Zu den großformatigen Radierungen von Giovanni Battista Piranesi gehört eine eindrucksvolle Darstellung der Marc-Aurel-Säule in Rom. Die Zeichnung zeigt ein Detail der gedruckten Ansicht: die das Monument bekrönende Figur des Paulus, die unter Papst Sixtus V. (1585–1590) hergestellt wurde. Ursprünglich war an dieser Stelle eine Statue von Marc Aurel zu sehen, die jedoch im 16. Jahrhundert bereits nicht mehr vorhanden war.
Werkdaten
Künstler
Giovanni Battista Piranesi (1720–1778) (?) und Zeichner der Piranesi-Werkstatt, Gruppe 3
Ort und Datierung
Rom, vor 1775
Abmessungen (Blatt)
444 x 215 mm
Inventarnummer
IX 5159-36-5-1
- Zeichenmedien
Schwarzer Stift (Kreide) mit fetthaltigem Bindemittel über Konstruktionszeichnung in Rötel, mit Spuren von Graphit; weitere Informationen siehe: Merkmale der Zeichenmedien
- Beschriftungen
Keine
- Literatur
Georg Kabierske: A Cache of Newly Identified Drawings by Piranesi and His Studio at the Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, in: Master Drawings 53, 2015, S. 147–178, hier S. 157, Abb. 16; Georg Kabierske: Weinbrenner und Piranesi. Zur Neubewertung von zwei Grafikalben aus dem Besitz Friedrich Weinbrenners in der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe, in: Brigitte Baumstark/Joachim Kleinmanns/Ursula Merkel (Hg.): Friedrich Weinbrenner, 1766–1826: Architektur und Städtebau des Klassizismus, Ausst. Kat. Karlsruhe, Städtische Galerie und Südwestdeutsches Archiv für Architektur und Ingenieurbau, Petersberg 2015 (2. Aufl.), S. 75–87, hier S. 78, Abb. 4.
- Hadernpapier
Vergé; vermutlich italienische Herstellung; Papierseite der Zeichnung nicht zuweisbar; weitere Informationen siehe: Merkmale des Papiers
- Rückseite
Keine erkennbaren Hinweise auf eine rückseitige Bezeichnung oder Beschriftung
Das Werk im Detail
- Bildgegenstand und ikonographische Bedeutung
Auf diesem Blatt ist die Statue des Heiligen Paulus auf einem hohen Sockel dargestellt, die auf der Marc-Aurel Säule (im italienischen auch „Colonna Antonina“ genannt) in Rom steht. Die antike Ehrensäule wurde auf der Via Lata (heutige Via del Corso) auf dem Marsfeld (heute Piazza Colonna) unter Kaiser Marc Aurel (161–180 n. Chr.) nach dem Sieg über die Germanen und Sarmaten (176 n. Chr.) errichtet. Im Jahr 193 n. Chr. war die Säule fertiggestellt. Die Statue des Heiligen Paulus wurde jedoch erst während Restaurierungsmaßnahmen, die 1589 von Sixtus V. (Papst 1585–1590) unternommen wurden, anstelle der ursprünglich die Säule krönenden, mit der Zeit beschädigten Statue des Marc Aurels aufgesetzt. Druckgraphiken des 16. Jahrhunderts, darunter die Ansicht von Etienne Dupérac, dokumentieren den Zustand vor der Restaurierung,[1] während Piranesi das Monument in seinem städtischen Kontext in Veduten darstellte. Im Karlsruher Klebeband ist übrigens eine weitere, gleich große Zeichnung des Heiligen Paulus vorhanden (IX 5159-36-11-1).
Bénédicte Maronnie
Einzelnachweis
1. Siehe I vestigi dell’antichità di Roma raccolti et ritratti in perspettiua con ogni diligentia da Stefano [Etienne] Du Perac parisino, Rom 1575, Taf. 34. Auch im folgenden Jahrhundert von Marco Sadeler kopiert nach Dupérac, in: Vestigi Delle Antichita di Roma, Tivoli, Pozzuolo et altri luochi come si ritrovavano nel Secolo XV, Rom 1660, Taf. 32.
- Beschreibung der Komposition
Der Heilige Paulus ist in starkem Kontrapost stehend, im langen Gewand und mit einem Nimbus dargestellt. In der rechten Hand hält er ein nach oben gerichtetes, an seine Schulter gelehntes Schwert — sein Attribut und Werkzeug seines Martyriums. Sein Blick ist in Richtung des nach vorne gestreckten linken Arms gerichtet.
