Die Zeichnung des sogenannten Albano-Altars gehört zu den besonders aufschlussreichen Blättern der Karlsruher Alben. Das Stück befand sich im Besitz Piranesis und gehört zu den am häufigsten wiedergegebenen Antiken. Seine Darstellung erhellt die Rolle des Mediums Zeichnung als wesentliches Element an der Schnittstelle der vielfältigen Produktionsfelder in der Piranesi-Werkstatt. Sie macht das künstlerische Interesse Piranesis an der Antike deutlich und veranschaulicht seine Rolle als Antikenhändler. Die zahlreichen unterschiedlichen Zeichnungsschritte, die Überarbeitungen und hinzugefügten Notizen geben zudem Einblick in die Arbeitsprozesse innerhalb der Werkstatt. Auf dem Papier sichtbare Ölflecke lassen auf eine Pause schließen, die als Ausgangspunkt für die druckgraphische Reproduktion in den Vasi, candelabri diente.
Werkdaten
Künstler
Mehrere unidentifizierte Zeichner der Piranesi-Werkstatt, Gruppe 11
Ort und Datierung
Rom, vor 1776
Abmessungen (Blatt)
652 x 424 mm
Inventarnummer
IX 5159-35-47-1
- Zeichenmedien
Schwarze Kreide über Vorzeichnung in Graphit, darüber Feder in Braun (Eisengallustinte) mit Überarbeitungen in fetthaltigem, schwarzem Stift und Graphit und Anmerkungen in Rötel (hell); weitere Informationen siehe: Merkmale der Zeichenmedien
- Beschriftungen
Im Mäanderfries die Zahlen: 1–11; Säule: die Zahl 6; Pilaster die Zahl 4; weitere Informationen siehe: Zeichnerischer Prozess
- Literatur
Georg Kabierske: Vasi, urne, cinerarie, altari e candelabri. Newly Identified Drawings for Piranesi’s Antiquities and Sculptural Compositions at the Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, in: Francesco Nevola (Hg.): Giovanni Battista Piranesi. Predecessori, contemporanei e successori: Studi in onore di John Wilton-Ely, Rom 2016, S. 245–262, hier S. 251, Abb. 19; Bénédicte Maronnie mit Christoph Frank/Maria Krämer: Nouvelle lumière sur l’album de dessins Vogel-Escher de la Zentralbibliothek de Zurich. Copies et circulation de dessins d’architecture et d’ornements dans l’entourage de Johann Joachim Winckelmann, Giovanni Battista Piranesi et Nicolas François Daniel Lhuillier, in: Schweizerische Zeitschrift für Archäologie und Kunstgeschichte 76, 2019, S. 19–44, hier Abb. 23, S. 35.
- Hadernpapier
Vergé; holländische Herstellung (Van der Ley, Zaan-Distrikt); Zeichnung auf der Filzseite; weitere Informationen siehe: Merkmale des Papiers
- Rückseite
Keine erkennbaren Hinweise auf eine rückseitige Bezeichnung oder Beschriftung
Das Werk im Detail
- Bildgegenstand und ikonographische Bedeutung
Die Zeichnung stellt eines der beiden antiken Marmordenkmäler (2. Jh. n. Chr.) dar, die heute in der Sammlung des Museo Pio-Clementino im Vatikan aufbewahrt werden (Abb. 1).[1] Als Weihwasserbecken umfunktioniert, waren sie ab dem 16. Jahrhundert in der Kirche Santa Maria della Stella in Albano, südlich von Rom, eingemauert.[2] Ihre damalige Aufstellung in der Kirche, die mehrmals renoviert wurde, ist unbekannt – vermutlich flankierten sie die Eingangstür. Eine Zeichnung aus dem Codex Coburghensis (Abb. 2) zeigt einen ebenfalls eingemauerten Altar: In den Relieftafeln sind links eine Jagdszene mit einem Hund, der einen Hirsch anfällt, und rechts ein Adlergreif mit Lyra wiedergegeben. Seitlich sind die Relieftafeln des zweiten Gegenstückes mit zwei tanzenden Mänaden und einem Raben mit Lyra dargestellt. Diese Relieftafeln sowie die generelle Ausstattung des Monuments stimmen mit den erhaltenen Marmordenkmälern in den Vatikanischen Sammlungen überein.[3] Obwohl solche Monumente wahrscheinlich seriell produziert wurden und somit mehrere ähnliche Exemplare existierten, entspricht das im Codex Coburghensis dargestellte Monument exakt dem der hier untersuchten Zeichnung.[4]
Abb. 1a: Altar aus Albano, Mitte des 2. Jahrhundert n. Chr. (im 18. Jahrhundert restauriert), Marmor, Höhe: 131 cm, Durchmesser: 62 cm, Rom, Vatikanische Museen, Museo Pio Clementino, Scala Simonetti, Mv.2323.0.0
Foto Copyright © Governorate of the Vatican City State-Directorate of the Vatican MuseumsAbb. 1b: Altar aus Albano, Mitte des 2. Jahrhundert n. Chr. (im 18. Jahrhundert restauriert), Marmor, Höhe: 131 cm, Durchmesser: 62 cm, Rom, Vatikanische Museen, Museo Pio Clementino, Scala Simonetti, Mv.2337.0.0
