Über die Karlsruher Piranesi-Alben

Über die Karlsruher Piranesi-Alben

Eine kurze Einführung

Irene Brückle, Georg Kabierske, Bénédicte Maronnie, Astrid Reuter, Dorit Schäfer

Die 2014 erfolgte Neuzuschreibung der in zwei Klebealben aus dem Nachlass des badischen Architekten Friedrich Weinbrenner (1766–1826) verwahrten Zeichnungen an Giovanni Battista Piranesi und seine Werkstatt hat einen fundamentalen Perspektivwechsel auf das Schaffen Piranesis zur Folge gehabt. Zu datieren sind die Zeichnungen in Piranesis Wirkungszeitraum in Rom ab den 1750er Jahren. Insgesamt enthalten die querformatigen und etwa 48,5 x 59,5 cm messenden Alben 298 teils beidseitig bearbeitete Blätter, von denen 297 auf ihrer heutigen Vorderseite Zeichnungen aufweisen und ein Blatt eine Druckgrafik. Mindestens 43 Blätter wurden zudem rückseitig bezeichnet, bedruckt oder beschriftet. Erworben wurden sie vermutlich von Friedrich Weinbrenner während seines ab 1792 erfolgten Italienaufenthalts, möglicherweise kurz vor der Abreise aus Rom im Juni 1797 nach Baden.[1] Nach Weinbrenners Tod gingen sie - wohl im Rahmen seiner Karlsruher Nachlassversteigerung vom 8. Juli 1826 - zusammen mit einer größeren Zahl eigenhändiger Reisezeichnungen und Architekturplänen an den badischen Hof über. Von dort gelangten sie laut Inventarbuch 1861 an die damalige Großherzogliche Kunsthalle und werden heute im Kupferstichkabinett der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe aufbewahrt.[2] Ein ursprünglich ebenfalls in diesen Sammlungszusammenhang gehörendes Blatt befindet sich zudem im Klebealbum des Weinbrenner-Schülers Heinrich Geier (1802–1857) im Archiv für Architektur und Ingenieurbau (saai) am KIT in Karlsruhe (siehe Essay Die Piranesi-Zeichnung im Geier-Album).

 

Einzelnachweis

1. Weinbrenners Reisejournal wurde posthum und in gekürzter Fassung 1829 unter dem Titel „Denkwürdigkeiten“ publiziert, das Originalmanuskript ist verloren. Darin wird angedeutet, dass er sich vor seiner Abreise aus Rom noch mit Zeichnungen und Kupferstichwerken für spätere Studienzwecke eindeckte: „Ich suchte daher die mir noch fehlenden Studien zu sammeln und die angefangenen Arbeiten zu vollenden, und mir auch noch verschiedene klassische Kupferwerke anzuschaffen, um bei meiner Heimkehr nicht von allen Kunstsachen entblößt zu sein und meine Studien fortsetzten zu können“. Friedrich Weinbrenner: "Denkwürdigkeiten aus seinem Leben, von ihm selbst geschrieben", Heidelberg 1829, bearbeitet durch Arthur von Schneider. Karlsruhe 1958, S. 156.

2. Bislang ist ungeklärt, ob neben den beiden dort vorhandenen Klebealben möglicherweise noch ein drittes existierte, worauf Quellen hindeuten. Oskar Seneca erwähnt in seiner 1908 erschienenen Dissertation über „Weinbrenners Jugend und Lehrjahre“ in Übereinstimmung mit den Sammlungsinventaren von 1884 und 1908, dass er in der Kunsthalle insgesamt vier Bände aus dem Weinbrenner-Nachlass gesehen hat, die 1861 aus dem Privatkabinett des Großherzogs in die Sammlung des Kupferstichkabinetts der Kunsthalle kamen. Die stichwortartige Inhaltsbeschreibung von drei Bänden in Querfolio, die eine Fülle von Zeichnungen nach Skulpturen der römischen Museen, Reliefs und architektonischen Details enthalten haben sollen, lässt sich mit den Zeichnungen aus Piranesis-Werkstatt in Einklang bringen. Einer der Bände soll aber auch eine Zeichnung enthalten haben, die mit dem Architektennamen „Bramante“ beschriftet ist. In den beiden heute noch vorhandenen Alben sucht man sie jedoch vergebens. Im vierten Band befanden sich Landschaftszeichnungen in Sepia und vereinzelt figürliche Skizzen von Weinbrenners italienischer Studienreise, wobei es sich wahrscheinlich um die auch heute im Kupferstichkabinett vorhandenen, sogenannten „aufgelösten Skizzenbücher“ Weinbrenners handeln dürfte. Siehe dazu Oskar Seneca: Friedrich Weinbrenner. Jugend- und Lehrjahre. Univ. Diss. Heidelberg 1907, S. 9, 38–39. Zudem gilt unser herzlicher Dank Astrid Reuter, die akribisch die in Karlsruhe vorhandenen archivalischen Quellen zur Provenienz der Alben recherchierte und uns ihre Erkenntnisse zur Verfügung gestellt hat. Zur Überstellung der vier Alben Weinbrenners aus dem Privatkupferstichkabinett des Großherzogs an die Kunsthalle 1861 siehe: Generallandesarchiv Karlsruhe 56 Nr. 1616, Schreiben von Ernst Richard an die General-Administration der großherzoglichen Kunstanstalten vom 08.09.1861, „4. Buch, Skizzen von Weinbrenner“; Sammlungsinventar von 1884 siehe Generallandesarchiv 441-3, Nr. 516, S. 1025 Kasten Nr. 196 „115. Weinbrenner deßen Skizzenbücher. 4 B. Privateigenthum P.K.S. des Großherzogs“; das ab 1908 geführte Sammlungsinventar befindet sich in der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe.

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