Im Format weicht das Blatt etwas von dem anderen Capriccio (IX 5159-36-33-1) der Karlsruher Alben ab. Auch leichte Unterschiede in der Siebstruktur (weniger deutlich ausgeprägte Kettlinien) sprechen für die Verwendung unterschiedlicher Papiere. Die Papierkanten weisen auf die Entnahme der Seite aus einem Skizzenbuch hin, ohne dass die Formate oder Papiere der bekannten Skizzenbücher Piranesis mit diesem übereinstimmen würden.
Zuerst skizzierte der Künstler in breitem, wenn auch nur gering deckendem Rötelstrich. Diese Vorzeichnung ist so zart, dass man die tiefe, von Pfeilern unterteilte Halle ohne die darüber gesetzte Tintenzeichnung kaum hätte identifizieren können. Die Bildidee scheint bereits vollständig vorhanden gewesen zu sein, sodass beim Vorzeichnen diese leichte Andeutung genügte.
Die Ausarbeitung erfolgte mehrstufig in Feder und Pinsellavierung mit einer metallhaltigen Tinte, die wesentliche Merkmale einer Eisengallustinte aufweist (UVF, Abb., zoomen Sie hier in das Blatt). Allerdings enthält diese Tinte, zumindest erkennbar in einigen dunkel deckenden Aufträgen ein zusätzliches Farbmittel, das Pigmentkörnchen (wie etwa Ruß) enthielt. In diesen deckenden Bereichen ist ein leichter Farbverlust durch Abrieb zu erkennen, der entsteht, wenn große oder unzureichend gebundene Pigmentpartikel in einer Tusche vorliegen. In den zwei auf Sockeln ruhenden Figuren links vorne und dem über ihnen drapierten Vorhang sind unter IR (Ebene) oder IRFC (Ebene) die Pigmentverluste deutlich als Fehlstellen zu erkennen, da sie sich in diesen MSI Aufnahmen von den metallhaltigen Bestandteilen der Tinte unterscheiden lassen. Letztere bestimmt das Erscheinungsbild der Zeichnung sowohl im VIS (Ebene) als auch unter UVF (Ebene). Ähnliche Phänomene gibt es in anderen Zeichnungen, bei denen Piranesi mit variabler Mischung und vergleichbarem Effekt arbeitete, so. zum Beispiel bei View of a street in Pompeii (Abb.) des British Museum, oder einer Zeichnung des Spätwerks, The Tomb of the Istacidi, Pompeii (Abb.) am Statens Museum for Kunst in Kopenhagen (Abb. 1 und 2). Dort zeigen breite, vermutlich mit Rohrfeder gesetzte Linien (Abb. 1), aber auch der wohl in Kielfeder gesetzte Schriftzug (Abb. 2), Pigmentanlagerungen.
Insgesamt ist die Technik dieser Zeichnung vergleichbar mit der des anderen Capriccios auf diesem Albumfolio (IX 5159-36-33-1; siehe dort Zeichnerischer Prozess). Die Bögen der Gewölbedecke bestehen häufig aus mehreren parallelen Linien, die bisweilen sowohl Strichkorrekturen als auch Bogenprofilierung darstellen können. Zwar lediglich angedeutet, aber ausgesprochen reichhaltig ist auch der Bauschmuck, der durch kringelnde, zickzackförmige, lange oder auch rhythmisch kurze Linien angedeutet wird.
Die Pinsellavierungen folgen maßgeblich der Federzeichnung und wurden in mehreren Abstufungen hinzugefügt. Unterschiedlich deckend und teils großflächig aufgetragen vertiefen sie die perspektivische Wirkung der Halle. Deren Öffnungen erscheinen im Hintergrund heller, nur diffus von oben durch die unsichtbaren Kuppeln beleuchtet. Der Blick des Betrachters führt von einem dunkel lavierten Vordergrund in die ein hell erleuchtete Tiefe des Raumes. Die dunkel lavierten Skulpturen und von einem Gefäß aufsteigende Rauschschwaden bilden mit ihrer Verschattung einen Rahmen, der den Eindruck eines Bühnenraums erweckt.
Relativ mittig im Bild (bei der giebelbekrönten Fassade im hinteren Raumabschluss) befindet sich eine nachträgliche Korrektur. Dort wurde mit einem trocken aufgetragenen, weißen Pigment eine Lavierung, möglichweise eine weitere Rauchschwade, optisch zurückgedrängt. Gut erkennbar ist diese flächige Korrektur im UV-Falschfarbenbild (UVFC, Abb., zoomen Sie hier in das Blatt). Diese Überarbeitung könnte zwar später erfolgt sein, doch ist ihre künstlerische Absicht nachvollziehbar, wird mit ihr doch ein freier Durchblick in den beleuchteten Hintergrund ermöglicht.
Ausführliche Informationen zu den Fachbegriffen finden Sie im Glossar.
Maria Krämer und Irene Brückle
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