Foto Copyright © Governorate of the Vatican City State-Directorate of the Vatican MuseumsAbb. 2a: Anonymer Zeichner des Codex Coburghensis, Ara und Altar (Detail), um 1550, Feder in Braun, Pinsel in Grau, 211 x 418 mm, © Kunstsammlungen der Veste Coburg, Hz.002.NR.175 Abb. 2b: Anonymer Zeichner des Codex Coburghensis, Ara und Altar (Detail), um 1550, Feder in Braun, Pinsel in Grau, 211 x 418 mm, © Kunstsammlungen der Veste Coburg, Hz.002.NR.175 Die beiden antiken Denkmäler im Vatikan wurden in der Literatur oft fälschlicherweise als Dreifüße bezeichnet, doch unterscheiden sie sich deutlich von antiken, in Bronze ausgeführten Dreifüßen. Sie wurden Ende der 1760er Jahre aus der Kirche von Albano entfernt und in diesem Zuge mit vier Stützen rekonstruiert. In seinen beiden gedruckten Darstellungen (Abb. 3 und 4) verwendete Piranesi den Ausdruck „Ara Antica“ („antiker Altar“), der hier übernommen wird, obwohl er der ursprünglichen Funktion des Gegenstandes nicht entspricht. In der archäologischen Literatur wird wiederholt darauf hingewiesen, dass solche Monumente der Dekoration dienten – die Aushöhlungen im oberen Bereich wurden erst nach der Umnutzung als Weihwasserbecken vorgenommen.[5]
Abb. 3: Giovanni Battista Piranesi, Albano-Altar, in: Vasi, candelabri, 1778, Taf. 95 (nach dem Katalog von 1792 bereits 1776 gedruckt), Museumslandschaft Hessen Kassel, Kupferstichkabinett, SM-GS 6.2.696
CC BY-NC-SA 3.0Abb. 4: Giovanno Battista Piranesi, „Ara Antica”, in: Antichità d’Albano e di Castelgandolfo, 1764, Taf. 8, Museumslandschaft Hessen Kassel, Kupferstichkabinett, SM-GS 6.2.874
CC BY-NC-SA 3.0Die Debatte um den Fundort der beiden Denkmäler wurde zuletzt von Giovanna Grumo zusammengefasst.[6] Piranesi gab im Druck als Provenienz die Villa von Pompeius Magnus in Albano an, ohne seine Quelle zu nennen. In früheren Überlieferungen werden weitere Provenienzen angegeben. So heißt es beispielsweise, die beiden Stücke seien gegenüber des Klosters della Stella in Albano, in den Ruinen eines Aeskulap-Tempels, gefunden worden,[7] oder auch, sie seien Bestandteil eines Theaters im Gebiet von Domitians Villa in Castel Gandolfo gewesen.[8] Laut Carlo Gasparri hingegen stammen beide Denkmäler aus Rom und wurden im 16. Jahrhundert auf dem Aventin gefunden. Er vermutet, dass es sich bei einer in Neapel aufbewahrten Zeichnung eines vergleichbaren Stückes (Abb. 5) mit der Ortsangabe San Lorenzo in Panisperna um eines der beiden Werke handelt und sich die Altäre folglich erst in der Kirche San Lorenzo befanden und dann um 1676, anlässlich der Renovierung der Kirche, nach Albano transferiert wurden.[9] Allerdings weist die von Gasparri erwähnte Zeichnung einige Unterschiede zu den hier besprochenen Monumenten auf (Abb. 1): Im oberen Bereich fehlen der Mäanderfries und zwischen den Altarbeinen das Becken. Wahrscheinlicher ist, dass es sich um einen vergleichbaren Werk-Typus handelt, jedoch nicht um dasselbe Objekt.[10]
Abb. 5: Anonym (italienischer Zeichner), Altar („in Roma a S. Laurenzi Panisperna”), um 1540/60, Feder in Braun über schwarzem Stift, mit Pinsel braun laviert, 217 x 146 mm, Biblioteca Nazionale di Napoli, BNN Ms XII D 74 c 14r-v su concessione del Ministero della cultura © Biblioteca Nazionale di Napoli Die beiden „Altäre“ wurden von Piranesi zu einem unbekannten Zeitpunkt, wahrscheinlich in der zweiten Hälfte der 1760er Jahre oder Anfang der 1770er Jahre, erworben und aus Albano in seine Werkstatt im Palazzo Tomati gebracht.[11] Dort fand eine Restaurierung beider Stücke statt, die wahrscheinlich vor allem die Seiten betraf, die in der Kirche eingemauert waren. Viele der Artefakte, die in Piranesis Werkstatt produziert wurden, bestanden hauptsächlich aus modernem Material und nur zu einem geringen Teil aus antiken Fragmenten, so z.B. der Newdigate Kandelaber (IX 5159-35-46-1). In solchen Pasticci wurden nicht zusammengehörende antike Fragmente so zusammengesetzt, dass sie den Eindruck vollständiger Antiken erzeugten.[12] Von diesem Vorgehen unterscheiden sich die Albano-Monumente, da ihre Grundformen noch intakt war und mit nur wenigen modernen Zusätzen vervollständigt wurde, um ihre umfassende Lesbarkeit zu gewährleisten.
