1764 bis 1766 gestaltete Piranesi die römische Kirche Santa Maria del Priorato und den davorliegenden Platz neu. Es ist das einzige erhaltene architektonische Werk des Künstlers. Die Zeichnung zeigt den Entwurf der zentralen Stele am Platz, die von dem Bildhauer Tommaso Righi und seinen Mitarbeitern ausgeführt wurde. In der Art einer Standarte oder eines Tropaions gestaltet, vereint sie unterschiedliche Elemente: Turm, gekrönter Doppeladler und gestreifter Schild weisen auf den Auftraggeber Giovanni Battista Rezzonico, während Helme, Schilde, Schwerter, Köcher und Ketten für den Malteserorden stehen.
Werkdaten
Künstler
Giovanni Battista Piranesi (1720–1778) (?) und/oder Piranesi-Werkstatt
Ort und Datierung
Rom, um 1764–1766
Abmessungen (Blatt)
349 x 156 mm
Inventarnummer
IX 5159-35-34-6
- Zeichenmedien
Feder in Braunschwarz (Eisengallustinte) über schwarzer Kreide; weitere Informationen siehe: Merkmale der Zeichenmedien
- Beschriftungen
Keine
- Literatur
Georg Kabierske: A Cache of Newly Identified Drawings by Piranesi and His Studio at the Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, in: Master Drawings 53, 2015, S. 147–178, hier S. 167–169, Abb. 30; Georg Kabierske: Weinbrenner und Piranesi. Zur Neubewertung von zwei Grafikalben aus dem Besitz Friedrich Weinbrenners in der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe, in: Brigitte Baumstark/Joachim Kleinmanns/Ursula Merkel (Hg.): Friedrich Weinbrenner, 1766–1826: Architektur und Städtebau des Klassizismus, Ausst. Kat. Karlsruhe, Städtische Galerie und Südwestdeutsches Archiv für Architektur und Ingenieurbau, Petersberg 2015 (2. Aufl.), S. 75–87, hier S.78; Georg Kabierske: Vasi, urne, cinerarie, altari e candelabri. Newly Identified Drawings for Piranesi’s Antiquities and Sculptural Compositions at the Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, in: Francesco Nevola (Hg.): Giovanni Battista Piranesi. Predecessori, contemporanei e successori: Studi in onore di John Wilton-Ely, Rom 2016, S. 245–262, hier S. 246, Abb. 4.
- Hadernpapier
Vergé; vermutlich italienische Herstellung; Zeichnung auf der Filzseite; weitere Informationen siehe: Merkmale des Papiers
- Rückseite
Keine erkennbaren Hinweise auf eine rückseitige Bezeichnung oder Beschriftung
Das Werk im Detail
- Bildgegenstand und ikonographische Bedeutung
Wiedergegeben ist ein Entwurf für die zentrale Stele an der Piazza dei Cavalieri di Malta in Rom. Dieser Platz wurde zusammen mit der dahinter gelegenen Kirche Santa Maria del Priorato von 1764 bis 1766 durch Giovanni Battista Piranesi im Auftrag seines Förderers Giovanni Battista Rezzonico (1740–1783), dem Großprior des Malteserordens in Rom und Neffen von Papst Clemens XIII., umgestaltet und ist das einzige erhaltene architektonische Werk des Künstlers.[1] Für die komplexe Ikonographie verband Piranesi Bestandteile des Wappens des Auftraggebers, antike Trophäen als Symbole der militärischen Errungenschaften des geistlichen Ritterordens der Malteser und vermeintlich etruskische Motive. Er unterstrich auf diese Weise die erst hundert Jahre zuvor erfolgte Erhebung der Familie Rezzonico in den Adelsstand[2] und verwies zugleich auf die besondere Bedeutung des Aventins in früherer Zeit. Aufgrund der ehemals dort ausgeübten fremden Kulte aus der Provinz Etrurien lag er als einziger der sieben Hügel außerhalb des Pomeriums, des heiligen Bezirks der Stadt Rom. Mit der eigenwilligen Bauornamentik bezieht sich Piranesi bewusst auf den eklektischen Charakter der römischen Kunst, den er in seiner architekturtheoretischen Schrift Parere su l’architettura verteidigt und die 1765 während der Bauarbeiten an der Kirche erschien.[3]
Die in der Zeichnung wiedergegebene Stele wurde durch den Bildhauer Tommaso Righi (1727–1802)[4] und dessen Mitarbeiter als Stuckrelief ausgeführt und schmückt hoch aufragend die Mitte der Längsseite des Platzes, flankiert von weiteren Stelen und Obelisken (Abb. 1 und Abb. 2). In der Komposition vereint Piranesi die heraldischen Symbole der Familie Rezzonico – Turm, gekrönter Doppeladler und gestreifter Schild – mit den militärischen Attributen des Ordens: antikische Helme, Schilde, Schwerter, Köcher und Ketten. Der Schiffsschnabel und die auf den Trophäen applizierten Halbmonde beziehen sich auf den bei der Seeschlacht von Lepanto 1571 errungenen Sieg des christlichen Bündnisses über die Osmanen, bei dem der Malteserorden auch mit Galeeren und Ordensrittern beteiligt war. Mit der vertikal durch die Reliefkomposition verlaufenden Stange wird überdies auf eine antike Standarte bzw. ein Tropaion angespielt. Während die Standarte mit Symbolen der eigenen Truppe als Erkennungszeichen und zur Stärkung der Kampfmoral im Feld genutzt wurde, errichtete man das Tropaion aus erbeuteten Waffen des Gegners als Zeichen des Sieges auf dem Schlachtfeld oder führte es bei Triumphzügen mit.
