesi, Widmungsblatt an Ferdinand IV., ca. 1777–1778, Feder in Braun, braun und grau laviert, Spuren von schwarzem Stift, 473 x 685 mm, Staatliche Museen zu Berlin, Kunstbibliothek, Hdz 6299 (Fotonachweis: Staatliche Museen zu Berlin, Kunstbibliothek, Fotograf: Dietmar Katz) und Sitzende Nymphe, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Inv. IX 5159-36-4-5
CC BY-NC-SA 4.0Die technische Analyse von Maria Krämer ergab, dass diese Blätter ursprünglich zu einem Skizzenbuch gehörten. Die Zeichnungen wurden in der Literatur auf der Vergleichsbasis mit dem gezeichneten Frontispiz in der Kunstbibliothek Berlin (Inv Hdz. 6299) der Hand von Francesco Piranesi zugeschrieben.[1] Gemeinsame Charakteristika sind die runden Gesichter, die gerade Form der Nasen, die mit einem breiten Strich gezogenen kleinen Münder, die muskulösen Arme und die spitzen Finger sowie die Gewandausführung. Die Umrisszeichnungen in Feder sind in manchen Fällen braun laviert. Diese Zeichnungen bilden eine stilistisch einheitliche Gruppe innerhalb des Konvoluts. Wenn sie auch mit der Berliner Zeichnung übereinstimmen, so weichen sie doch stilistisch von den Francesco zugeschriebenen Figurenzeichnungen im Skizzenbuch B in Modena ab (Abb. 2). Diese sind 1777 während der Reise nach Paestum entstanden. Fraglich bleibt daher, ob Francesco als der Zeichner beider, zeitlich nah entstandenen Figurentypen betrachtet werden kann. Zu berücksichtigen sind weitere Staffagefiguren in den Zeichnungen zur Pompeji-Druckserie sowie später entstandene Zeichnungen in Stockholm, die jedoch in diesem Rahmen nicht behandelt werden können.
Abb. 2: Francesco Piranesi (?), Figurenstudien, schwarzer Stift, 184 x 132 mm, Universitaria di Modena, Biblioteca Estense, Raccolta Campori, Camp.522=Gamma.Y.6.32, cc. 47r und 57r
CC BY-NC-SA 4.0Einzelnachweis
1. Vgl. Sabine Jacob (Hg.): Italienische Zeichnungen der Kunstbibliothek Berlin, Architektur und Dekoration 16. bis 18. Jahrhundert, Berlin 1975, S. 177, Nr. 901, Inv. Hdz 6299. In Mario Bevilacqua: Piranesi, Taccuini di Modena, 2 Bde., Rom 2008, Bd. 1, S. 213, werden die Zeichnungen nach den Statuen römischer Sammlungen mit der Publikation der Druckserie Choix des meilleurs statues antiques (die Tafeln sind zwischen 1781 und 1783 datiert) in Verbindung gebracht, die von Francesco mit einer Widmung an Reuterholm publiziert wurde. Dieser Zusammenhang wäre aber noch zu belegen (siehe Text zu den Figurenzeichnungen).