Bis zu Giovanni Battistas Tod befanden sich die Stücke in seiner Sammlung. Sie sind in der „Nota di tutta la robba di galleria“ der von Visconti zusammengetragenen Manuskripte aufgelistet und gehören zu den Stücken, die im Jahr 1782 durch einen Verkauf der Erben Piranesis ins Museo Pio-Clementino kamen.[13] Anfang des 20. Jahrhunderts standen sie in der ehemaligen Vatikanischen Pinakothek, danach wurden sie auf einem Treppenabsatz der Scala Simonetti präsentiert, wo sie sich heute noch befinden.[14]
Bénédicte Maronnie
Einzelnachweis
1. Zu den Altären im Museo Pio Clementino siehe Giandomenico Spinola: Il Museo Pio Clementino, vol. 3: L’atrio dei Quattro Cancelli, la scala Simonetti (…), Città del Vaticano, 2004 (Guide cataloghi dei Musei Vaticani; 5), S. 36-38, Nr. 12.
2. Zur Kirche Santa Maria della Stella und ihrer Geschichte siehe Alberto Crielesi: S. Maria della Stella in Albano. Storia e Sacralità nei secoli, Albano Laziale 2017.
3. Zur Zeichnung aus dem Codex Coburghensis siehe Richard Harprath: Zeichentechnik und künstlerische Persönlichkeit des „Meisters des Codex Coburghensis“, in: Richard Harprath/Henning Wrede (Hg.): Internationales Symposium Antikenzeichnung und Antikenstudium in Renaissance und Frühbarock, 1986, Coburg 1989, S. 127–140, und Henning Wrede: Die Codices Coburghensis und Pighianus im gegenseitigen Vergleich, in: Ebd., S. 141–151.
4. Ennio Quirino Visconti: Il Museo Pio-Clementino, Bd. 7, 1807, S. 74. Ein vergleichbarer Altar wurde im Jahr 1880 auf dem Aventin vor der Kirche des Priorato di Malta gefunden, und wird heute im Museo Nuovo dei Conservatori aufbewahrt (siehe Eugen von Mercklin: Zwei marmorne Dreifüße aus Albano im Vatikan, in: Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Römische Abteilung 49, 1934, S. 209–221, hier S. 213; abgebildet in H. Stuart Jones (Hg.): A Catalogue of the Ancient Sculptures Preserved in the Municipal Collections of Rome. The Sculptures of the Palazzo dei Conservatori, Rom 1926, Bd. 1, Taf. 8, sec. port. 9). Dort wurden schon zwischen 1534 und 1541 Ausgrabungen durch die Familie Farnese ausgeführt, was Gasparri vermuten lässt, dass die heute im Vatikan aufbewahrten Altäre ebenfalls vom Aventin stammen könnten. Mangiafesta (Maria Mangiafesta: Antichità dei Colli Albani ai Musei Capitolini, dallo scavo al collezionismo, in: Bollettino dei musei comunali di Roma 26, 2012, S. 5–19, hier S. 5 Anm. 2) erwähnt noch weitere vergleichbare Denkmäler.