Abb. 1: Tommaso Righi nach Giovanni Battista Piranesi, Piazza dei Cavalieri di Malta in Rom, 1764–1766
Foto: Georg Kabierske, CC0 1.0Abb. 2: Tommaso Righi nach Giovanni Battista Piranesi, Piazza dei Cavalieri di Malta in Rom, zentrale Stele, 1764–1766
Foto: Georg Kabierske, CC0 1.0Georg Kabierske
Einzelnachweis
1. Aus der sehr zahlreichen Literatur zu Piranesis Umgestaltung von Santa Maria del Priorato seien die folgenden Titel genannt, die jeweils die ältere Literatur zitieren: Fabio Barry: „Onward Christian Soldiers”: Piranesi at Santa Maria del Priorato, in: Mario Bevilacqua, Daniela Gallavotti Cavallero (Hg.): L’Aventino dal Rinascimento a oggi, Rom 2010, S. 140–160; John Wilton-Ely: Piranesi as Architect and Designer, London/New Haven 1993, S. 87–119; John Wilton-Ely: Piranesi architetto, in: Barbara Jatta (Hg.): Piranesi e l’Aventino, Milano 1998, S. 63–78.
2. Almut Goldhahn: Von der Kunst des sozialen Aufstiegs. Statusaffirmation und Kunstpatronage der venezianischen Papstfamilie Rezzonico, Köln/Weimar/Wien 2017, S. 289–296.
3. John Wilton-Ely: Design through Fantasy. Piranesi as Designer, in: Sarah E. Lawrence (Hg.): Piranesi as Designer, New York 2007, S. 43.
4. Zu diesem siehe Vernon Hyde Minor: Tommaso Righi's Roman Sculpture: A Catalogue, in: The Burlington Magazine 126, 1984, S. 668–675; Angela Negro: Per Tommaso Righi, in: Studi sul Settecento romano, Sculture romane del Settecento 2, 2002, S. 81–149.
- Beschreibung und Komposition
Auf eine hochrechteckige, oben abgerundete Stele, die im unteren Teil durch Kanneluren pilasterartig strukturiert wird, ist ein Schild mit einer heraldischen Trophäenkomposition gesetzt, die auf phantasievolle Weise ein antikes Feldzeichen rezipiert. Das Malteserkreuz sitzt in einem rautenförmigen Feld, das von einem gerahmten und im unteren Teil schräg gestreiften Rechteck hinterfangen wird. In dessen oberen Zwickeln hingegen sind diagonal zwei Doppeladler, die Wappentiere der Rezzonico, gesetzt. Darunter sind in weiteren Schichten antikisierende Trophäen dergestalt angeordnet, dass Schilde, Fahnen und Pfeilköcher die Diagonalen der Komposition kreuzartig betonen. Bildhaft wird hier an die militärische Stärke des Malteserordens erinnert. Unterhalb dieser Hauptkomposition schließen zwei um 90° spiegelbildlich gegeneinander gedrehte, antikisierende Paradehelme den Schild ab, wobei die Helmzier jeweils in einen Vogelkopf mündet. Zusammen gesehen evozieren die beiden Köpfe und die Umrisse der Helme wiederum das Bild eines Doppeladlers. Unterhalb des Schildes ist der Stab mit dem Turm der Rezzonico und einer Tabula ansata versehen, deren Inschrift nur angedeutet ist. Das untere Ende des Stabes ist in eine ausgehöhlte Kannelure eingepasst und endet abrupt noch oberhalb des unteren Bildfeldrandes. Wie bei Architekturzeichnungen im Allgemeinen üblich, sind die schematischen, sich wiederholenden Details arbeitsökonomisch nur zur Hälfte wiedergegeben. Die auf der linken Bildhälfte fehlenden Kanneluren lassen sich nach dem vorgegebenen Muster ergänzen. Zusätzlich gibt es Maßangaben, die vermutlich die reale Höhe und Breite des ausgeführten Trophäenreliefs auf der Stele wiedergeben.
