Auf dieser Rückseite hat sich Giovanni Battista Piranesi einige Notizen gemacht, die sich möglicherweise auf seine Kompositionen des Newdigate-Kandelabers (Inv. IX 5159-35-46-1) beziehen. Seine schwungvolle Handschrift ist gut zu identifizieren.
Werkdaten
Künstler
Handschrift von Giovanni Battista Piranesi
Ort und Datierung
Rom, vor 1778 (?)
Abmessungen (Blatt)
650 x 258 mm
Inventarnummer
IX 5159-35-10-1v
- Zeichenmedien
Feder und schwarze Tinte
- Beschriftungen
In der Handschrift von Giovanni Battista Piranesi mit Feder in schwarzer Tinte bezeichnet: „Patina/parte sul Tripode e patina/ [unleserlich] la padella sopra/inventare il bassorilievo e 3 Zampe/Camino [Canine?]/ fregio Terre Cote” = “Patina/Teil auf dem Tripod und Patina/ [#] der Kessel darüber/ das Relief mit 3 Beinen erfinden/ Kamin [Hundebeine?]/ Fries (aus?) Terrakotta”
- Literatur
Bénédicte Maronnie, Christoph Frank und Maria Krämer : Nouvelle lumière sur l’album de dessins Vogel-Escher de la Zentralbibliothek de Zurich. Copies et circulation de dessins d’architecture et d’ornements dans l’entourage de Johann Joachim Winckelmann, Giovanni Battista Piranesi et Nicolas François-Daniel Lhuillier, in: Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte 76, 2019, S. 19–44.
- Hadernpapier
Vergé; italienische Herstellung (vermutlich in den Marken oder Umbrien, Pioraco oder Foligno); Zeichnung auf der Filzseite; weitere Informationen siehe: Merkmale des Papiers
- Rückseite
Das Werk im Detail
- Kurzbeschreibung
In sechs Zeilen übereinander sind hier in der Handschrift von Giovanni Battista Piranesi verschiedene Elemente aufgelistet, die erstmals Christoph Frank hypothetischen in Bezug zum Newdigate-Kandelaber (IX 5159-35-46-1) setzte: „Patina / Puto sul Tripode e patina / # la padella sopra / inventare il basamento e/a (?) 3 zampe canino / fregi terre cote“. Folgt man seiner Interpretation, so könnte sich „Puto sul Tripode“ („Putto auf dem Dreifuß“) auf jenen den Kandelaber im oberen Teil schmückenden Faun beziehen, „la padella sopra“ („die Schale darüber“) auf die flache Schale, die er über seinen Kopf trägt und schließlich „inventare il basamento e/a 3 zampe canine“ („Erfindung der Basis und/oder 3 Hundepfoten“) auf die drei zoomorphen Füße, die den Kandelaber als Basis stützen, auch wenn diese in der Ausführung des Kandelabers als Löwentatzen ausgebildet sind. Ein solcher Wortfehler könnte im Zuge der flüchtigen Notiz entstanden. Die Worte „fregi terre cote“ („Terrakottafriese“) lassen zwar keine direkte Übereinstimmung mit dem Kandelaber erkennen, doch könnten Terrakottafriese als Inspirationsquelle für einzelne Elemente des Kandelabers gedient haben.
Die Beschriftung erscheint besonders bemerkenswert, da jenseits des Newdigate-Kandelabers keine Marmorkomposition von Piranesi bekannt ist, auf die diese Elemente zutreffen würden. Es wäre möglich, dass Piranesi in dieser Notiz Elemente auflistete, die für die Gesamtkomposition des Kandelabers neu anzufertigen waren, sie sich also konkret auf die Ausführung des Marmorkandelabers bezieht. Da die Zeichnung der Medici-Ranke auf der Vorderseite des Blattes 1771 in den Vasi, candelabri Verwendung fand, ist es denkbar, dass ihre Rückseite im Anschluss wie so oft in der Werkstatt Piranesis als Skizzen- oder in diesem Fall als Notizpapier verwendet wurde. Dass es sich hier um die Handschrift von Giovanni Battista Piranesi handelt, zeigt der Vergleich mit einigen Beispielen aus den Taccuini in Modena (siehe zum Beispiel Taccuino A, gamma.y.06.33 fol. 25v).