5. Aufgrund der apollinischen und bacchantischen Elemente vermutet von Mercklin (Eugen von Mercklin: Zwei marmorne Dreifüße aus Albano im Vatikan, in: Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Römische Abteilung 49, 1934, S. 209–221, hier S. 215f.), dass die Gegenstände in Theatern verwendet wurden, während Spinola sie für Teile des Gartendekors einer Villa hält (Giandomenico Spinola: Il Museo Pio Clementino, Bd. 3: L’atrio dei Quattro Cancelli, la scala Simonetti […], Vatikanstadt 2004, S. 38: „un arredo di villa, forse proprio di un ninfeo“). Visconti beschreibt sie einfach als Sockel (Ennio Quirino Visconti: Il Museo Pio-Clementino, Bd. 7, 1807, S. 73: „eran mense o piedestalli“).
6. Vgl. Giovanna Grumo: Ara antica, in: Ginevra Mariani (Hg.): Giambattista Piranesi. Matrici incise 1762–1769, Rom 2020, Nr. 37, S. 143f.
7. Vincenzo Vecchi: Collezione di n. 24 vedute quasi tutte inedite rappresentanti Monumenti e Luoghi celebri esistenti nelle vicinanze di Roma, Rom 1867) zitiert nach Carlo Gasparri: La Galleria Piranesi da Giovan Battista a Francesco, in: Xenia antiqua 3, 1982, S. 91–107, hier S. 94 und Maria Mangiafesta: Antichità dei Colli Albani ai Musei Capitolini, dallo scavo al collezionismo, in: Bollettino dei musei comunali di Roma 26, 2012, S. 5–19, hier S. 5.
8. Vgl. Eugen von Mercklin: Zwei marmorne Dreifüße aus Albano im Vatikan, in: Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Römische Abteilung 49, 1934, S. 209–221, hier S. 215f.
9. Siehe Carlo Gasparri: La Galleria Piranesi da Giovan Battista a Francesco, in: Xenia antiqua 3, 1982, S. 91–107, hier S. 96f.
10. Die Provenienz der Piranesi-Altäre aus Albano wurde kürzlich auch von Mangiafesta unterstützt (Maria Mangiafesta: Antichità dei Colli Albani ai Musei Capitolini, dallo scavo al collezionismo, in: Bollettino dei musei comunali di Roma 26, 2012, S. 5–19, hier S. 5).
11. 1771 führte Gavin Hamilton Ausgrabungen im Areal von Albano durch (siehe Ilaria Bignamini/Clare Hornsby: Digging and Dealing in Eighteenth-Century Rome, 2 Bde., New Haven/London, Bd. 2, S. 42–45. Panza (Pierluigi Panza: Museo Piranesi, Mailand/Genf 2017, S. 144) vermutet, dass Piranesi daran teilgenommen hat und die beiden Denkmäler in diesem Zusammenhang erwarb.
12. Zur Restaurierungspraxis und ihrer Entwicklung im Laufe der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts (Theorie und Terminologie) siehe u.a. Ulrike Müller-Kaspar: Das sogenannte Falsche am Echten. Antikenergänzungen im späten 18. Jahrhundert in Rom, Universität Bonn 1988, Dissertation (unpubliziert); Petra Thomas: Giovanni Battista Piranesi als Antikenrestaurator. „Vasi, Candelabri, Cippi, Sarcofagi, Tripodi, Lucerne ed ornamenti Antichi“, 1778, Universität Hamburg 1999, Masterarbeit (unpubliziert), S. 7–13; Max Kunze/Thomas Fröhlich (Hg.): Römische Antikensammlungen im 18. Jahrhundert, Ausst. Kat. Kulturstiftung Dessau-Wörlitz, Winckelmann Museum, Stendal 1998; Orietta Rossi-Pinelli: Chirurgia della memoria: scultura antica e restauri storici, Turin 1986], hier vor allem S. 221–226 und 232–236.
13. Bei der „Nota di tutta la robba di galleria” handelt es sich um ein anonymes Manuskript, das sich mit weiteren zugehörigen Archivalien in Viscontis Nachlass befindet (Ms. Ferrajoli 969, 312r). Siehe “stanza quinta, n. 23 due are che stavano in Albano 800” (publiziert in Carlo Gasparri: La Galleria Piranesi da Giovan Battista a Francesco, in: Xenia antiqua 3, 1982, S. 91–107, hier S. 102).