Georg Kabierske
- Einordnung in das Gesamtwerk Piranesis
Die Arbeiten Piranesis für Santa Maria del Priorate sind durch verschiedene zeitgenössische Quellen dokumentiert, darunter ein nach Abschluss der Bauarbeiten verfasstes Rechnungsbuch, das sogenannte Libro dei conti,[1] eine zeitgenössische Beschreibung[2] sowie bisher neun bekannte Zeichnungen, die sich in der Morgan Library in New York, dem British Museum London und der Kunstbibliothek Berlin befinden.[3] Im Unterschied zu den beiden Zeichnungen in schwarzer Kreide für den Deckenstuck (IX 5159-35-26-1 und IX 5159-35-27-1) lässt sich die Darstellung der zentralen Stele stilistisch einer bereits bekannten Gruppe von Zeichnungen der Kirche aus der Morgan Library in New York (Inv. 1966.11:50, 1966.11:51, 1966.11:52, 1966.11:53, 1966.11:54) und dem British Museum in London (Inv. 1908,0616.34) zuordnen, die ebenfalls in Feder und brauner Tinte über schwarzem Stift ausgeführt worden sind (siehe Zuschreibungshypothesen, Abb. 6, 7, 8, 9, 11, 12 ). Zwei dieser Blätter widmen sich gleichfalls der Gestaltung des Vorplatzes (Morgan Library, Inv. 1966.11:53 u. 1966.11:54) und wurden ebenso wie die Karlsruher Zeichnung zusätzlich in identischer Handschrift mit Maßangaben versehen. Während das eine Blatt das rechte der beiden seitlichen hochrechteckigen Wandreliefs zeigt (siehe unten Abb. 6), gibt das andere das unterhalb der zentralen Stele eingefügte Relief wieder (siehe unten Abb. 7). Letzteres steht damit in unmittelbarem Zusammenhang mit der Zeichnung in der Kunsthalle Karlsruhe. Dieser Kontext wird im Kapitel Zuschreibungshypothesen genauer erläutert.
Georg Kabierske
Einzelnachweis
1. Joseph Connors: Il Libro dei conti della Avery Library della Columbia University, in: Barbara Jatta (Hg.): Piranesi e l’Aventino, Ausst. Kat. Rom, Santa Maria del Priorato, Mailand 1998, S. 86–94.
2. John Edward Critien: Un manoscritto del XVIII secolo dell’Archivio Magistrale del Sovrano Ordine di Malta di Roma, in: Barbara Jatta (Hg.): Piranesi e l’Aventino, Ausst. Kat. Rom, Santa Maria del Priorato, Mailand 1998, S. 79–85.
3. Zusammengestellt in John Wilton-Ely: Piranesi as Architect and Designer, London/New Haven 1993, S. 87–119, und Pierluigi Panza: Piranesi e l’Aventino. I disegni e l’opera, in: Il disegno di architettura 19, 1999, S. 20–27.
- Graphischer Transfer und mediale Umsetzung
Die ausgeführte Stele ist mit der Zeichnung bis auf einige kleinere Abweichungen in Details identisch. So ist der Turm Rezzonicos im Relief mit einem doppelstöckigen Zinnenkranz versehen und die Ornamente an den Rändern der Schilde oder am eingefügten Schiffsschnabel sind leicht verändert wiedergegeben (Abb. 3). Ein vergleichbares Vorgehen lässt sich auch bei den anderen Zeichnungen für Santa Maria del Priorato in der Morgan Library beobachten. Besonders weitgehend sind die Übereinstimmungen zwischen der Zeichnung für den Hochaltar (Inv. 1966.11:51) und für die rechte rechteckige Stele auf der Piazza dei Cavalieri (Inv. 1966.11:53) mit der Ausführung. Im Unterschied zu den beiden großformatigen und detailliert ausgearbeiteten Kreidezeichnungen für den Deckenstuck (IX 5159-35-26-1 und IX 5159-35-27-1) könnten die wenigen Ungenauigkeiten hier auf den summarischen Charakter der Federzeichnung zurückzuführen sein, in der ornamentale Details oft nur angedeutet erscheinen. Dabei stellt sich die Frage nach der Funktion dieser Zeichnung bzw. der ganzen Zeichnungsgruppe, sind die Blätter doch eigentlich zu klein und unpräzise ausgearbeitet, um als finale Vorlagen für den Bildhauer Tommaso Righi gedient zu haben. Aufgrund der geplanten kleinteiligen Reliefkomposition mit komplexer Ikonographie kann angenommen werden, dass Piranesi sich um eine korrekte Vorgabe der Details bemühte. Daher hätte eine finale Vorzeichnung für die Ausführung eine differenziertere Reliefschichtung und eine ornamentale Gestaltung ‚en detail‘ angeben müssen, also eine fortgeschrittenere Ausarbeitungsstufe als in der vorhandenen Zeichnung. Für die Umsetzung wäre zudem eine Quadrierung des Blattes sinnvoll, mit deren Hilfe die Komposition maßstabsgerecht in das Stuckrelief hätte übertragen werden können. Oder lag es in Righis künstlerischer Freiheit, die Detailgestaltung eigenständig zu vollenden? Natürlich sind auch mündliche Absprachen zwischen Künstler und Stuckateur vor Ort an der Baustelle vorstellbar.
