Skizze einer Federspitze und Beschriftung

Die kleine Skizze links und die Beschriftung rechts verweisen auf die Zeichnung eines antiken Adlerreliefs auf der Vorderseite des Blattes. Es handelt sich um die Spitze einer Feder aus den Adlerschwingen und die Inschrift unterhalb des Reliefs, die mit rascher Hand notiert wurde.

Werkdaten

Künstler

Unidentifizierter Zeichner der Piranesi-Werkstatt
Ort und Datierung

Rom, vermutlich zwischen 1755 und 1768, sicher vor 1770
Abmessungen (Blatt)

292 x 661 mm
Inventarnummer

IX 5159-35-35-1v

Das Werk im Detail

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Bildgegenstand und ikonographische Bedeutung
In der linken Blatthälfte ist eine einzelne Federspitze in Rötel skizziert, die im Zusammenhang mit der auf der Vorderseite wiedergegebenen Zeichnung des Adlerreliefs aus Santi Apostoli entstanden ist (IX 5159-35-35-1). Bei der in skizzenhaftem Duktus ausgeführten Zeichenübung wurde versucht, die plastische Tiefe der marmornen Feder wiederzugeben. Links ist mit der horizontal und geschwungen verlaufenden Linie das Profil als gedachter Schnitt eingezeichnet, wie man es auch bei der Reliefrahmung auf der Vorderseite findet. Auf der rechten Blattseite ist die Inschrift des vorderseitig dargestellten antiken Adlerreliefs notiert, deren Wortlaut wohl auf die Anbringung des antiken Stücks am Hauptportal der Kirche um 1747 verweist: „Der Kardinal Julius, Neffe des Papstes Sixtus IV. rettet [den Adler] aus so vielen Ruinen und hat diesen aufgestellt“.^[1]
Georg Kabierske
Einzelnachweis
1. Die Reliefinschrift lautet im Original: „TOT. RUINIS. SERVATAM. IUL. CAR. SIXTI. IIII. PONT. NEPOS. HIC. STATUIT“
Zuschreibungshypothesen
Die einzelne Feder dürfte von einem der beiden Zeichner ausgeführt worden sein, die auch das Adlerrelief auf der Vorderseite gezeichnet haben. Die geschwungene Schnittlinie, die sich in vergleichbarer Weise auch in der Überarbeitung der Vorderseite findet, sowie die kurzen, kräftigen Striche legen eine Zuweisung an diese zweite Hand nahe. Die rechts daneben von Giovanni Battista Piranesi notierte Inschrift des Reliefs könnte vermuten lassen, dass er, vor dem Marmorrelief in Santi Apostoli stehend, noch eine Feder als Gedankenstütze separat zeichnete, um deren Plastizität zu verinnerlichen.^[1] Letztendlich ist aufgrund des sehr flüchtigen Duktus und der geringen Ausmaße der Skizze eine definitive Zuschreibung nur schwer möglich, es könnte sich also auch um einen anderen Zeichner aus der Piranesi-Werkstatt handeln, der sich hier im Zeichnen versuchte, wie beispielsweise Francesco Piranesi.
Georg Kabierske
Einzelnachweis
1. Zur Handschrift Giovanni Battista Piranesis vergleiche hier Modena, Taccuino A, ms. Campori 1523 (ɣ y 6, 33), fol. 15, 16r, 41v, 42r, 74r und New York, Morgan Library & Museum, Inv. 1966.11:84v.
Merkmale des Papiers
Wasserzeichen:
PvL (Pieter van der Ley)

Belege:
William Algernon Churchill: Watermarks in Paper in Holland, England, France, etc., in the 17th and 18th Centuries and their Interconnections, Rijswijk 1965, Taf. CCXCVIII, Nr. 403 (Typ, in: French edition of Dapper’s Africa, Amsterdam 1686); Edward Heawood: Watermarks Mainly of the 17th and 18th Centuries, Hilversum 1950, Taf. 240, Nr. 1781A (Typ, in: J. Struys: Reysen, Amsterdam 1686); Taf. 241, Nr. 1782 (Typ; in: O. Dapper: Africa, Amsterdam 1676); Henk Voorn: De papiermolens in de provincie Noord-Holland. Haarlem 1960 (Zaan; PvL Monogramm seit 1675; S. 541).
Sammlungen:
Karlsruher Alben: Typ: Der Albano-Altar (IX 5159-35-47-1); Säulenbasis des Baptisteriums von San Giovanni in Laterano (IX 5159-35-38-1); Rhyton-Kandelaber (IX 5159-36-30-1)
Washington, Folger Shakespeare Library: Blathwayt papers (Typ, 1727); L.c. 3069 (Typ; in: Newdigate newsletters; London, June 1704), L.c. 2792 (Typ, Gegenmarke; in: Newdigate newsletters; Gegenmarke Wappen von Zaandijk); London, November 1706.
ID G9110 1756 .M8 (Typ, in: Gabriel Muñoz/Joseph Blanco: Descripción o carta de golfo que contiene la costa de España, Verueria y Guinea hasta las yslas de Barlovto. con sus derrotas de y da y Buelta adistintos parages, Real Escuela de Navegación, Cádiz, Spanien 1756).
Zürich, Zentralbibliothek: Typ: FA Escher vG.188.6, fol. 26; FA Escher vG.188.6, fol. 76; fol. 92; fol. 93.
Herstellungsmerkmale:
Gebläut (blaue Fasern); mittlere Stärke, sehr nachgiebig (flexibel); typische Merkmale der als holländisch identifizierten Papiere: Metalleinschlüsse (UVF, Abb., zoomen Sie hier in das Blatt); ebenmäßige, fein strukturierte, leicht aufgeraute Oberfläche (aufstehende, kurze Fasern, s. Detail 1) mit schwach ausgeprägter Filzmarkierung und gleichmäßiger, deutlicher Siebmarkierung; im Reflexlicht matte Oberfläche; gelatinegeleimt.