14. Ich bedanke mich bei Dr. Claudia Valeri (Rom, Musei Vaticani) für die Informationen zum Sammlungsgegenstand.
- Beschreibung und Komposition
Der Altar ist in der Zeichnung aus der Seitenperspektive und leicht von unten dargestellt, sodass seine dreidimensionale und monumentale Wirkung verstärkt wird. Er steht auf einer heute nicht mehr vorhandenen flachen runden Basis, die mit einem Rankenmotiv verziert ist. Auf dieser erhebt sich ein polygonaler Sockel, in dem sich die Grundform des Denkmals abzeichnet. Zu sehen sind lediglich zwei der vier nach außen gestellten Altarbeine, die in Löwenklauen enden. Sie sind mit gerahmten Feldern dekoriert, die jeweils einen Akanthuskelch zeigen, aus dem eine Wellenranke mit gelappten Blättern und Blüten aufsteigt. Bekrönt sind diese von kleinen Kapitellen, die mit zwei Reihen symmetrisch nach oben gewölbter Blätter und einer Maske geschmückt sind. Zwischen den Beinen des Altars sind eine ionische kannelierte Säule und ein Pilaster eingestellt, die auf profilierten Basen ruhen. Auf den darüberliegenden Flächen sind jeweils eine Relieftafel mit einer narrativen Szene – oberhalb der Säule ist eine Jagd zu erkennen, oberhalb des Pilasters ein Greif mit einer Lyra – eine hängende Girlande, die an die Kapitelle der hochrechtigen Reliefs anschließt und eine Medusen-Maske auf einem Halbrund wiedergegeben. Abgeschlossen wird der Altar mit einem runden Aufsatz aus einem Eierstab, einem Fries mit einem durchlaufenden Mäandermotiv und einem Lorbeerkranz.
Bénédicte Maronnie
- Einordnung in das Gesamtwerk Piranesis
Die hier besprochene Zeichnung steht in direkter Verbindung mit einer Tafel der Vasi, candelabri. Dem Katalog der Piranesi-Chalkographie von 1792 zufolge wurde sie im Jahr 1776 als Einzelblatt veröffentlicht (Abb. 3, siehe Graphischer Transfer und mediale Umsetzung), also schon vor der Erscheinung der zweibändigen Publikation 1778. Dieses Datum gilt somit als terminus ante quem für die Karlsruher Zeichnung. Ihre monumentalisierende Darstellungsweise innerhalb der Vasi, candelabri diente der Bewerbung und Förderung des Verkaufs der in der Piranesi-Werkstatt restaurierten Gegenstände.
Piranesi beschäftigte sich im Laufe seiner Karriere mehrfach mit dem Albano-Altar. Ende 1763 erkundete er nachweislich das Areal der Colli Albani, zunächst Albano, dann Castel Gandolfo und schließlich Cora.[1] Doch hatte er die Gegend vermutlich schon früher besucht und erforscht, wie aus den Schemata Emissarii Lacus Albani seiner 1761 erschienenen Publikation Magnificenza dei Romani hervorgeht, die eine Art Auftakt für die kommenden Druckwerke zu den Monumenten südlich von Rom bildet.[2]
Piranesi veröffentlichte die Ergebnisse seiner Feldforschungen in der 1762 erschienenen Descrizione e Disegno dell’Emissario del Lago Albano (mit einem Anhang betitelt Di Due spelonche ornate dagli antichi alla riva del Lago Albano), die 1764 in den Antichità d’Albano e di Castelgandolfo erneut aufgelegt wurde. In Tafel VIII (Abb. 4) lieferte er eine erste Version des Altars. Sie ist die einzige Abbildung innerhalb der Folge, die sich auf einen isolierten Gegenstand fokussiert, diesen frontal wiedergibt und archäologisch objektiv darzustellen sucht. Ihr besonderer Platz innerhalb des Werks wird im Kontrast zu den anderen Tafeln mit beeindruckenden Kompositionen aus antiken Überresten oder Zusammenstellungen antiker Architekturornamente deutlich. Eine vorbereitende Zeichnung zum Druck wurde vor kurzem im Nachlass von Hans Caspar Escher (1775–1859) in der Zentralbibliothek Zürich identifiziert (Abb. 6).[3] Dass diese als Vorzeichnung und nicht als Kopie nach dem Druck zu bewerten ist, bezeugen u.a. die nachträglichen Korrekturen der Bildlegende. Weitere Vorzeichnungen aus Piranesis Werkstattmaterial weisen eine vergleichbare Handschrift auf, z.B. das Frontispiz der Diverse maniere (Staatliche Museen zu Berlin, Kunstbibliothek, Inv. HdZ 6302) und die Darstellung des Herkules-Tempels in Cora (IX 5159-35-34-1v).[4] Die für die Zeit typische standardisierte Schrift erschwert die Frage nach den Kopisten, Sekretären und Gelehrten, die mit Giovanni Battista arbeiteten und ihm halfen, die Legenden der Druckgraphiken sowie seine theoretischen Texte zu verfassen. Die Züricher Zeichnung, die im Übrigen die gleichen Maße wie der Druck aus den Antichità d’Albano hat und zu einem Ensemble von gezeichnetem Werkstattmaterial gehört, ist vor 1764 zu datieren, wahrscheinlich um 1760.