Abb. 3: Detailvergleich: Entwurfszeichnung für die zentrale Stele und ausgeführtes Relief an der Piazza dei Cavalieri di Malta in Rom, 1764–1766, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, IX 5159-35-34-6, und Relief der zentralen Stele (Detail, Foto: Bénédicte Maronnie)
CC0 1.0Georg Kabierske
- Zeichenstil
Die Komposition wurde zunächst mit schwarzem Stift in einer flüchtigen Zeichnung vorskizziert, die sich an einem Gerüst der wichtigsten vertikal und horizontal verlaufenden Konstruktionslinien orientiert. Mit Feder und Tinte wurde diese Skizze dann detailreicher, wenngleich eher schematisch, ausgearbeitet. Zu unterscheiden ist dabei zwischen heute dunkelbraun und hellbraun erscheinenden Tinten, die beide zum Einsatz kamen. Der Zeichner riss die Konturen oft mehrfach nach, wodurch ein unscharfes Gesamtbild erzeugt wird. Verstärkt wird dies durch die summarisch in C-förmigen Strichen oder Kringeln angedeuteten Binnendetails der Ornamente. Pentimenti, also Korrekturen in der Zeichnung, beispielsweise an den Helmen und am Turm Rezzonicos, deuten auf eine noch entwerfende Linienführung hin. Es entsteht der Eindruck, als ob die hellbraune Tinte für eine separate Überarbeitung verwendet wurde. Denn damit wurden Fahnen, Federköcher und diagonale Rundstäbe (Feldherrenstab?) ausgearbeitet oder ergänzt, Konturen des zentralen Rauten- und Rechteckfeldes präzisiert, die vertikal durch die Trophäe laufende Stange an ihrem unteren Ende etwas verlängert sowie die gestrichelten Linien und Maßangaben eingetragen (Abb. 4).
Abb. 4: Entwurf für die zentrale Stele an der Piazza dei Cavalieri di Malta in Rom (Detail), um 1764–1766, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Inv. IX 5159-35-34-6
CC0 1.0Georg Kabierske
- Zuschreibungshypothesen
Für eine Zuschreibung an Giovanni Battista Piranesi spräche die flüchtige Vorzeichnung in schwarzem Stift, der dann eine Ausarbeitung in Tinte folgte, sowie das mehrfache Umreißen der Konturen und die summarisch angedeuteten Details. Der Gesamteindruck ist jedoch sehr trocken und untypisch für seine heute bekannten Zeichnungen. Piranesi neigte dazu, Freiflächen mit kraftvollen Zickzack-Schraffuren zu füllen, wie man sie etwa in der oberen Hälfte des Altarentwurfs (Morgan Library, Inv. 1966.11:51), im schwertförmigen Fassadenornament (Morgan Library, Inv. 1966.11:52) oder im Entwurf für einen Konsoltisch (IX 5159-35-34-4) findet.
In der Karlsruher Zeichnung treten die Zickzack-Schraffuren nur sehr partiell an den Trophäen in hellbrauner Tinte auf, aber keinesfalls in der gewohnten Großflächigkeit. Merkwürdig flach und tendenziell naiv wirkt so manches Detail der dunkelbraunen Federzeichnung, etwa die Schlangenköpfe und Gesichter der Helme. Die Feder folgt nur den bestehenden Umrissen der Vorzeichnung, es fehlt die für Piranesi sonst so charakteristische Betonung der Licht- und Schattenwirkung durch dunkle, fleckenartige Augenhöhlen und expressive Schraffuren. Vergleicht man die Strichführung der beiden Tinten miteinander, entsteht der Eindruck, als sei die hellbraune sicherer und bestimmter gesetzt als die dunkelbraune, was sich insbesondere in der oberen linken Ecke der Trophäenkomposition zeigt (Abb. 5). Die Umrisslinien in hellbrauner Tinte besitzen eine für Piranesi typische Präzision und Fluidität, während die dunkelbraunen Konturen der Schilde deutlich öfter neu angesetzt wurden und in ihrem Verlauf angestrengter wirken. Oder ist dies ein Trugschluss, der eventuell in verschiedenen Zeichenfedern, die eine flüssiger auf dem Papier laufend, die andere mehr darüber kratzend, begründet liegt?
Abb. 5: Entwurf für die zentrale Stele an der Piazza dei Cavalieri di Malta in Rom (Detail), um 1764–1766, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Inv. IX 5159-35-34-6
CC0 1.0Zweifellos gehört dieses Blatt zu den kompositionell fortgeschrittenen Entwürfen des Baudekors von Santa Maria del Priorato in der Morgan Library, New York, und im British Museum, London. Eine direkte und alleinige Zuschreibung der Zeichnungen an Giovanni Battista Piranesi gestaltet sich bei dieser Gruppe jedoch schwierig und benötigt eine grundlegende Diskussion, denn das Karlsruher Blatt kann nur im Kontext der anderen Zeichnungen bewertet werden.