- Kopie nach Giuseppe Cades (1750–1799) (?), Gruppe 14
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IX 5159-36-1-1, IX 5159-36-1-1v, IX 5159-36-1-2, IX 5159-36-1-4, IX 5159-36-2-1, IX 5159-36-2-2, IX 5159-36-2-3, IX 5159-36-2-6, IX 5159-36-3-1, IX 5159-36-3-2, IX 5159-36-3-3, IX 5159-36-3-4, IX 5159-36-3-5, IX 5159-36-4-1, IX 5159-36-4-2, IX 5159-36-5-2, IX 5159-36-5-3, IX 5159-36-5-4, IX 5159-36-5-5, IX 5159-36-6-1, IX 5159-36-6-2, IX 5159-36-6-3, IX 5159-36-6-4, IX 5159-36-6-5, IX 5159-36-6-6, IX 5159-36-6-7, IX 5159-36-7-1, IX 5159-36-7-3, IX 5159-36-7-4, IX 5159-36-7-5, IX 5159-36-8-1, IX 5159-36-8-2, IX 5159-36-8-3, IX 5159-36-8-4, IX 5159-36-8-6, IX 5159-36-9-2, IX 5159-36-9-4, IX 5159-36-10-4, IX 5159-36-10-6, IX 5159-36-11-2, IX 5159-36-11-3, IX 5159-36-11-4, IX 5159-36-11-5, IX 5159-36-11-7, IX 5159-36-12-1, IX 5159-36-12-2, IX 5159-36-12-3, IX 5159-36-12-4, IX 5159-36-12-5, IX 5159-36-12-7, IX 5159-36-12-8, IX 5159-36-13-1, IX 5159-36-13-1v IX 5159-36-13-2, IX 5159-36-13-3, IX 5159-36-13-4, IX 5159-36-13-7, IX 5159-36-13-8, IX 5159-36-13-9, IX 5159-36-14-1, IX 5159-36-14-1v, IX 5159-36-14-2, IX 5159-36-14-3, IX 5159-36-14-4, IX 5159-36-14-5, IX 5159-36-16-2, IX 5159-36-16-3, IX 5159-36-16-4, IX 5159-36-16-6, IX 5159-36-16-7, IX 5159-36-16-8, IX 5159-36-17-1, IX 5159-36-36-17-3, IX 5159-36-17-6, IX 5159-36-18-1, IX 5159-36-18-2, IX 5159-36-18-3, IX 5159-36-20-1, IX 5159-36-20-2, IX 5159-36-20-3, IX 5159-36-20-4, IX 5159-36-20-5
Auch wenn der erste Eindruck etwas anderes vermuten lässt, sind auch die Figurenstudien dieser Gruppe mit der Werkstatt Piranesis eng verknüpft. Mit dünnen Linien wurden ihre Umrisse sowie und der Faltenwurf ihrer Gewänder gezeichnet. Charakteristisch sind die flächigen Schattierungen, die aus einzelnen, minutiös parallel nebeneinander gesetzten Strichen bestehen (Abb. 1). Diese verlaufen etwa entlang des Faltenwurfs, sind partiell flächig über Körper oder Gesicht gelegt und füllen die Augenhöhlen. Der Zeichner hatte zudem Schwierigkeiten, Hände und Füße zu zeichnen, die er deshalb entweder nur in Umrissen anlegte oder zu verbergen suchte (Abb. 2).
Abb. 1: Männliche Gewandfigur, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Inv. IX 5159-36-8-4 Abb. 2: Detailvergleich zwischen verschiedenen Figurenstudien, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Inv. IX 5159-36-2-1,IX 5159-36-2-6,IX 5159-36-5-2,IX 5159-36-13-4 undIX 5159-36-3-1 Diese stilistischen Eigenarten ähneln frühen signierten und datierten Federzeichnungen des römischen Künstlers Giuseppe Cades (1750–1799), die im Zeitraum 1762–1764 entstanden (Abb. 3).[1]
Abb. 3: Giuseppe Cades, Christus und die zwölf Apostel, 1763, Feder in Braun, jeweils ca. 283 x 122 mm, Christie’s, A South American Private Collection, 5.12.2019, Los 142 Zwei weitere Blätter, die stilistisch wohl auch aus dieser Zeit stammen, wurden 2018 bei Crispian Riley-Smith Fine Arts Ltd in London angeboten.[2] Fälschlich als „French School, 18th Century“ bezeichnet, sind diese über schwarzer Kreide angelegten Federzeichnungen unten rechts mit einer alten Signatur „G. Cades d’après l’Antique“ versehen.[3] Sie stimmen nahezu identisch mit zwei Blättern der Zeichnungsgruppe überein ( IX 5159-36-2-2, IX 5159-36-6-3, Abb. 4 und 5). Außerdem war Cades nachweislich mit der Familie Piranesi bekannt. Von Giovanni Battista zeichnete er ein Portrait, das 1779 von Francesco posthum radiert wurde, um es als Frontispiz in die 1784 erschienene zweite Auflage der Antichità Romane einzufügen.[4]