Abb. 6: Giovanni Battista Piranesi oder Werkstatt (?), Albano-Altar, um 1760 (auf jeden Fall vor 1764), Rötel, schwarzer Kreide, Feder, 280 x 425 mm, Zentralbibliothek Zürich, Handschriftenabteilung, FA Escher vG.188.6, Falz 13, Zeichnung 28
CC0 1.0Auch wenn die Frage der Autorschaft der Züricher Altarzeichnung angesichts der Komplexität und Variabilität von Piranesis Zeichenstil noch weiter diskutiert werden muss, lässt sich hier vermutlich seine präzise Zeichenart erkennen. Dies legt der Vergleich mit anderen Ornamentdetails nahe, beispielsweise dem Reliefstück mit Pferd im oberen Bereich der Vedute eines antiken Grabmals in der Nähe von Tivoli (Florenz, Uffizien, Inv. 96007). Zweifellos bildet diese Darstellung auch ein wichtiges neues Element im Zusammenhang mit den Ornamentzeichnungen der frühen 1760er Jahre, die bislang eher am Rande studiert wurden.[5] Die frühen 1760er Jahre sind eine Übergangszeit, die u.a. vom Umzug der Werkstatt von der Via del Corso zum Palazzo Tomati im Jahr 1761 und dem darauffolgenden Aufschwung der Werkstattproduktion mit ihren Pasticci und dekorativen Gegenständen geprägt ist. Wie weitere Ornamentzeichnungen hauptsächlich in der Morgan Library und in Zürich belegen, scheinen schon in dieser früheren Schaffensperiode Zeichnungen von Zeitgenossen in der Werkstatt Piranesis für die Ausarbeitung der Drucktafeln verwendet worden zu sein. Piranesis Kontakte zu französischen Architekten und Künstlern und zum Umfeld der Académie de France waren in dieser Zeit immer noch sehr eng[6]. Wie hinsichtlich des Züricher Architekten David Vogel (1744–1808) bereits erwiesen, war auch der französische Zeichner Nicolas François Daniel Lhuillier (um 1736–1793) um 1763/65 in Rom besonders aktiv, jedoch anscheinend unabhängig der offiziellen Institutionen.
Darüber hinaus skizzierte Piranesi den Albano-Altar (ebenso wie weitere vergleichbare Kandelaber und Vasen aus seiner Sammlung) im Taccuino B von Modena (Abb. 7).[7] Die in Feder und Rötel ausgeführte Zeichnung, die charakteristisch für seinen kraftvollen Duktus ist und sich somit von den hier besprochenen Zeichnungen in Zürich und Karlsruhe unterscheidet, steht eher mit der Restaurierungstätigkeit an den Sammlungsobjekten innerhalb der Werkstatt als mit ihrer gedruckten Wiedergabe in Verbindung.[8]
Abb. 7: Giovanni Battista Piranesi, Skizze eines antiken Kriegsschiffes auf hohem Sockel und des Albano-Altars, Anfang der 1770er Jahre (?), Feder in Braunschwarz (mit Eisengallustinte), 185 x 130 mm,Modena, Courtesy Ministero della Cultura – Gallerie Estensi, Biblioteca Estense Universitaria, Taccuino B (Ms. Campori 1522; GAMMA.Y.06.32), fol. 10
CC BY-NC-SA 4.0Anzumerken ist, dass die von Piranesi studierten oder restaurierten Kandelaber öfter auch innerhalb von Architekturphantasien inszeniert wurden. Georg Kabierske hat beispielsweise auf die Verwendung der Meta Albani und des Hekataions (IX 5159-35-32-2)[9] innerhalb der Architekturphantasie des Museums Boijmans Van Beuningen in Rotterdam (Inv. MB 1957/T11) hingewiesen.[10] Desgleichen ist der Albano-Altar im Vordergrund der Zeichnung des sogenannten Magnifico Mausoleo, ehemals in der Sammlung von Edward Walter und heute im Besitz des Earl of Verulam in Gorhambury House nahe St Albans (Hertfordshire, Großbritannien), inmitten weiterer antiker Sarkophage, Brunnenbecken und Vasen gut erkennbar dargestellt.[11] In den anderen Zeichnungen der Gorhambury-Sammlung können weitere Verbindungen dieser Art festgestellt werden.[12] Als Edward Walter die Zeichnungen von Piranesi während seines römischen Aufenthaltes (1769–1771) erwarb, muss der Albano-Altar gerade in den Besitz Piranesis gekommen und zu einem der wichtigsten Stück seiner Sammlung geworden sein. Diese Antike war somit ein Kernmotiv, das Piranesi in mehreren Zeichnungstypologien – von der isolierten Skizze bis zur Inszenierung innerhalb einer Komposition – durchdeklinierte und weiterentwickelte.