Durchlicht (recto)
Papierstruktur (Blatt auf Folio liegend); Wasserzeichen (PvL-Monogramm) mittig; senkrechte Faltungen links und mittig u. rechts; Papierreste einer früheren Montierung an mehreren Punkten entlang der langen Kanten
Maria Krämer und Irene Brückle
Merkmale der Zeichenmedien
Rötel (Detail 1): stark aufgedrückt (vertiefte Spur des Strichs auf deutlich aufgerautem Papier); ungleichmäßiger Abrieb, streifige Wirkung.
Schwarzer Stift (Kreide) mit fetthaltigem Bindemittel: (Inschrift rechts oben, vermutlich gleiches Zeichenmittel wie recto; Detail 2): leicht bis kräftig deckend aufgetragen; schwach deckende Linien durch Abrieb; Detail 3); kompaktes Erscheinungsbild.
Kohle (Beschriftungen nach geschwungener Klammer; Detail 4): Pulveriger, leicht aufliegender Strich, stellenweise mit farbfreien Kratzern; verstreut und vorwiegend in den Tälern des Papiers angelagerte feine Partikel; Partikel sind unregelmäßig, teils splittrig, teils rundlich geformt und glitzern stark im Reflexlicht.
Nicht zur Entstehung der Zeichnung gehörende Farbmittel: Gitterförmige Ablagerung von Rötelpulver flächig verteilt.
Detail 1: Auflicht
Rötel mit streifigem Strich aufgrund farbloser Partikel
Foto: Maria Krämer

Detail 2: Auflicht
Schwarzer, fetthaltiger Stift (Kreide)
Foto: Maria Krämer
Detail 2: Auflicht, Close-up
Schwarzer, fetthaltiger Stift (Kreide)
Foto: Maria Krämer
Detail 3: Auflicht
Schwarzer, fetthaltiger Stift (Kreide); starker Abrieb
Foto: Maria Krämer

Detail 4Kohlestriche
Maria Krämer und Irene Brückle
Zeichnerischer Prozess
Die kleine Rötelskizze wurde ebenso wie die Beschriftung möglicherweise nachträglich hinzugefügt, nachdem das Blatt mittig gefaltet worden war, denn beide sind jeweils zentral auf einer Blatthälfte platziert. Die Beschriftungen wurden mit zwei unterschiedlichen Stiften aufgebracht: Der Text, der die Inschrift unterhalb der Steintafel des Adlerreliefs (Vorderseite) wiedergibt, wurde mit einem fetthaltigem schwarzen Stift vorgenommen, der wahrscheinlich mit dem Stift der Überarbeitungen auf der Vorderseite übereinstimmt. Für die weiteren Beschriftungen („+ martedi / + [unleserlich] matina [?]“) wurde Kohle verwendet.
Maria Krämer und Irene Brückle
Merkmale historischer Nutzung
Siehe Erläuterungen zu Adlerrelief aus der Vorhalle der Kirche Santi Apostoli in Rom IX 5159-35-35-1, dazu Klebepunkt mit anhaftendem Papierfragment (Detail 5); des Weiteren: Fingerspuren in einer heute braunen, metallhaltigen Flüssigkeit (UVF, Abb., zoomen Sie hier in das Blatt); fleckig, graue, braune Ablagerungen entlang der mittigen, senkrechten Faltspur (Detail 6).
Detail 5: Auflicht
Papierfragment auf Klebepunkt
Foto: Maria Krämer
Detail 6: Auflicht
Braune Ablagerung entlang der mittigen, senkrechten Faltspur
Foto: Maria Krämer
Maria Krämer und Irene Brückle
Prozesse historischer Nutzung
Die Papieroberfläche zeigt eine gitterförmige Struktur, die durch das Einpressen mit einem feuchten Bogen Vergépapier entstand, dessen Siebmarkierung quer zu der des Originalpapiers verlief. Höchstwahrscheinlich stammt diese Markierung von einem Makulaturpapier, das für das Anfertigen eines Abklatschs aufgelegt wurde, um die Rückseite der Zeichnung während des Durchgangs durch eine Kupferdruckpresse zu schützen. Die flächige Ablagerung von Rötel auf dem Papier zeigt ein leicht verwaschenes Erscheinungsbild, sodass man auch sie spekulativ mit dem feuchten Pressvorgang in Verbindung bringen kann – entweder übertrug sich auf dem Makulaturbogen aufliegender Rötel, oder der Pressvorgang fixierte schon auf dem Original befindliche Rötelablagerungen.
Montierungshistorie:
Siehe Erläuterungen zur Vorderseite: Adlerrelief aus der Vorhalle der Kirche Santi Apostoli in Rom (IX 5159-35-35-1).
Maria Krämer und Irene Brückle

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