Abb. 4: Vergleich zwischen Figurenstudie, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Inv. IX 5159-36-2-2, und Giuseppe Cades, Figurenstudie einer antiken Statue, um 1764 (?), schwarze Kreide, Feder in Braun und braun laviert, Crispian Riley-Smith Fine Arts Ltd in London, 2018 Abb. 5: Vergleich zwischen Figurenstudie, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Inv. IX 5159-36-6-3, und Giuseppe Cades, Figurenstudie einer antiken Statue, um 1764 (?), schwarze Kreide, Feder in Braun und braun laviert, Crispian Riley-Smith Fine Arts Ltd in London, 2018 Eine Autorschaft des jungen Cades für die gesamte Karlsruher Gruppe erscheint zwar stilistisch möglich, durch das Fehlen seiner sonst selbstbewusst gesetzten Signatur jedoch weniger wahrscheinlich. Im Rahmen des Zeichenunterrichts in der Piranesi-Werkstatt könnten die Zeichnungen stattdessen nach Cades oder nach einer für beide Versionen gemeinsamen graphischen Vorlage kopiert worden sein. In Frage kämen aus Altersgründen die beiden ältesten der Piranesi-Kinder, die 1754 geborene Laura und der um 1756(?) geborene Francesco (siehe auch Gruppe 10). Legrand zufolge begann Francesco zwar erst Anfang der 1770er Jahre mit dem offiziellen Zeichenstudium.[5] Doch vielleicht wurden ihm die Grundlagen schon zuvor in den späten 1760er Jahren durch Giuseppe Cades vermittelt. Das extensive Kopieren von gezeichneten Vorlagen, inklusive der Imitation des jeweiligen Zeichenstils gehörte damals zur gängigen Unterrichtspraxis.
Dass es sich bei der gesamten Gruppe auf alle Fälle um Werkstattmaterial handelt, belegt zweifellos eine Federzeichnung von Giovanni Battista Piranesi auf der Rückseite des Blattes IX 5159-36-12-5v (Abb. 6) sowie die Weiterverwertung einzelner Figuren in den Vasi, candelabri (siehe z.B. IX 5159-36-20-1) und den Antichità d’Albano. Dieser Umstand spricht ebenfalls dafür, dass es sich hier vermutlich um Nachzeichnungen durch ein Werkstattmitglied handelt.
Abb. 6: Stehende männliche Gewandfigur und Entwurf einer Kartusche (?), Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Inv. IX 5159-36-12-5 und IX 5159-36-12-5v Innerhalb der Gruppe lassen sich zwei Untergruppen bilden: Die Zeichnungen IX 5159-36-1-3, IX 5159-36-1-5, IX 5159-36-13-5, IX 5159-36-13-6, IX 5159-36-14-7, IX 5159-36-15-2, IX 5159-36-15-3 zeigen antike Reliefszenen, die etwas summarischer mit skizzenhafteren Umrissen dargestellt sind. Die Blätter IX 5159-36-1-1, IX 5159-36-1-1v, IX 5159-36-2-1, IX 5159-36-3-3, IX 5159-36-4-1, IX 5159-36-5-3, IX 5159-36-6-4, IX 5159-36-11-2, IX 5159-36-17-6, wurden mit kräftigem Duktus und routinierten Zickzack-Schraffuren partiell überarbeitet.
Einzelnachweis
1. Bei diesen frühen Zeichnungen handelt es sich um folgende Blätter: Paris, Musée du Louvre, Inv. RF 36019 recto; Christie’s, London: A South American Private Collection, 5. Dezember 2019, Los 142 (eingesehen am 23.11. 2021), siehe auch: Maria Teresa Caracciolo: Giuseppe Cades: 1750–1799 et la Rome de son temps, Paris 1992, Nr. 8.1-12; Foolscap Fine Art, Gouda (Niederlande), Giuseppe Cades, The Rest on the Flight to Egypt (recto); Studies of Figures and Architecture (verso).
2. Georg Kabierske identifizierte 2019 erstmals diese Blätter und brachte sie mit den Karlsruher Klebealben in Zusammenhang.
3. London, Crispian Riley-Smith Fine Arts Ltd, A Statue after the Antique und A female Statue, after the Antique (eingesehen am 23.11.2021).