Bénédicte Maronnie
Einzelnachweis
1. Vgl. Ginevra Mariani: Palazzo Tomati: gli anni della grande impresa, tra ricerca e scavo progettazione e decorazione d’interni, in: Dies.: Giambattista Piranesi, matrici incise 1762–1769, Rom 2020, S. 9–25, hier S. 12–15, und Domenico Palombi: Ai confini di Roma: Piranesi a Cori, in: ebd., S. 35–48.
2. Vgl. Ciro Salinitro: Schemata Emissarii Lacus Albani, in: Ginevra Mariani (Hg.): Giambattista Piranesi. Matrici incise 1761-1765, Rome: Editalia, 2017, Nr. 63f., S. 192f.
3. Vgl. Zürich, Zentralbibliothek, Handschriftenabteilung, FA Escher vG. 188.6, fol. 13/29, abgebildet in Bénédicte Maronnie mit Christoph Frank/Maria Krämer: Nouvelle lumière sur l’album de dessins Vogel-Escher de la Zentralbibliothek de Zurich. Copies et circulation de dessins d’architecture et d’ornements dans l’entourage de Johann Joachim Winckelmann, Giovanni Battista Piranesi et Nicolas François Daniel Lhuillier, in: Schweizerische Zeitschrift für Archäologie und Kunstgeschichte 76, 2019, S. 19–44, hier S. 34, Abb. 21.
4. Die gleiche Handschrift findet sich auf den beschrifteten Rückseiten von Zeichnungen in der New Yorker Morgan Library wieder, siehe Inv. 1966.11.78v und 1966.11.82, 1966.11.69v sowie in der Namenliste der Subskribenten der Lettere di Giustificazione (Sammlung Vincent J. Buonanno) publiziert in: Carolyn Yerks/Heather Hyde Minor: Piranesi Unbound, Princeton/Oxford 2020, S. 59.
5. Für Beispiele solcher Ornamentzeichnungen, die mit Druckwerken aus den frühen 1760er Jahren verbunden sind, siehe u.a. in Bezug zu Della Magnificenza dei Romani, hier IX 5159-35-32-2, in New York, Morgan Library, Inv. 1966.11.19, 1966.11.21, 1966.11.22; in Bezug zu den Lapides Capitolini, Morgan Library, Inv. 1966.11.23.
6. Zu Hubert Robert z.B. siehe Domenico Palombi: Ai confini di Roma: Piranesi a Cori, in: Ginevra Mariani (Hg.): Giambattista Piranesi, matrici incise 1762–1769, Rom 2020, S. 35–48, hier S. 35 und dort angegebene Literatur.
7. Vgl. Mario Bevilacqua: Piranesi, Taccuini di Modena, 2 Bde., Rom 2008, Bd. 1, S. 205, 228–230, Bd. 2, c. 10.
8. Vgl. ebd., Bd. 1, S. 205f.
9. Vgl. Peter C. Bol (Hg.)/Agnes Allroggen-Bedel (Bearb.): Forschungen zur Villa Albani. Katalog der antiken Bildwerke, Bd. 5: In den Gärten oder auf Gebäuden aufgestellte Skulpturen sowie die Masken, Berlin 1998, Nr. 929, S. 433 und Nr. 1035, S. 578–584.
10. Vgl. Thomas Hylton: De tekeningen van Piranesi in het Museum Boymans, in: Bulletin Museum Boymans 8, 1957, S. 10–20; Rhea Blok/Maartje de Haan (Hg.): Giovanni Battista Piranesi, Ausst. Kat. Maastricht, Bonnefantenmuseum, Maastricht 1998, Taf. 43.
11. Vgl. Mario Bevilacqua: Piranesi, Taccuini di Modena, 2 Bde., Rom 2008, Bd. 1, S. 230; Alessandro Bettagno (Hg.): Disegni di Giambattista Piranesi, Venedig, 1978, S. 60, Nr. 66.
