Das Gesims ist in einer Tafel des 1774/75 publizierten Druckwerks Trofeo o sia manifica colonna Coclide abgebildet (Abb. 2).
Abb. 2: Giovanni Battista Piranesi, Gesims vom Sockel der Trajanssäule und weitere Ornamente, in: Trofeo o sia manifica colonna coclide, Rom, 1774–1775, 388 x 528 mm, Tafeln nicht nummeriert, Museumslandschaft Hessen Kassel, SM-GS 6.2.697CC BY-NC-SA 3.0 In dieser Serie sind neben der Trajanssäule auch die Marc-Aurel-Säule und die Antoninus-Pius-Säule illustriert, die aber erst später hinzugefügt wurden und auch separat zum Verkauf standen.[1] Piranesis Biograf Legrand berichtet, dass Piranesi bereits 1755 vorhatte, die Trajanssäule zu publizieren, was jedoch nicht vor 1774 geschah.[2] Die Trajanssäule galt Reisenden und Künstlern damals als unumgängliches Vorbild, das vor Ort oder nach gedruckten Wiedergaben studiert wurde. Ihre Reliefs und Ziermotive wurden bereits in der Renaissance in zahlreichen Zeichnungen und Druckwerke rezipiert.[3] Eines von ihnen war das Nachschlagewerk von Pietro Sante Bartoli und Giovan Pietro Bellori (1673), das sicher auch von Piranesi konsultiert wurde.[4] Piranesis Trofeo o sia Manifica colonna Coclide ist repräsentativ für seine verschiedenartige und innovative Gestaltung der Tafelkompositionen im Rahmen archäologischer Illustrationen. Wie schon in den Antichità romane (1756) werden vollständige und präzise Angaben zu römischen Monumenten und Bauwerken gegeben. Die Trajanssäule wird anhand von sechs zusammengehörigen Druckplatten in monumentaler Größe detailreich beschrieben. Zusätzlich werden Ansichten der Monumente in Form von malerischen Veduten, technisch-deskriptive Schnittdarstellungen von Säulenteilen mit Maßangaben, verschiedene Ansichten und ornamentale Details des Säulensockels und schließlich eine Karte mit der Verortung der Säule in der Stadt abgebildet. Legrand lobte besonders die gekonnte Wiedergabe und Vielfalt der dargestellten Rüstungselemente und weiterer Ornamente, die „ein nützliches Repertoire für Maler und Bildhauer“ bilden.[5] Dies ist der Kontext, in dem das Gesims des Sockels der Trajanssäule bei Piranesi abgebildet wurde. Die Zeichnung ist seitenverkehrt und etwas kleiner als im Druck. Dieser ist der Zeichnung jedoch sehr nah, sowohl in den motivischen Details als auch in der Ausführung der Linien bzw. der Zeichnung. Daher liegt die Vermutung nahe, dass eine vergleichbare Zeichnung zur Umsetzung des Motivs auf die Druckplatte diente.
Die Druckserie der Trofeo o sia manifica colonna Coclide ist repräsentativ für die kollektive Werkstattarbeit um die Mitte der 1770er Jahre. Dafür spricht nicht nur die Verwendung von Lhuilliers Zeichnungen. Der Eingriff eines Werkstattmitglieds, namentlich von Francesco, der einige Tafeln signierte, ist zum Beispiel auf Tafel 20 im Hinblick auf den Zeichenstil – man beachte die für Giovanni Battista ungewöhnlich großen Figuren und ihre steife Wiedergabe – erkennbar. Francescos Signatur belegt, dass er in der ersten Hälfte der 1770er Jahre an den Werken seines Vaters bereits sehr aktiv mitarbeitete. Die Behauptung, der Zeichner Vincenzo Dolcibene (um 1746–1820) hätte bei der Herstellung einiger Vorzeichnungen mitgeholfen, ist in der Literatur zwar verbreitet, kann aber bislang nicht belegt werden.[6]
Wenn für das Sockelgesims eine Zeichnung Lhuilliers verwendet wurde, stellt sich ferner die Frage, nach welchem Vorbild die Ornamentdetails des Säulenreliefs gezeichnet wurden. Ein solches Monument zu erklimmen, um die Reliefs aus der Nähe sehen zu können, war nicht einfach und nur mit Erlaubnis möglich (siehe Essay „Rosetten-Zeichnungen" ).[7] Die im 17. Jahrhundert hergestellten Gipsabgüsse der Reliefs der Trajanssäule erlaubten vor allem für die höher gelegenen Teile einen näheren und einfacheren Zugang und konnten beim Zeichnen als Vorlage benutzt werden.[8] Der Direktor der Académie de France Charles-Joseph Natoire (1700–1777) hatte 1755 einige dieser Gipse aus der Sammlung der Académie in seinem eigenen Garten in der Nähe des Palatins deponiert, zu denen er den Zeichnern freien Zugang gewährte.[9] Sie wurden nach Natoires Tod von Giovanni Battista Piranesi erworben und 1783 von Francesco Piranesi an Gustav III. von Schweden verkauft.[10] Höchstwahrscheinlich wurden für die Radierungen von Piranesis Serie daher nicht nur Publikationen wie die von Bartoli und Bellori hinzugezogen, sondern auch diese Gipse. Speziell für die Darstellung des Sockels hat die hier besprochene Zeichnung als Vorlage gedient: Das Beispiel der Trajanssäule verdeutlicht somit die sich ergänzenden Vorlagen von Druckgraphiken, Zeichnungen und Gipsabgüssen für die Annäherung an schwer zugängliche antike Monumente im 18. Jahrhundert.
Weitere Zeichnungen in Karlsruhe sind mit der Druckserie Trofeo o sia Manifica colonna Coclide verbunden: Zwei Zeichnungen der bekrönenden Statue des Paulus (IX 5159-36-5-1 , IX 5159-36-11-1 ) sowie ein Teil der Viktorien-Girlanden vom Sockel der Marc-Aurel-Säule (IX 5159-36-30-1v ). Beide weisen auf eine Mitarbeit der Werkstatt hin.
Bénédicte Maronnie
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