4. Maria Teresa Caracciolo: Giuseppe Cades, 1750–1799, et la Rome de son temps. Paris 1990, S. 69, 433; Maria Teresa Caracciolo: Giuseppe Cades (Rome, 1750–1799), et son imitateur. Complément au catalogue raisonné, in: Les Cahiers d’Histoire de l’art 6, 2008, S. 123–153. Zur Radierung des Piranesi-Porträts siehe auch Legrand in Gilbert Erouart/Monique Mosser: À propos de la „Notice historique sur la vie et les ouvrages de J.-B. Piranesi": origine et fortune d’une biographie, in: Piranèse et les français, Kolloquium, Rom, Villa Médicis, 12.–14. Mai 1976, Rom 1978, S. 226.
5. Gilbert Erouart/Monique Mosser: À propos de la „Notice historique sur la vie et les ouvrages de J.-B. Piranesi": origine et fortune d’une biographie, in: Piranèse et les français, Kolloquium, Rom, Villa Médicis, 12.–14. Mai 1976, Rom 1978, S. 213–252, hier S. 250.
- Friedrich Weinbrenner (1766–1826) und Werkstatt, Gruppe 15
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IX 5159-36-28-2, IX 5159-36-29-1v
Die beiden Zeichnungen dieser Gruppe kamen erst unter Friedrich Weinbrenner zu dem bestehenden Zeichnungskonvolut aus der Piranesi-Werkstatt hinzu. Das eine Blatt (IX 5159-36-28-2) gehört zu Weinbrenners eigenhändigen italienischen Reisezeichnungen, von denen sich zahlreiche vergleichbare im Bestand der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe finden (Abb. 1). Eine Ansicht des Casino Rafaello der Villa Borghese wurde von Weinbrenner auf einem Papier mit dem gleichen Wasserzeichen gezeichnet (Abb. 2).[1] Die andere Zeichnung (IX 5159-36-29-1v) dürfte erst während der Weiternutzung des Zeichnungskonvoluts in Weinbrenners Bauschule auf die Rückseite einer älteren Zeichnung skizziert worden sein.[2] Dabei handelt es sich um einen Greifen-Lyra-Fries, der als dekorative Stuckarbeit in Bauten Weinbrenners oder seiner Schüler Verwendung fand.[3] Vergleichbare, sehr flüchtige Skizzen dieser Art gibt es auch bei den Zeichnungen seiner Schüler, etwa im Nachlass des Architekten Wilhelm Thierry (1761–1823) in Philadelphia.[4]
Abb. 1: Friedrich Weinbrenner, Relief vom Konstantinsbogen in Rom, 1792–1797, Graphit, Feder mit Sepiatusche und Lavierung, 246 x 152 mm, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Inv. IX 5159-29-5 Abb. 2: Friedrich Weinbrenner, Das Casino Rafaello der Villa Borghese in Rom, 1792–1797, Graphit, Feder mit Sepiatusche und Lavierung, 169 x 242 mm, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Inv. IX 5159-16 Als die Zeichnungen in die Alben geklebt wurden, könnte ihr Bezug untereinander noch bekannt gewesen sein, wurden sie doch auf zwei aufeinanderfolgende Seiten im zweiten Klebeband eingefügt. Die Ornamentskizze wurde dabei bewusst so eingeklebt, dass man zwischen der älteren Vorderseite aus Piranesis Werkstatt und der Rückseite aus Weinbrenners Zeit blättern konnte.
Einzelnachweis
1. Wir danken Maria Krämer für den freundlichen Hinweis auf den Zusammenhang der Wasserzeichen.
2. Die Architekturschüler in Weinbrenners Bauschule waren angehalten, die Zeichnungen als Studienübung zu kopieren. Dies belegen Pausen auf Transparentpapier im Klebealbum von Heinrich Geier: KIT Karlsruhe, Archiv für Architektur und Ingenieurbau (saai), Klebealbum von Heinrich Geier; Siehe weiterführend Georg Kabierske: Weinbrenner und Piranesi. Zur Neubewertung von zwei Grafikalben aus dem Besitz Friedrich Weinbrenners in der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe, in: Brigitte Baumstark/Joachim Kleinmanns/Ursula Merkel (Hg.): Friedrich Weinbrenner, 1766-1826: Architektur und Städtebau des Klassizismus, Ausst. Kat. Karlsruhe, Städtische Galerie und Südwestdeutsches Archiv für Architektur und Ingenieurbau, Petersberg 2015 (2. Aufl.), S. 75–87, hier S. 84 und Nr. 11.47; Stefan Morét: Due Album di disegni di Giovanni Battista Piranesi e della sua bottega dal lascito dell’architetto Friedrich Weinbrenner (1766–1826): un’introduzione, in: Vita Segreto (Hg.): Libri e Album di Disegni 1550–1800. Nuove prospettive metodologiche e di esegesi storico-critica, Rom 2018, S. 203–212, hier S. 211f.