Traditionell wurde die gesamte Gruppe Piranesi selbst zugeordnet, seit kurzem wird die Autorschaft im Online-Katalog der Morgan Library jedoch differenziert gesehen.[1] Die Neuzuordnung an einen unbekannten Werkstattmitarbeiter erfolgte bislang aber nur bei zwei einzelnen Blättern (Inv. 1966.11:50 und 1966.11:53), ohne dabei die ganze Gruppe vergleichend zu berücksichtigen. Die skizzenhafte Vorzeichnung in schwarzem Stift, die der Karlsruher, aber auch allen anderen Zeichnungen dieser Gruppe zugrunde liegt, könnte jeweils von Giovanni Battista Piranesi stammen. In der Zeichnung der rechteckigen Stele (Abb. 6) in der Morgan Library erkennt man dies besonders deutlich, da nur die rechte Hälfte des Blattes mit schwarzer Kreide weiter ausgearbeitet und Konturen sowie Details partiell mit hellbrauner Tinte präzisiert wurden. Die im Onlinekatalog getroffene Zuschreibung dieser detaillierteren rechten Hälfte an einen Werkstattmitarbeiter überzeugt nur bedingt, treten hier doch kompositorisch essenzielle Partien erstmals auf, die in der skizzenhaften linken Blatthälfte noch fehlen. Wieso sollte Piranesi diese Gestaltungsentscheidung einem Mitarbeiter überlassen haben? Vielmehr erscheint es so, als sei zuerst die gesamte Komposition mit Lineal und Zirkel angelegt, dann die rechte Hälfte mit schwarzer Kreide weiter ausgearbeitet und mit brauner Tinte präzisiert worden. Die linke Blatthälfte könnte auch erst im letzten Schritt in schwarzer Kreide skizziert worden sein, um die Komposition in den Grundzügen symmetrisch zu ergänzen.
Abb. 6: Giovanni Battista Piranesi und Werkstatt (?), Entwurf für die rechte Stele an der Piazza dei Cavalieri di Malta in Rom, 1764–1766, schwarzer Stift, Feder und braune Tinte, 405 x 267 mm
© The Morgan Library & Museum. 1966.11:53. Bequest of Junius S. Morgan and gift of Henry S. Morgan.Das in einer weiteren Zeichnung wiedergegebene, unterhalb der zentralen Stele eingelassene Relief (Abb. 7), bislang Piranesi zugeschrieben, wurde hingegen vollständig mit der hellbraunen Tinte in der Art des Karlsruher Blattes überarbeitet, wobei es insgesamt von einer flüssigen Zeichenart und tendenziell an Piranesi erinnernden Schraffuren bestimmt ist.
Abb. 7: Giovanni Battista Piranesi (?), Entwurf für das Relief unterhalb der zentralen Stele an der Piazza dei Cavalieri di Malta in Rom, 1764–1766, schwarzer Stift, Feder und braune Tinte, 216 x 379 mm
© The Morgan Library & Museum. 1966.11:54. Bequest of Junius S. Morgan and gift of Henry S. Morgan.Der mit dem Lineal ausgefüllte Reliefgrund ähnelt den mit schwarzer Kreide gezogenen Strichen der vorangegangenen Zeichnung. Ebenfalls Piranesi zugeordnet, in hellbrauner Tinte und mit schräg verlaufenden Schraffuren überarbeitet, ist das schwertförmige Fassadenornament der Kirchenfassade (Abb. 8); der im British Museum in London aufbewahrte Alternativentwurf wirkt durch die deutlicher sichtbare Vorzeichnung jedoch lebendiger (Abb. 9). Die in den herabhängenden Siegeln angedeutete Schrift findet ihr Äquivalent in der Tabula ansata der Karlsruher Zeichnung (Abb. 10).
Abb. 8: Giovanni Battista Piranesi, Entwurf für ein schwertförmiges Relief an der Fassade von Santa Maria del Priorato in Rom, 1764–1766, schwarzer Stift, Feder und braune Tinte, 159 x 72 mm
© The Morgan Library & Museum. 1966.11:52. Bequest of Junius S. Morgan and gift of Henry S. Morgan.Abb. 9: Giovanni Battista Piranesi, Entwurf für ein schwertförmiges Relief an der Fassade von Santa Maria del Priorato in Rom, 1764–1766, 1764–1765, schwarze Kreide, Feder und braune Tinte, 147 x 55 mm, London, The Trustees of the British Museum, 1908,0616.34, CC BY-NC-SA 4.0 Abb. 10: Detailvergleich: Entwurf für die zentrale Stele an der Piazza dei Cavalieri di Malta in Rom und Giovanni Battista Piranesi, Reliefentwurf für die Fassade von Santa Maria del Priorato in Rom, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Inv. IX 5159-35-34-6 und Abb. 9
CC0 1.0Auch die Darstellung des großen Stuckreliefs für die Decke des Kirchenschiffs (Abb. 11) ist überwiegend in brauner Feder ausgeführt, und die ornamentale Zier der Schilde entspricht in der Ausführung stilistisch der Karlsruher Stele sowie der Zeichnung des darunter liegenden Reliefs in der Morgan Library. Die Ausführung der Figuren in diesem Deckenentwurf, aber auch die für die gesamte Gruppe singuläre Lavierung begründete wohl die kürzlich im Onlinekatalog erfolgte Zuschreibung an einen Werkstattmitarbeiter Piranesis.[2]
Abb. 11: Piranesi-Werkstatt, Entwurf für den Deckenstuck in Santa Maria del Priorato in Rom, 1764–1766, schwarzer Stift, Feder und braune Tinte, 534 x 318 mm
© The Morgan Library & Museum. 1966.11:50. Bequest of Junius S. Morgan and gift of Henry S. Morgan.In der ausgearbeiteten Entwurfszeichnung des Hochaltars, ebenfalls in der Morgan Library, sind vielleicht zwei Zeichenhände erkennbar (Abb. 12). Der Unterbau mit Antependium und Predellazone, möglicherweise eine saubere Kopie einer vorausgegangenen Entwurfszeichnung, könnte von dem Werkstattmitarbeiter stammen, der auch den Deckenstuck mit Lavierung gezeichnet hat. Der flüchtig ausgeführte Altaraufbau dürfte aufgrund des fließenden Duktus, dem lebendigen Hell-Dunkel-Kontrast und den expressiven Schraffuren von Piranesi selbst skizziert worden sein. Allerdings besitzen die summarischen Ornamente des oberen Teils auch eine gewisse Nähe zu dem lavierten Deckenstuck (Abb. 13), was die ganze Problematik der Händescheidung innerhalb der Zeichnungsgruppe noch einmal verdeutlicht.