Die Statue ist in den architektonischen Kontext eingefügt, das heißt auf einen hohen, hier in seinen Umrissen gezeichneten Sockel gestellt. Im Unterschied dazu zeigt die andere Version IX 5159-36-11-1 ausschließlich den Heiligen. Sein rechter Fuß ist am linken Blattrand noch einmal vergrößert in Rötel gezeichnet.
Bénédicte Maronnie
- Einordnung in das Gesamtwerk Piranesis
Die Marc-Aurel-Säule wurde von Piranesi um 1775 in einem monumentalen Druck, die Veduta del prospetto principale della Colonna Antonina, bestehend aus sechs zusammengesetzten Druckplatten, dargestellt.[1] Die beiden in Karlsruhe aufbewahrten Zeichnungen der Statue des Heiligen Paulus dienten als Vorbereitung für den obersten Teil dieser monumentalen Radierung (Abb. 1).
Abb. 1: Giovanni Battista Piranesi, Heiliger Paulus, im obersten Teil des Druckes Veduta del prospetto principale della Colonna Antonina, in: Trofeo ossia magnifica colonna […], Rom 1775, Biblioteca Histórica de la Universidad Complutense de Madrid, BH GRL 12(1)
CC BY-NC 4.0Insofern gilt 1775 als terminus ante quem für die Blätter IX 5159-36-5-1 und IX 5159-36-11-1. In Folge der vorangegangenen Dokumentation der Trajanssäule 1774 wurde die monumentale Darstellung der Marc Aurel Säule auch innerhalb der Druckserie Trofeo o sia Magnifica colonna Coclide […] um 1775 veröffentlicht.[2] Diese wurde mit einem zweiten Frontispiz und zusätzlichen Tafeln zur Antonius-Pius-Säule ergänzt. Die finale Ausgabe der Serie wurde wahrscheinlich bis 1779 von Francesco vervollständigt, der die Tafeln XX und XXI signierte. Die monumentalen Ansichten der Trajans- und Marc-Aurel-Säule konnten auch separat erworben werden.
Beide Zeichnungen stehen in so enger Verbindung, dass die eine Version des Heiligen Paulus nach der anderen freihändig (ohne Nutzung einer Pause) kopiert worden sein muss (siehe Zeichnerischer Prozess). Besonders komplex sind die Fragen der Rolle der jeweiligen Zeichnung im Herstellungsprozess des Druckes sowie die Reihenfolge ihrer Entstehung. Die technische Analyse des Papiers, die Beobachtung von Nadel- und Ölspuren (siehe Merkmale historischer Nutzung) sowie die Ausführung des Sockels in Rötel im Blatt IX 5159-36-5-1 sprechen dafür, dass diese Version für die Übertragung auf die Druckplatte benutzt wurde – zumindest in Bezug auf Proportionen und wichtige Elemente der Komposition. Bei der Umsetzung wurde die Position der Füße leicht korrigiert, damit sie in direktem Kontakt mit dem Sockel kommen.
Welche Zeichnung zuerst gezeichnet wurde ist nicht eindeutig zu definieren. Im Blatt IX 5159-36-5-1 wurden die Statue und der Sockel proportional gezeichnet. Maria Krämer vermutet, dass die Höhe der Statue in IX 5159-36-11-1, die in diesem Fall zuerst entstanden sein müsste, in die Zeichnung IX 5159-36-5-1 übertragen wurde (siehe Zeichnerischer Prozess), wobei die Figur mit leichtem Strich skizziert wurde, wie es die unterliegende Vorzeichnung erkennen lässt. Dann wurde der Sockel in Rötel gezeichnet und schließlich die Statue nach Vorbild von IX 5159-36-11-1 ergänzt und präzisiert. Jedoch wurde in der Zeichnung IX 5159-36-5-1 die perspektivische Position des linken Arms sowie der rechten Hand am Schwertknauf leicht korrigiert (Abb. 2) – zwei schwierigere Stellen, die von einer suchenden Ausführung gekennzeichnet sind. Solche Pentimenti lassen eher an einen ersten Zeichnungsschritt denken anstatt an eine Kopie nach einer bereits vorliegenden Vorlage. Darüber hinaus sind die Falten im Gewand in IX 5159-36-5-1 härter ausgearbeitet. Der untere Teil des Schwertknaufes wurde zudem in IX 5159-36-5-1 links am Rande der Statue präziser und näher an IX 5159-36-11-1 gezeichnet. Demnach ist also nicht auszuschließen, dass das Blatt IX 5159-36-11-1 in einem zweiten Schritt zur Präzisierung der Figur und im Hinblick auf die Umsetzung im Druck entstand.