Georg Kabierske und Bénédicte Maronnie
- Merkmale des Papiers
Referenz: Andrew Robison: Piranesi: Early Architectural Fantasies. A Catalogue Raisonné of the Etchings, Washington [u.a.]: National Gallery of Art 1986, S. 221–224, Nr. 14–16 (Varianten, 1761–1790er Jahre); Edward Heawood: Watermarks Mainly of the 17th and 18th Centuries. Hilversum: Paper Publications Society 1950, Tafel 217, Nr. 1584 (Variante, in: J. d. Barros: da Asia, Lissabon 1777)
Sammlungen
Karlsruher Alben:
Identische: IX 5159-35-13-1; IX 5159-35-15-2; IX 5159-35-16-1
Nahe Varianten: IX 5159-35-19-1
Varianten: IX 5159-35-11-1; IX 5159-35-13-2; IX 5159-35-21-1; IX 5159-35-24-1 (die zuvor genannten sind identisch zueinander, die nachstehenden ohne Partner); IX 5159-35-3-3
Corpus Chartarum Italicarum:
Variante: icpl.cci.V.010.aPierpont Morgan Library
Accession Number 1966.11:35 (Variante)[1]
Zentralbibliothek Zürich FA Escher vG. 188.6, Falz hinten: 2/2
Herstellungsmerkmale:
Ungefärbt; mittlere Stärke; sehr nachgiebig (siehe auch: Merkmale und Prozesse historischer Nutzung); knötchenhaltiger Faserstoff; feine Siebstruktur mit Stegschatten; markante Filzmarkierung und Siebmarkierung; gelatinegeleimt; manuelle Glättung (verpresste Knötchen im Papiervlies); im Reflexlicht kein Oberflächenglanz.Ungefärbt; mittlere Stärke, sehr nachgiebig (s. auch IX 5159-35-10-1 Merkmale und Prozesse historischer Nutzung; knötchenhaltiger Faserstoff; feine Siebstruktur, mit Stegschatten; markante Filz- und Siebmarkierung; gelatinegeleimt; händische Glättung belegt durch verpresste Knötchen im Papiervlies; kein Oberflächenglanz im Reflexlicht.
Maria KrämerEinzelnachweis
1. Lunette with Trophies; Winged Serpents, and Dolphins in Spandrels
- Merkmale der Zeichenmedien
Beschriftung in Feder in Braun (Eisengallustinte): hellbraun bis tief dunkelbraun variierend je nach Auftragsstärke; dunkle Trocknungsränder (Detail 1 und 2); ungleichmäßige Anlagerung in den Tälern der Papieroberfläche (Detail 3); Auslöschung von UV-Strahlung im Auftragsbereich und angrenzenden Höfen (UVF, Abb.), teils daran angrenzend schwach sichtbare Fluoreszenz; geringe Absorption von IR-Strahlung, dadurch in diesem Strahlungsmodus in allen Bereichen durchscheinender (IRR, Abb.)
Detail 1a: Tintenauftrag, Spreizung der Feder in der Unterlänge des Buchstabens „Z“; Trocknungsränder innerhalb des Strichs;
Foto: Maria KrämerDetail 1b: Close-up
Trocknungsrand
Foto: Maria KrämerDetail 2: Tintenstrich mit dunklem Trocknungsrand
Foto: Maria KrämerDetail 3: Tinte in unterschiedlicher Auftragsstärke, vertikale Schleife des Buchstabens „h“ nachgebessert, Tinte stellenweise in das Papier eingesunken
Foto: Maria KrämerNicht zu der Entstehung der Zeichnung gehörige Farbmittel: Verschmierte Fingerabdrücke von Tinte, vermutlich von der Hand des Schreibers; rings um die vertikalen Knickfalte Ablagerungen einer bräunlichen Substanz, von der Spuren auch auf dem Blatt verteilt liegen (Detail 4); an mehreren Stellen Kleckse eines grauen Farbmittels, oberhalb der Beschriftung als Fingerabdruck übertragen (Detail 5).