Abb. 12: Giovanni Battista Piranesi, Entwurf für den Hochaltar in Santa Maria del Priorato in Rom, 1764–1766, schwarzer Stift, Feder und braune Tinte, 470 x 365 mm
© The Morgan Library & Museum. 1966.11:51. Bequest of Junius S. Morgan and gift of Henry S. Morgan.Abb. 13: Detailvergleich: Piranesi-Werkstatt, Entwurf für den Deckenstuck in Santa Maria del Priorato, und Giovanni Battista Piranesi, Entwurf für den Hochaltar in Santa Maria del Priorato, Abb. 11 und 12
© The Morgan Library & Museum. 1966.11:50 und 1966.11:51. Bequest of Junius S. Morgan and gift of Henry S. Morgan.Erschwerend kommt hinzu, dass sich diese „architekturgebundenen“ Zeichnungen für Santa Maria del Priorato kaum in das heute bekannte zeichnerische Œuvre Piranesis einordnen lassen, fehlt doch eine geeignete Vergleichsbasis. Denn bei seinen übrigen Zeichnungen handelt es sich um Figurenstudien, Architekturphantasien, ideale Bauprojekte, Kopien nach der Antike oder Veduten, nicht um konkrete Entwürfe für auszuführende Baudekorationen. Selbst die künstlerisch ansprechenden Kaminentwürfe erscheinen für die Ausführung weitgehend ungeeignet. Beim Umbauprojekt für die Lateransbasilika hingegen fällt es leichter, zwischen den eigenhändigen Entwürfen Piranesis und Partien professioneller Planzeichner der Werkstatt zu unterscheiden.[3]
Daher stellt sich die Frage, wie stark die Funktion der Zeichnung ihre Ausführung bestimmt. Gerade bei den Einzelentwürfen für die dekorative Ausstattung von Santa Maria del Priorato handelte es sich ihrer Funktion nach nicht um eigenständige Kunstwerke wie etwa einer singulären Architekturphantasie, sondern um Kompositionen, die dem ausführenden Bildhauer wohl als Anweisung und Vorlage gegeben werden sollten. Auch wenn unklar ist, wie viele Zeichnungen es pro Relief ursprünglich gegeben hat, erscheint die alleinige Zuschreibung der skizzenhaften Vorzeichnungen an Piranesi als zu einfach, um seiner federführenden Rolle im Entwurfsprozess gerecht zu werden.
Der erneute Blick auf das Karlsruher Blatt der Stele zeigt, dass die angedeuteten Schuppenornamente in der zentralen Raute und an den Schildrändern durchaus eine Nähe zu vergleichbar gezeichneter Ornamentik in einem Kaminentwurf aus der Feder von Giovanni Battista Piranesi aufweisen (Abb. 14). Die hier kurz vorgestellten Überlegungen und Abwägungen machen die Komplexität der Problematik deutlich. Ob es sich bei der Karlsruher Zeichnung und auch bei den übrigen Blättern dieser Gruppe trotz des meist trockenen Zeichenstils nicht doch um überwiegend eigenhändige Entwürfe des Künstlers handeln könnte, bedarf daher weiterer Diskussion.
Abb. 14: Detailvergleich: Giovanni Battista Piranesi, Entwurf für einen Kamin mit Rytha, und Entwurfszeichnung für die zentrale Stele an der Piazza dei Cavalieri di Malta in Rom, Staatliche Museen zu Berlin, Kunstbibliothek, Inv. Hdz 6312r (Fotonachweis: Staatliche Museen zu Berlin, Kunstbibliothek, Fotograf: Dietmar Katz) und Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Inv. IX 5159-35-34-6
CC BY-NC-SA 4.0
Als Zuschreibungsalternative brachte Christoph Frank drei anonyme Federzeichnungen von Santa Maria del Priorato im Sir John Soane’s Museum in London ein, die das Eingangstor, die Kirchenfassade und den Hochaltar wiedergeben.[4] Möglicherweise wurden sie durch Thomas Richardson (gestorben um 1813), einem Mitarbeiter des Architekten James Adam (1732–1794) in Rom nach Vorlagen der Piranesi-Werkstatt kopiert.[5] Stilistisch erinnern die teilweise aus gestrichelten Linien unsicher aufgebauten Konturen an Elemente der Karlsruher Stelenzeichnung, wie etwa die Helme oder Schilde. Ob diese Zeichenhand dabei nicht nur kopierte, sondern wie von Frank vermutet dabei tatsächlich auch an den Blättern der Piranesi-Werkstatt selbst beteiligt war, ist weiter zu diskutieren.