Abb. 2: Detailvergleich des Arms in Inv. IX 5159-36-5-1 (oben), Inv. IX 5159-36-11-1 (unten); des Schwertknaufs mit Hand in Inv. IX 5159-36-5-1 (links), Inv. IX 5159-36-11-1 (rechts); des rechten Gewandteils in Inv. IX 5159-36-5-1 (links), Inv. IX 5159-36-11-1 (rechts)
CC0 1.0Zudem ist zu bemerken, dass die Zeichnung IX 5159-36-11-1 in einigen Details näher am Druck ist als IX 5159-36-5-1. Dies ist zum Beispiel in den Falten des Tuches am Hals- und Hüftbereich, im Gesicht und im Schwertknauf zu erkennen, wobei der Druck insgesamt viel härter und massiver wirkt (Abb. 3).
Abb. 3: Detailvergleich von Gesicht, Gewand im Halsbereich, Hüfte (von unten nach oben) zwischen Inv. IX 5159-36-5-1, Druck und Inv. IX 5159-36-11-1 (von rechts nach links)
CC0 1.0Weniger eindeutig hingegen sind andere Stellen wie der linke Oberschenkel; der Druck ist an dieser Stelle näher an IX 5159-36-5-1 (Abb. 4).
Abb. 4: Detailvergleich zwischen Inv. IX 5159-36-11-1, Druck und Inv. IX 5159-36-5-1
CC0 1.0Möglich ist daher, dass die etwas präzisere Zeichnung IX 5159-36-11-1 für die Übertragung und detaillierte Bearbeitung der Statue parallel zur Zeichnung IX 5159-36-5-1 benutzt wurde. Dafür spricht auch die vergrößerte Darstellung des Fußes in Rötel auf dem Blatt IX 5159-36-11-1, die das Detail der Sandale klarer zeigt.
Bénédicte Maronnie
Einzelnachweis
1. Siehe Carlo Alberto Petrucci: Catalogo generale delle stampe tratte dai Rami incisi posseduti dalla Calcografia nazionale, Rom 1953, S. 277f. Zur Datierung des Drucks der Marc-Aurel-Säule siehe Mario Bevilacqua: Piranesi. Taccuini di Modena, 2. Bde, Rom 2008, Bd. 1, c. 28v–29, S. 244–247, und John Wilton-Ely: Giovanni Battista Piranesi. The Complete Etchings, 2 Bde., San Francisco 1994, Bd. 2, S. 243.
2. Der vollständige Titel lautet: „Trofeo o sia magnifica colonna coclide di marmo composta di grossi macigni ove si veggono scolpite le due guerre Daciche fatte da Trajano inalzata nel mezzo del gran Foro erretto al medesimo imperadore per ordine del senato e popolo Romano dopo i suoi trionfi il tutto architettato da Apollodoro, l’iscrizione che nel piedestallo di essa colonna leggesi addita il taglio dei monti Quirinale e Capitolino fatto per introdurvi molte fabbriche che circondavano ed adornavano quel gran Foro”.
- Zeichenstil
Beide Zeichnungen sind einander stilistisch sehr nah, wobei die Anlage der Konturen und die allgemeine Wirkung von IX 5159-36-11-1 weicher und gemäßigter erscheinen. In dieser Zeichnung sind die Gesichtszüge zwar deutlicher gezeichnet, jedoch wirkt der Blick im Unterschied zu IX 5159-36-5-1 eher leer und statutenhaft. In der Version IX 5159-36-5-1 wirken die Konturen suchender und sind in unterschiedlicher Stärke überarbeitet worden. Ebenso wie die parallelen Schraffuren erinnern die überarbeiteten Konturen an einzelne Partien der Figurenkomposition IX 5159-36-15-1 (Abb. 5), auch wenn der Duktus hier gemäßigter erscheint.