Detail 4: Ablagerung bräunlicher Substanz
Foto: Maria KrämerDetail 5a: Als Fingerabdruck übertragenes, graues Farbmittel (oberhalb der Beschriftung)
Foto: Maria KrämerDetail 5b: Close-up
Als Fingerabdruck übertragenes, graues Farbmittel (oberhalb der Beschriftung)
Foto: Maria KrämerMaria Krämer
- Zeichnerischer Prozess:
Die Beschriftung wurde mit einer (heute braunfarbigen) Tinte (Eisengallustinte) ausgeführt, die sich durchscheinend bis deckend auf das Papier übertragen hat. Die für das Schreiben verwendete Kielfeder zeigt die für dieses elastische Instrument typischen, je nach ausgeübtem Druck schmalen bis breit anschwellenden Linien; an einigen Stellen wurde die gespaltene Federspitze so vehement gespreizt, dass die Tinte zwei parallele Spuren hinterließ (Details 1 und 2). In der letzten Zeile erkennbar an dem schwächer werdenden Strich ist das allmähliche Versiegen der Tintenflüssigkeit, erst das letzte Wort ist mit wieder befüllter Feder geschrieben. Einige, zuerst nur schwache Linien wurden nachgebessert (Detail 3).
Die Tinte zeigt Merkmale der Eisengallustinte, denn sie erscheint abgeschwächt unter Infrarot-Reflexion (IRR) und dunkel unter UV-Strahlung (UVF). Die deutlichen Trocknungsränder, die auch innerhalb der Linien verlaufen (Detail 1), sprechen zusätzlich für einen Anteil von Partikeln bzw. Pigmenten in der Tinte, etwa als Beimischung von Ruß- oder Bistertusche oder eine abgestandene Eisengallustinte.
Maria Krämer
- Merkmale historischer Nutzung:
An den langen Kanten beschnitten, o. u. u. Büttenrand erhalten; heutige weiche, fast lappige Griffigkeit und deutliche Anzeichen von Feuchtigkeitseinwirkung und Handhabung im nassen Zustand; gekreuzte Faltlinien (senkrecht und waagrecht mittig), zusätzlich Knicke und Bestoßungen der Ränder; flächiger Rötelschleier; historische Hinterklebung eines Risses oben. Paarige Stecknadeleinstiche, an den Rändern o. und u.; dort auch gelblich fluoreszierend (UVF, Abb.); flächig gelbliche Fluoreszenz, mittig hingegen abgegrenzt dunkel; Klebepunkte an den Ecken und in der Mitte der langen Kanten, Papier dort teilweise ausgerissen und mit Fehlstellen durch Insektenfraß (frühere Montierung); Insektenschmutz und gelb fluoreszierende Flüssigkeitsränder zeugen von einer Zeit der unachtsamen Aufbewahrung.
Maria Krämer
- Prozesse Historischer Nutzung:
Das Papier zeigt großflächige unabsichtliche Ablagerungen von Rötel, die aber nicht direkt in Verbindung mit Übertragungs- oder Vervielfältigungstechniken an diesem Blatt in Verbindung zu bringen sind. Erkennbar ist, dass das Blatt mit einem anderen Blatt eingepresst wurde, vermutlich als es als Unterlage bei einem Abklatsch verwendet wurde. Dabei hat die gegenläufige Siebstruktur des aufgelegten Blattes eine zweite Oberflächenstruktur auf der Rückseite der Zeichnung eingebracht. Dies erzeugte ein gitterförmiges Muster, das an einigen Stellen erkennbar ist. Das Rötelpigment, das sich entlang von Erhebungen, aber vorwiegend in den Tälern des Papiers abgelagert hat, bildet sich entsprechend gitterförmig ab. Der Rötel ist bei einem rückseitigen Befeuchten der Zeichnung breit verwischt worden, etwa in Zusammenhang mit der Herstellung eines Abklatsches.
Maria Krämer
Schlagwörter
- Giovanni Battista Piranesi
- Italienisches Papier
- Beschriftungen verso (Stilistische Gruppe)
- Verso
- Lilie im Kreis (Beizeichen: B und V)
- IX 5159-35-10-1v
- Feder und schwarze Tinte
- Newdigate-Kandelaber
GND-Begriffe
Permalink | piranesi.kunsthalle-karlsruhe.de/de/werk/41/beschriftung
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