Zusammenhänge der Zeichnungen mit Piranesis Stichwerken

Zusammenhänge der Zeichnungen mit Piranesis Stichwerken

Georg Kabierske und Bénédicte Maronnie

Im Folgenden soll ein knapper Überblick über die Zusammenhänge der Zeichnungen aus den Piranesi-Alben der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe mit den Stichpublikationen sowie ausgewählten weiteren Werken von Giovanni Battista Piranesi gegeben werden. Der Vollständigkeit halber wird auch die Piranesi-Zeichnung aus dem Klebealbum von Heinrich Geier im Archiv für Architektur und Ingenieurbau (saai), KIT, Karlsruhe, Inv. Geier 1, fol. 113, hinzugenommen, die ursprünglich zum selben Sammlungszusammenhang der von Friedrich Weinbrenner in Rom erworbenen Zeichnungen gehörte (siehe Essay Die Piranesi-Zeichnung im Geier-Album).[1]

Die Karlsruher Zeichnungen besitzen Übereinstimmungen mit den frühen Radierungen aus den 1750er Jahren. Sie stammen demnach bereits aus der Zeit vor dem 1761 erfolgten Umzug der Piranesi-Werkstatt in den Palazzo Tomati. Hauptsächlich finden sich aber Bezüge zu den ornamentalen Druckwerken (z.B. Della Magnificenza; Diverse maniere; Vasi, candelabri) aus der Zeit ab ca. 1760. Die Art und Weise der Verwendung der Zeichnungen für die Drucke ist dabei unterschiedlich.

Es sind grundsätzlich zwei Funktionsweisen zu unterscheiden: 

1. Direkte Verbindung:

Es gibt einige Zeichnungen, die als direkte Vorlagen für gedruckte Kompositionen benutzt wurden. Einerseits dienten sie als Vorzeichnungen für komplexe Assemblagen, wie z.B. für die Kandelaber (IX 5159-35-47-1), andererseits geben sie kleinere Einzelmotive wieder, wie z.B. ein Kapitell (IX 5159-35-30-5) oder das Hekataion Albani (IX 5159-35-32-2). Mittels eines geölten Papiers wurden sie auf die Druckplatte übertragen, oder Rötelzeichnungen wurden, wie Maria Krämer nachweisen konnte, möglicherweise auch direkt abgeklatscht (siehe Essay „Mit Öl und Wasser kopiert“).

2. Indirekte Verbindung:

Andere Motive aus dem Karlsruher Bestand dienten als Inspirationsquelle und wurden nach dem „cut-and-paste“-Prinzip innerhalb von neuen Bilderfindungen und Assemblagen benutzt, ohne dabei direkt im technischen Umsetzungsprozess in die Druckgraphik verwendet worden zu sein, z.B. Lapides Capitolini, ein Fries mit Schiffstrophäen (IX 5159-35-12-1/-2/-3). 

Die Zeichnungen in Karlsruhe (sowie in der Morgan Library in New York) bieten grundsätzlich aber auch einen Einblick in die Motivsammlung der Piranesi-Werkstatt. Zahlreiche Motive wie z.B. Adler, Delphin, Bukranion, Widderkopf etc. greift Piranesi wiederholt in verschiedenen Radierungen auf, wandelt sie ab, setzt sie variantenreich ein und entwickelt dadurch eine eigenes ornamentales Vokabular.[2] Ihre ursprünglichen Proportionen, symbolische Bedeutungen und konventionelle Funktionen bleiben im neuen ornamentalen Kontext vielfach unberücksichtigt.[3] Darauf kann in diesem kurzen Überblick nicht voll umfänglich eingegangen werden.

Zudem ist die Weiterverwendung von Makulaturpapieren aus ökonomischen Gründen ein typisches Vorgehen für Giovanni Battista Piranesi. Nach Abschluss eines Projekts wurde das Papier umgedreht und auf der anderen Seite weitergezeichnet. So erfüllte das Papier eine neue Funktion und die Rückseite verlor an Bedeutung oder wurde durch einen neuen Papierzuschnitt auf einen fragmentarischen Zustand reduziert. Dementsprechend findet man auf den Rückseiten der Karlsruher Zeichnungen auch Fragmente von Drucken, bei denen es sich um nicht mehr benötigte Vorlagen für Radierungen, verworfene Entwürfe oder Beschriftungen (z.B. Rechnungen oder Textentwürfe) handelte.

Georg Kabierske und Bénédicte Maronnie

 

Einzelnachweis

1. Eine erweiterte Auflistung und Untersuchung dieser Zusammenhänge wird von Bénédicte Maronnie in ihrer Dissertation an der Università della Svizzera italiana in Mendrisio aktuell vorbereitet.

2. Siehe u.a. Sylvia Pressouyre: La poétique ornementale chez Piranèse et Delafosse, in: George Brunel (Hg.): Piranèse et les Français, Rom 1978, S. 423–434.

3. Raffaella Bosso: Alcune osservazioni su Piranesi restauratore e sui Vasi e Candelabri: il recupero dell’Antico tra eredità culturale ed attività imprenditoriale, in: Acta ad archeologiam et artium historiam pertinentia 20, 2006, S. 211–239.

Kommentare

Hier können Sie uns Anmerkungen und Kommentare zu unseren Objekten hinterlassen, die nach Sichtung durch unsere Mitarbeiter*innen allen Leser*innen angezeigt werden.

Ich bin mit der Verarbeitung und Speicherung meiner Daten zur Veröffentlichung meines Kommentars einverstanden. Diese Einwilligung kann ich jederzeit für die Zukunft bei der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe widerrufen.