Abb. 5: Detailvergleich zwischen Inv. IX 5159-36-5-1 und Inv. IX 5159-36-15-1
CC0 1.0Fraglich ist, ob Piranesi selbst an einer der beiden Versionen mitgearbeitet oder beide Versionen gezeichnet haben könnte. Der schrittweise, kollektive Arbeitsvorgang, der die traditionelle Zuschreibungsmethode an ihre Grenze führt, und der Mangel an Vergleichsmaterial für diese Zeichnungstypologie erlauben uns allenfalls, mit Hypothesen zu arbeiten. Im ersten Fall könnte man vermuten, dass Piranesi die lebendigere und kräftigere Version des Heiligen Paulus IX 5159-36-5-1 gezeichnet hat, wobei der Sockel vielleicht von einem Werkstattmitarbeiter hinzugefügt wurde. Die stilistische Nähe beider Zeichnungen spricht jedoch eher dafür, dass sie von der gleichen Hand gezeichnet wurden. Dass innerhalb eines Arbeitsprozesses das gleiche Motiv mindestens zwei Mal wiederholt wurde, ist auch an anderen Fallbeispielen zu beobachten (siehe unter anderem IX 5159-35-26-1 und IX 5159-35-27-1). Ein Vergleich der Zeichnung IX 5159-36-11-1 mit den Piranesi zugeschriebenen Studien nach Statuen und Aktstudien wie einem Kopf in der Morgan Library (Inv. 1966.11:29, datiert nach 1761) und in der Pariser École Nationale Supérieure des Beaux-Arts (Inv. EBA 270) helfen ebenfalls kaum bei der Beantwortung der Frage weiter (Abb. 6). Im Kontext einer kollektiven Werkstattarbeit kann man sich gut vorstellen, dass Piranesi selbst zumindest zum Teil in diese Zeichnungen eingegriffen hat, beispielsweise beim vergrößerten Detail des Fußes.
Abb. 6: Detailvergleich zwischen Inv. IX 5150-36-11-1 und Giovanni Battista Piranesi, Skizze nach klassischem Statuenkopf, Rötel über schwarzer Kreide, 13,7 x 17, 3 cm, um 1761/62, New York © The Morgan Library & Museum. 1966.11:29. Bequest of Junius S. Morgan and gift of Henry S. Morgan Seit Focillon und Giesecke wird in der Literatur immer wieder von der Beteiligung des Zeichners Vincenzo Dolcibene (ca. 1746–1820) an der Graphikserie gesprochen.[1] Diese Vermutung basiert auf Jacques-Guillaume Legrand (1753–1807), der in seiner Biografie eine Anekdote über Piranesis erstes Projekt einer druckgraphischen Dokumentation der Trajanssäule in den 1750er Jahren erzählt.[2] Dieses Projekt scheiterte und wurde erst zwanzig Jahre später, Mitte der 1770er Jahre, mit der Serie der Trofeo o sia magnifica colonna […] umgesetzt. Bei diesem Anlass kam Piranesi durch den französischen Maler Laurent Pécheux (1729–1821) mit Dolcibene in Kontakt. Legrand schreibt, dass Dolcibene über mehrere Jahre hinweg antike Objekte für Piranesi zeichnete – ohne jedoch ein Anfangsdatum der Zusammenarbeit anzugeben: „das Projekt fand schließlich nicht statt, Pécheux [der Piranesi für die Konkretisierung dieses ersten Projekts helfen sollte] verschaffte ihm [Piranesi] einen seiner Schüler, genannt Dolcibene, der für Piranesi über sieben bis acht Jahre hinweg Figuren, Reliefs und weitere Bauornamente zeichnete“.[3] Dass Dolcibene am späteren Projekt in den 1770er Jahren teilgenommen hat, wird also nicht expliziert erwähnt, sondern in der Literatur aus Legrands Text interpretiert. Dolcibene wurden die Zeichnungen der Sammlung Townley im British Museum zugeschrieben, die das einzige mir bekannte Vergleichsmaterial bilden.[4] Während die leeren Augen und der wulstige Mund auch inIX 5159-36-11-1 zu beobachten sind, reichen diese Elemente nicht, um Dolcibene als möglichen Autor der Zeichnung zu nennen. Denn der gesamte Eindruck unterscheidet sich deutlich von den Zeichnungen im British Museum. Vermutlich hat Dolcibene stattdessen an weiteren von Francesco später hinzugefügten Tafeln mitgearbeitet.