Dass die drei Zeichnungen (IX 5159-35-34-6, Abb. 6, 7) für den Vorplatz der Kirche Santa Maria del Priorate in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Bauprojekt stehen, belegen die in der römischen Maßeinheit palmo romano (ca. 0,22 m)[6] eingetragenen, vermutlich realen Maße der Reliefs. Wie Christoph Frank erstmals treffend bemerkte, deckt sich die Handschrift dabei stilistisch mit dem Rechnungsbuch Libro dei conti[7] des leitenden Maurermeister Giuseppe Pelosini in der Avery Architectural Library in New York (Abb. 15), das nach Abschluss der Bauarbeiten, vermutlich auf Grundlage von Notizen, einheitlich neu verfasst wurde. Es handelt sich dabei aber nicht um Pelosini selbst, dessen eigene Handschrift auf der letzten Seite des Rechnungsbuches deutliche Schreibschwierigkeiten zeigt. Inwiefern dieser anonyme Schreiber als Zeichner an den Blättern beteiligt war und sich dadurch der eigenwillige Stil erklären könnte, ist ungewiss. Der handschriftliche Bezug zum Libro dei conti könnte laut Christoph Frank darauf hindeuten, dass es sich bei den Zeichnungen um jene Entwürfe handelt, die in Zusammenhang mit dem zwischen Auftraggeber, Architekt und ausführendem Maurermeister geschlossenen initialen Bauvertrag die auszuführenden Arbeiten noch vor Baubeginn dokumentieren sollten. Dies würde auch die partiellen Abweichungen zwischen Zeichnung und Stuckrelief erklären, die bei Kopien nach den vollendeten Reliefs nicht auftreten würden.
Abb. 15: Rechnungsbuch für Santa Maria del Priorato, sog. Libro dei conti (Notes pertaining to the reconstruction of the Church of Santa Maria Aventino [Priorato]), Schriftbeispiel mit Maßangaben, 1766–1767, New York, Avery Architectural & Fine Arts Library, Inv. AE659 P6693 Georg Kabierske
Einzelnachweis
1. The Morgan Library & Museum, New York, Inv. 1966.11:53: https://www.themorgan.org/drawings/item/142428 und https://www.themorgan.org/drawings/item/142429 (eingesehen am 24.10.2021).
2. The Morgan Library & Museum, New York, Inv. 1966.11:50: https://www.themorgan.org/drawings/item/142429 (eingesehen am 24.10.2021).
3. Siehe beispielsweise The Morgan Library & Museum, New York, Inv. 1966.11:55: https://www.themorgan.org/drawings/item/142422 (eingesehen am 24.10.2021) oder Bent Sørensen: The Project for the Reconstruction of the Lateran Basilica in Rome, in: Sarah E. Lawrence (Hg.): Piranesi as Designer, New York 2007, S. 170–201.
4. London, Sir John Soane’s Museum, Inv. Adam vol.27/48: http://collections.soane.org/OBJECT1766 (eingesehen am 01.11.2021); Adam vol.26/177: http://collections.soane.org/OBJECT1698 (eingesehen am 01.11.2021); Adam vol.26/178: http://collections.soane.org/OBJECT1699 (eingesehen am 01.11.2021).
5. Zu Thomas Richardson siehe Alan A. Tait: The Adam Brothers in Rome. Drawings from the Grand Tour. London 2008, S. 125f, 130. Zur Zuschreibung der Zeichnungen an Richardson siehe den Katalogeintrag des Sir John Soane’s Museum London, Inv. Adam vol.27/48, Adam vol.26/177, Adam vol.26/178.
6. Pierluigi Panza: Piranesi architetto, Mailand 1998, S. 121.
7. Joseph Connors: Il Libro dei conti della Avery Library della Columbia University, in: Barbara Jatta (Hg.): Piranesi e l’Aventino, Ausst. Kat. Rom, Santa Maria del Priorato, Mailand 1998, S. 86–94; für eine Transkription des libro dei conti siehe Pierluigi Panza: Piranesi architetto, Mailand 1998, S. 121–174
- Kunsthistorische Bedeutung
Der Entwurf für die zentrale Stele in einem der Klebealben der Kunsthalle Karlsruhe steht in unmittelbarem stilistischem Zusammenhang mit zwei weiteren Zeichnungen für die Piazza dei Cavalieri di Malta in der Morgan Library in New York, die sich zudem einer übergreifenden Gruppe von Entwürfen für Santa Maria del Priorato zuordnen lassen. Auch wenn die Frage nach der exakten Zuschreibung weiterhin zu diskutieren ist, wird einmal mehr der direkte Zusammenhang der Karlsruher Klebealben mit dem Piranesi-Konvolut der Morgan Library deutlich. Dank des Karlsruher Bestandes, der neben dieser Stele noch zwei weitere Zeichnungen für den Deckenstuck in der Kirche (IX 5159-35-26-1 und IX 5159-35-27-1) enthält, wächst der Corpus der bekannten Entwurfszeichnungen für Santa Maria del Priorato nun auf insgesamt 12 Blätter an.