3. Georg Kabierske verwies darauf, dass es das Motiv im Karlsruher Schloss, im Markgräflichen Palais und an der Fassade des Brousellschen Hauses gegeben hat und man es noch heute im Palais Weimar in Heidelberg findet.
4. University of Pennsylvania, Architectural Archives, Friedrich Weinbrenner – Thiery Collection (019). Siehe auch David B. Brownlee (Hg.): Friedrich Weinbrenner, Architect of Karlsruhe. A Catalogue of the Drawings in the Architectural Archives of the University of Pennsylvania. Philadelphia 1986.
- Weitere Zeichnungsgruppen
Für jene Blätter, die bislang nicht zuzuordnen waren, wurden vier Sondergruppen definiert:
Sonderfälle
IX 5159-35-2-1, IX 5159-35-4-1v, IX 5159-35-6-3v, IX 5159-35-9-1, IX 5159-35-9-5, IX 5159-35-10-2, IX 5159-35-18-2, IX 5159-35-23-3v, IX 5159-35-34-2, IX 5159-35-34-6, IX 5159-35-40-1v, IX 5159-35-41-1, IX 5159-35-41-2, IX 5159-35-44-1v, IX 5159-36-16-5, IX 5159-36-18-4
Es gibt einzelne Zeichnungen, die aufgrund ihres individuellen Stils keiner der oben genannten Gruppen zugeordnet werden können. Manchmal finden sich jedoch vergleichbare Blätter in anderen Sammlungen, was in der jeweiligen Katalognummer erläutert wird.
Undefinierbar
IX 5159-35-2-2v, IX 5159-35-9-6, IX 5159-35-9-6v, IX 5159-35-9-7, IX 5159-35-17-4, IX 5159-35-17-4v, IX 5159-35-18-4, IX 5159-35-19-6, IX 5159-35-21-3v, IX 5159-35-22-3v, IX 5159-35-23-2, IX 5159-35-29-3v, IX 5159-35-30-6, IX 5159-35-30-6v, IX 5159-35-31-2v, IX 5159-35-31-3v, IX 5159-35-32-3, IX 5159-35-32-4, IX 5159-35-33-2v, IX 5159-35-33-4, IX 5159-35-34-1, IX 5159-36-2-1v, IX 5159-36-13-3v, IX 5159-36-14-3v
Bei einigen Blättern ist eine stilistische Einordnung auf Grund unzureichender Anhaltspunkte bislang nur schwer zu definieren.
Kräftige Überarbeitung
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IX 5159-35-10-1, IX 5159-35-35-1, IX 5159-35-42-1
Manche Zeichnungen können auch nach anderen Kriterien eingeordnet werden als den hier vorgeschlagenen. Zum Beispiel wurden einige Blätter in einem zweiten Arbeitsschritt in energischem Duktus überarbeitet, was hier an drei ausgewählten Beispielen gezeigt werden soll. Dies könnte ein auffallendes Merkmal sein, um eine Querverbindung zwischen einzelnen, zunächst stilistisch nicht zusammenhängenden Zeichnungen innerhalb der Gruppen aufzuzeigen.
Beschriftungen verso
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IX 5159-35-10-1v, IX 5159-35-19-6v, IX 5159-35-35-1v, IX 5159-36-32-1v
Auf einzelnen Rückseiten befinden sich fragmentarisch erhaltene Beschriftungen, da im Arbeitsprozess der Werkstatt nicht mehr benötigte Papiere als Makulatur wiederverwendet wurden. Die Schriftfragmente beziehen sich daher nicht immer auf die Vorderseite. Unter den verschiedenen Handschriften konnte auch Giovanni Battista Piranesis Hand identifiziert werden.
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