Bénédicte Maronnie
Einzelnachweis
1. Siehe Henri Focillon: Giovanni-Battista Piranesi 1720–1778, Paris 1918, S. 119; Albert Giesecke: Giovanni Battista Piranesi, Leipzig 1911, S. 28; Maria Catelli-Isola: Trofeo o sia Magnifica colonna coclide, in: Alessandro Bettagno (Hg.): Piranesi. Incisioni-rami-legature-architettura, Ausst. Kat. Venedig, Fondazione Giorgio Cini, Vicenza 1978, S. 62; Gilbert Erouart/Monique Mosser: À propos de la „Notice historique sur la vie et les ouvrages de J.-B. Piranesi": origine et fortune d’une biographie, in: Piranèse et les français, Kolloquium, Rom, Villa Médicis, 12.–14. Mai 1976, Rom 1978, S. 213–252, hier S. S. 230, Anm. 53, Mario Bevilacqua: Piranesi. Taccuini di Modena, Rom 2008, Bd. 1, S. 292. Laut John Wilton-Ely habe Dolcibene sogar bei mehreren oder allen Tafeln mitgearbeitet, siehe John Wilton-Ely: Giovanni Battista Piranesi. The Complete Etchings, San Francisco 1994, Bd. 2, S. 243.
2. Siehe Legrand in Gilbert Erouart/Monique Mosser: À propos de la „Notice historique sur la vie et les ouvrages de J.-B. Piranesi": origine et fortune d’une biographie, in: Piranèse et les français, Kolloquium, Rom, Villa Médicis, 12.–14. Mai 1976, Rom 1978, S. 213–252, hier S. 230.
3. Ebd., S. 230: „le projet n’eut point lieu, Pécheux [qui devait aider Piranesi à sa réalisation] se contenta de lui procurer [à Piranesi] un de ses élèves nommé Dolcibene qui dessina pour Piranesi pendant 7 à 8 ans des figures, bas-reliefs et autres accessoires de l’architecture“ (Übersetzung B.M.).
4. Die Zeichnungen sind nicht signiert. Die Zuschreibung ist dem Kurator Ian D. Jenkins zu verdanken (https://www.britishmuseum.org/collection/object/G_2010-5006-68, zuletzt am 28.07.2022 eingesehen). Sie basiert auf Briefen vom Kunstagenten Jenkins an den Sammler Charles Townley, in welchen die Zeichnungen erwähnt sind und der Zeichner genannt wird, siehe die Briefe in Ilaria Bignamini/Clare Hornsby: Digging and Dealing in Eighteenth-Century Rome, New Haven/London, 2010, S.178, 179, 181, 190; vgl. zu Dolcibene die Studien von Viccy Coltmann, darunter: Classical Scultpure and the Culture of Collection in Britain since 1760, Oxford 2009, S. 49–83, sowie Martin Szewczyk: La restauration des natiques dans la seconde moitié du XVIIIe siècle: à propos de la restauration du Mars d’Orsay (musée du Louvre) par Thomas Jenkins, in: Technè 42, 2015, S. 17–24.
- Kunsthistorische Bedeutung
In Karlsruhe sind weitere Zeichnungen verschiedener Typologien erhalten, die mit der Serie der Trofeo o sia magnifica colonna […] zu verbinden sind. Es handelt sich zum einen um die Zeichnung des Sockelgesimses der Trajanssäule (IX 5159-35-22-1), die Nicolas François Daniel Lhuillier (um 1736–1793) zugeschrieben werden kann. Zum anderen befindet sich auf der Rückseite IX 5159-36-30-1v eine Skizze des Viktorien-Motivs mit Girlanden und zudem römische Soldaten, die im Druck vom Sockel der Marc-Aurel-Säule dargestellt sind. Diese können im Vergleich mit den Figurenzeichnungen in Feder (Gruppe 13) Francesco Piranesi zugeschrieben werden. Für die Bearbeitung dieser Serie wurde also vielfältig gezeichnetes Vorlagematerial benutzt, bei dem verschiedene Hände involviert waren: Neben den Zeichnungen des Heiligen Paulus, jene von Lhuillier (IX 5159-35-22-1), von Francesco (IX 5159-36-30-1v) und vermutlich von Vincenzo Dolcibene, wobei seine genaue Rolle bislang nicht geklärt werden konnte. Darüber hinaus zitiert Piranesi in der Legende der Radierung weitere bildliche Quellen wie andere Druckwerke,[1] auf die er sich für seine eigene Dokumentation des Säulenmonuments stützte. Höchstwahrscheinlich gehörten auch in Rom vorhandene Gipsabgüsse der Trajanssäule zu dem für die Drucke relevanten Vorlagematerial – ein Teil davon gelangte kurz vor Piranesis Tod in seine Sammlung (siehe dazu IX 5159-35-22-1).