Georg Kabierske
- Merkmale des Papiers
Ohne Wasserzeichen
Herstellungsmerkmale:
Ungefärbt; relative hohe Stärke und Festigkeit, knötchenhaltiger Faserstoff; Stegschatten schwer erkennbar; feine Siebstruktur; deutliche Filzmarkierung, aber insgesamt ebenmäßige Oberfläche; gelatinegeleimt; im Reflexlicht leichter Glanz.
Maria Krämer
- Merkmale der Zeichenmedien
Schwarze Kreide: Leicht aufgetragen; feine, rundliche Partikel; auf den Erhebungen aufliegend (Detail 1).
Feder in Braunschwarz (Eisengallustinte): Je nach Auftragsstärke braune bis schwarze Linien; braune Federpartien mit deutlichen Trocken- und Schwemmrändern; teils deutliche Überarbeitungen einzelner Linien mit konzentrierterer und daher deckender schwarzer Tinte (Detail 2), wirkt pastos und verkrustet (Detail 2, close-up); teils auch fließende Übergänge innerhalb einer Linie von hellbraun zu schwarz (Details 3 und 4); leichte Transparenzzunahme in der IR-Reflexion (IRR, Abb., zoomen Sie hier in das Blatt), Auslöschung von UV-Strahlung, auch als Höfe um die Linien (UVF, Abb., zoomen Sie hier in das Blatt, Hinweis auf Metallgehalt).
Maria Krämer
- Zeichnerischer Prozess
Die Darstellung wurde mit schwarzer Kreide vorgezeichnet und in Feder ausgearbeitet. Die Konstruktionsachsen und geraden Linien in Kreide wurden mit einem Lineal gezogen. Einstichlöcher an markanten Kreuzungspunkten deuten auf eine sorgfältige Konstruktion mit einem Zirkel hin. Die Vorzeichnung wurde teils in breiten, undeutlich definierten Linien skizziert. Das Nachfahren der Konturlinien mit der Feder erfolgte in kurzen, abgesetzten Zügen, bei denen kurze Linien häufig überlappend nebeneinander gesetzt wurden. Hellere, transluzente und dunklere, deckende Bereiche des Tuscheauftrags sind durch den Prozess des Zeichnens zu erklären: Die helleren Partien wurden in einem ersten Zeichenschritt gezogen, in einem zweiten wurden akzentuierende, heute tiefschwarz erscheinende Linien hinzugefügt. Entstanden sind die Unterschiede als Folge einer unterschiedlich stark verdünnten Tinte oder auch durch unterschiedlich zusammengesetzte Tinten. Möglich ist beispielsweise eine Zusammensetzung, bei der Eisengallustinte einer Pigmenttusche auf Kohlenstoffbasis (Bister) beigemischt wurde. Die verwendeten Materialien und Zeichentechniken ähneln bzw. entsprechen denen der drei Zeichnungen für das gleiche Projekt in der Sammlung der Morgan Library (Inv. 1966.11.52; 1966.11.53; 1966.11.54).
Maria Krämer
- Merkmale historischer Nutzung
An vier Kanten beschnitten; verso an allen vier Ecken und in der Mitte der langen Kanten Klebepunkte (frühere Montierung), auch recto Klebepunkte im Bereich der Zeichnung, teilweise mit anhaftenden Papierfasern (UVF, Abb., zoomen Sie hier in das Blatt); im unteren Blattdrittel waagrechte Faltspur (in beide Richtungen geknickt), parallel darüber weitere Faltspur (Talfalte); vereinzelte gelb fluoreszierende Flecke (UVF, Abb.).
Maria Krämer
- Prozesse historischer Nutzung
Obwohl die Zeichnung Teil eines Architekturprojekts in Piranesis Werkstatt war und Beschriftungen mit Maßangaben auf eine Verwendung für die Umsetzung der Stele hindeuten, weist das Blatt keine Spuren eines Übertragungsverfahrens auf. Möglicherweise war die kleine Skizze Vorlage für eine weiterentwickelte Zeichnung des Entwurfs.
Montierungshistorie
Klebepunkte einer früheren Montierung sind auch von der Vorderseite des Blattes deutlich als verbräunte Flecke sichtbar. Der gealterte Klebstoff fluoresziert heute deutlich gelb (UVF, Abb., zoomen Sie hier in das Blatt).
Maria Krämer
Schlagwörter
- Relief
- Giovanni Battista Piranesi
- Piranesi-Werkstatt
- Schwarze Kreide
- Schiffsschnäbel
- Santa Maria del Priorato
- Parere su l’architettura
- Eisengallustinte
- Giovanni Battista Rezzonico
- Tomasso Righi
- Aventin
- Rom
- Malteser-Orden
- Stuckrelief
- Trophäe
- Schild
- Helm
- Turm
- Stuck
- Braune Tinte
- Standarte
- Tabula ansata
- Hochaltar
- Stele
- Adler
- Feder in Braunschwarz
- IX 5159-35-34-6
GND-Begriffe
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