Die Pause zeigt drei bacchische Figuren: links Bacchus, in der Mitte eine tanzende Mänade und rechts einen Satyr. Sie sind in derselben Reihenfolge wiedergegeben wie auf einer reliefierten Marmorvase (auch als Ascheurne bezeichnet) aus der Piranesi-Werkstatt, die sich heute in der Library von Gorhambury House (Hertfordshire) befindet.[1]
Den Angaben der Drucktafeln der Vasi, candelabri (u.a. Tafel 90) zufolge hatte das englische Sammlerpaar Edward (1727–1780) und Harriot Walter[2] während seines Romaufenthalts zwischen Mitte des Jahres 1770 und April 1771 mehrere Werke für die Ausstattung seiner Villa in Berry Hill (Surrey, England, oft auch Bury Hill genannt) bei Piranesi erworben. Dazu zählten die bereits erwähnte Vase mit bacchischem Relief, die auf der Taf. 85 unter dem Titel „Vaso cinerario antico“ abgebildet ist (Abb. 1, im Katalog von 1792 datiert auf 1770), eine weitere Vase (Taf. 74) und zwei Kamine.[3]
Abb. 1: Giovanni Battista Piranesi, Antike Vase (Ascheurne), Radierung, in: Vasi, candelabri , 1778, Taf. 85, Museumslandschaft Hessen Kassel, Kupferstichkabinett, SM-GS 6.2.696CC BY-NC-SA 3.0
Edward und Harriot Walters Tochter (Harriot Bucknall, um 1754-1786) lebte ab 1784 mit ihrem Mann James Bucknall (1749-1809), dritter Viscount von Grimston und Baron Verulam of Gorhambury, in Gorhambury House, wohin die Sammlung transferiert wurde.[4] Bucknall hatte Piranesi während seines Romaufenthaltes (November 1771–Januar 1772) ebenfalls kennengelernt und angefangen seine Zeichnungen zu sammeln, sodass die Gorhambury House bis heute zu den wichtigsten Privatsammlungen von Werken Piranesis zählt.
Die Figuren des Bacchus und der tanzenden Mänade gehören zu einem der bekanntesten antiken Sammlungsstücke der Zeit, der sogenannten Borghese-Vase (Abb. 2a/b).[5]
Abb. 2a: Boghese-Vase (Details), römische Kopie in Marmor nach einem griechischen Original in Bronze aus der 2. Hälfte des 1. Jahrhunderts v. Chr., 175 x 140 cm, Paris, Musée du Louvre, Inv. Ma 86 (MR 985) © 1993 Musée du Louvre / Christian Larrieu (Permalink )Abb. 2b: Boghese-Vase (Details), römische Kopie in Marmor nach einem griechischen Original in Bronze aus der 2. Hälfte des 1. Jahrhunderts v. Chr., 175 x 140 cm, Paris, Musée du Louvre, Inv. Ma 86 (MR 985) © 1996 Musée du Louvre / Patrick Lebaube (Permalink )
Im 18. Jahrhundert verbreitete sich das Relief der Vase durch zahlreiche gezeichnete und gedruckte Wiedergaben europaweit,[6] beispielsweise durch die Stichwerke von François Perrier (1645) und Pietro Santi Bartoli (Abb. 3).[7] In der Folge wurde es unabhängig von der Vase zu einem häufig zitierten Ornamentmotiv im Bereich der angewandten Kunst und der Innenausstattung. Auch Piranesi bildete dieses Ornamentmotiv als Abrollung im Stichwerk Vasi, candelabri ab (Abb. 4, im Katalog von 1792 datiert 1777).
Abb. 3: Relief der Borghese-Vase, Radierung, in: Pietro Santi Bartoli/Pietro Bellori, Admiranda romanorum antiquitatum ac veteris sculpturae vestigia , Rome 1693 (2. Aufl.), Taf. 51, Heidelberg, Universitätsbibliothek, C 5547 B Gross RESPublic Domain Mark 1.0 Abb. 4: Giovanni Battista Piranesi, Abrollung der Borghese-Vase, Radierung, in: Vasi, candelabri , 1778, Taf. 100, Biblioteca Histórica de la Universidad Complutense de Madrid. BH GRL 13(112) CC BY-NC 4.0
Da die Figuren in der geölten Zeichnung nicht gleich groß sind, kann ausgeschlossen werden, dass diese als direkte Vorzeichnung für den Druck diente. Sie wurden auch nicht nach dem Druck kopiert. Bacchus und die Mänade wurden von einer weiteren Karlsruher Zeichnung (IX 5159-36-20-1) abgepaust, ebenso wie die dritte Figur des Satyrs von einer anderen Karlsruher Zeichnung (IX 5159-36-11-2) abgepaust wurde, die nicht vom Relief der Borghese-Vase stammt (so auch von Maria Krämer nachgewiesen, siehe Zeichnerischer Prozess ). Darstellungen von Satyrn gehörten seit der Renaissance zum antiquarisch-archäologischen Motivrepertoire und waren auch zur Zeit Piranesis weit verbreitet. Sie finden sich in verschiedenen Varianten in vielen antiken Kandelabersockeln, wie die Darstellung im Codex Coburghensis (Abb. 5) beispielhaft zeigt.[8] Nach einem dieser Darstellung vergleichbaren und in der Antike seriell produzierten Objekt muss der Satyr gezeichnet worden sein.
Abb. 5: Anonymer Zeichner des Codex Coburghensis , Altar: Mänade und zwei Satyrn, Mitte 1550er Jahre, Feder in Braun und Pinsel in Grau, 16,1 x 22,7 cm, in Papierumrahmung, © Kunstsammlungen der Veste Coburg , Kupferstichkabinett, Hz.002.NR.82, fol. 82aBénédicte Maronnie
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