Beispielhaft kann hier die Problematik des kollektiven Arbeitsprozesses aufgezeigt werden, durch den mittels Zusammenführung von Zeichnungen verschiedener Autoren, der Nutzung von mehrhändigem Werkstattmaterial und unterschiedlicher Bildquellen die Herstellung von Piranesis Druckwerk ermöglicht wurde.
Bénédicte Maronnie
Einzelnachweis
1. Siehe z.B. den Druck Veduta del Prospetto principale della colonna Antonina „Tali sculture esservi state si rileva dalle stampe antiche del 1600. come anco da una Pittura della d.a Colonna, la quale esiste nelle Volte della bilbioteca Vaticana, dove sono espresse le Fabbriche fatte inalzare da Sisto V.”
- Merkmale des Papiers
Ohne Wasserzeichen
Herstellungsmerkmale:
Ungefärbt; mittlere stärke, hohe Festigkeit; knötchenhaltiger Faserstoff mit holzigen Einschlüssen; ausgeprägte Filz- und Siebmarkierung; mehrere Quetschfalten am oberen Rand aus dem Prozess des Abgautschens; gelatinegeleimt; gleichmäßiger Oberflächenglanz (manuell geglättet).
Weitere Informationen zu den Fachbegriffen finden Sie im Glossar.
Maria Krämer
- Merkmale der Zeichenmedien
Rötel: Überwiegend kräftig aufgetragen, pudriger Strich ohne Anzeichen einer Fixierung etwa durch Befeuchtung (Detail 1–2).
Detail 1:
Rötel (Sockel)Detail 2:
Rötel, darüber Zeichnung in schwarzer Kreide, mit schwarzem fetthaltigem Stift überarbeitet (Fuß)Schwarze Kreide: ungleichmäßig deckender, streifiger Strich, stark berieben, teils verwischt oder getilgt (Detail 2–3).
Detail 3:
Schwarze Kreide (Vorzeichnung, oben) und korrigierte Zeichnung, teils mit schwarzem, fetthaltigem Stift (rechts unten)Detail 4:
Fetthaltiger schwarzer Stift mit gebräuntem Hof des ausgetretenen Bindemittels.Schwarzer Stift (Kreide) mit fetthaltigem Bindemittel: Tiefschwarzes, dichtes Erscheinungsbild, Strich deutlich kräftiger deckend und sind besser erhalten als die Linien in schwarzer Kreide (Detail 2–4), teils ist das Bindemittel als verbräunter Hof sichtbar (Detail 4).
Graphit: Spuren von Graphit (im Reflexlicht stark reflektierend) sind vor allem in den Grenzbereichen der Konturen als feine, freiliegende Linien erkennbar.
Weitere Informationen zu den Fachbegriffen finden Sie im Glossar.
Maria Krämer
- Zeichnerischer Prozess und historische Nutzung
Begonnen wurde mit der Darstellung des Sockels. Das obere Ende der Säule wurde in Rötel mit genauen Unterteilungsabständen angelegt. Die waagrechten Abstände der gewölbten Elemente wurden in Abhängigkeit einer senkrechten Linie am linken Rand gesetzt – wie sie ebenfalls im Druck erscheinen. Als Orientierung für die Dimensionierung der Paulusstatue wurde mit einer feinen senkrechten Mittelachse und einer abschließenden Markierung der absoluten Höhe (ohne Schwert) eine Orientierungshilfe geschaffen. Auf dieser Basis wurde die Zeichnung der Paulusstatue in feinen Kreidelinien angelegt. Da die Figur größengleich zur freihändig ausgeführten Zeichnung IX 5159-36-11-1 erscheint, könnte es möglich sein, dass man die Größe des Sockels ausgehend von der Gesamtgröße der Figur auf dieser Zeichnung angelegt hat. Das Gesamtmaß wurde von dieser Figur abgenommen, übertragen und der Sockel in Proportion dazu hinzugefügt. Dann wurde die Zeichnung mithilfe der bereits vorhandenen Zeichnung auf dem Folio 11 eingefügt, wobei für den linken Fuß die vergrößerte Skizze in Rötel zur Hilfe genommen wurde.
Die Vorzeichnung ist in korrigierten Details noch erkennbar: Beispielsweise wurde die ausgestreckte Hand in der nachfolgenden Ausführung in schwarzer Kreide und fetthaltigem schwarzen Stift korrigiert und etwas gesenkt. Der zum Finalisieren der Konturen und Schraffieren der Zeichnung genutzte Stift weist ein variables Erscheinungsbild auf. Nur in wenigen, kräftig deckenden Linien ist ein fetthaltiges Bindemittel zu identifizieren, während die Zeichnung insgesamt eher grautonig erscheint. Möglicherweise wurde hier eine schlecht abreibende Naturkreide durch Tunken in Öl manipuliert, um das Abriebverhalten zu verbessern. Der Zeichner hatte außerdem Mühe damit, die Füße des Paulus auf der mehrfach gewölbten Fläche darunter in Kontakt zu bringen: Paulus scheint auf den Zehenballen zu stehen, der Rest seiner Füße in der Luft zu schweben. Die Zeichnung erscheint größengleich mit der Darstellung im stark überformatigen Druck Veduta del Prospetto Principale della Colonna Antonina in Piranesis Werk Trofeo o sia magnifica colonna.[1] Die Zeichnung ist fast deckungsgleich mit dem Druck, die Statue im Druck ist jedoch ein Stück weiter nach unten in Richtung Sockel gerückt, um ihre Standfestigkeit sicherzustellen (Abb. 1).
Abb. 1: Digitale Überblendung der Zeichnung (Grün) mit dem Druck, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe Vor allem in korrigierten Bereichen der Außenkonturen sind in der Zeichnung Graphitspuren zu erkennen, die vermutlich eine freie Skizzierung der Grundform darstellten, die mit schwarzer Kreide konkretisiert wurde. Am auffälligsten ist Paulus‘ rechter Arm, dessen Haltung in der Ausführung verändert wurde. Diese Version wurde im Druck übernommen. Ebenfalls korrigiert wurde die Hand, die das Schwert hält: In der Radierung ist ein Finger über der Parierstange am Beginn der Klinge eingehakt. Dieses Detail wurde in einer anderen Darstellung der Statue, die sich nur wenig von dieser unterscheidet (IX 5159-36-11-1) bereits umgesetzt. Die Ölpause ist auch bei diesem Blatt die vermutete Übertragungsmethode auf die Druckplatte gewesen. Hinweise dafür sind das insgesamt abgerieben Erscheinungsbild des Blattes, die teilweise Fixierung und Verpressung des Zeichenmediums, einige ölige Kontaktflecke vor allem im oberen Bereich der Zeichnung und mehrere paarige Einstichlöcher durch die Befestigung eines Blattes mit Stecknadeln.
Montierungshistorie:
Mehrere Falten und Falzungen bezeugen eine bewegte Aufbewahrungsgeschichte. Beispielsweise korreliert eine horizontale Talfalte im unteren Bereich mit einem rückseitigen, die ganze schmale Kante überdeckenden Klebepunkt und weist darauf hin, dass das Blatt früher an dieser Stelle montiert und eingeklappt war. Ein weiterer Klebepunkt rückseitig am oberen Rand ist heute angeschnitten. Siehe auch: IX 5159-36-11-1
Weitere Informationen zu den Fachbegriffen finden Sie im Glossar.
Maria Krämer
Einzelnachweis
1. John Wilton-Ely: Giovanni Battista Piranesi. The Complete Etchings, 2 Bde., San Francisco 1994, Nr. 708.
- Merkmale historischer Nutzung
An allen vier Kanten beschnitten, an den langen Kanten sehr ungleichmäßig; aufgeraute Oberfläche; diverse Falten und Falzlinien; Klebepunkte verso (frühere Montierung); insgesamt fleckig, zu differenzieren sind punktuelle Klebestellen auf der Vorderseite (vermutlich von der Befestigung eines Transparentpapiers, Nutzung in der Weinbrennerschule); ein acht bis neun Zentimeter langer Einriss am rechten Rand wurde bereits frühzeitig mit einem Streifen Makulatur breitflächig hinterklebt; zahlreiche Einstiche, teils von der Konstruktion der Zeichnung, teils von der Befestigung von Stecknadel.
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Maria Krämer
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