12. Der Dreifuß im Vordergrund der Zeichnung aus der Sammlung des Earl von Verulam, „Grande piazzale con archi trionfali“ (abgebildet in Alessandro Bettagno (Hg.): Disegni di Giambattista Piranesi, Venedig, 1978, Kat. 67), entspricht z.B. dem Dreifuß, der ehemals in den Kapitolinischen Sammlungen war, auch abgebildet in den Vasi, Candelabri (Taf. 90) und heute in Paris, Musée du Louvre (Département des Antiquités grecques, étrusques et romaines, Inv. Ma 1000), siehe dazu Eloisa Dedoro/Claudio Parisi Presicce: Il tresoro di Antichità. Winckelmann e il Museo Capitolino nella Roma del Settecento, Ausst. Kat. Rom, Musei Capitolini, Rom 2017, Nr. 101, S. 209–310 (Alberto Danti).
- Ableitung, Rezeption und Dissemination
Denkmale dieses Typus waren seit der Renaissance bekannt und wurden verschiedentlich abgebildet. Außer der schon erwähnten Zeichnung aus dem Codex Coburghensis (um 1550), wird der Albano-Altar auch im Museo Cartaceo von Cassiano dal Pozzo (1588–1657) dargestellt.[1] Dies scheint ein weiterer Hinweis darauf zu sein, dass Piranesi die damals in Rom aufbewahrte Sammlung Dal Pozzos kannte und bei der Wahl seiner Darstellungen antiker Bauornamente und Monumente innerhalb seiner Druckwerke einem existierenden, von den Zeitgenossen anerkannten Repertoire folgte. So wie im Fall der bereits erwähnten anonymen Zeichnung in Neapel (Biblioteca Nazionale, Ms.XIID74, c.14rb, Abb. 4), datiert um 1540–1560,[2] gehören die Zeichnungen von Raffaello da Montelupo (1530er Jahre, Abb. 8) und die nach seinem Vorbild entstandenen von Giovanni Antonio Dosio (1533–1610) zur gleichen Objekttypologie.[3] Im Kontext einer frühen und weit verbreiteten Kopierpraxis scheint die Wiedergabe des polygonalen Sockels des Albano-Altars und vergleichbarer Denkmäler ein besonders interessanter Aspekt gewesen zu sein und als geometrische Herausforderung für den Künstlern gegolten zu haben, wie sich auch anhand der Karlsruher Zeichnung belegen lässt: Die vielmals überarbeiteten Konstruktionslinien des Sockels deuten darauf hin, dass seine perspektivische Darstellung dem Zeichner Schwierigkeiten bereitete.
Abb. 8: Raffaello da Montelupo, Verschiedene Skizzen, darunter ein Altar, sog. Codex de Lille, fol. 57, etwa 1530er Jahre, Feder in Braun (Eisengallustinte), 210 x 138 mm, Lille, Palais des Beaux-Arts, collection Wicar, Pl.787
© Palais des Beaux-Arts de Lille – cliché Jean-Marie DautelIm 18. Jahrhundert, vor allem in den 1760er und 1770er Jahren, war der Typus des Albano-Altars durch gezeichnete Abbildungen weit verbreitet. Obwohl er in den zwischen 1755 und 1778 entstandenen Griffonis des Abbé de Saint-Non bei den dort enthaltenen „feuillets d’après l’antique“ (vor 1763) nicht abgebildet wurde, findet man ihn in den zugehörigen und ähnlich wie die gedruckten Tafeln aufgebauten Zeichnungen in Besançon (Nachlass von Pierre-Adrien Pâris, Bibliothèque Municipale).[4] Er erscheint sowohl als Abklatsch (vol. 454, Nr. 41) als auch gezeichnet in schwarzer Kreide, hier inszeniert mit Flammen, die aus dem Becken lodern und vom Wind fortgetragen werden ( Abb. 9).[5] In Richard Norris' (?–1792) römischen Zeichnungsalben, die eine Kompilation von Kopien nach verschiedenen Vorbildern enthalten, kommt der Altar mit der Beschriftung „a Albano“ vor, ausgeführt in Feder und laviert.[6] Norris hatte Piranesi während seines Aufenthalts in Rom (1769–1772) kennengelernt, wo er sich hauptsächlich mit dem Zeichnen von Ornamenten beschäftigte.[7] Die Beschriftung macht deutlich, dass er den Altar noch nicht mit Piranesis Sammlung, sondern mit dem Fundort in Albano verband. Dies zeigt, dass das antike Denkmal Architekten und Künstlern bekannt war. In einem anonymen Klebeband im John Soane’s Museum, London (Vol. 129), der Zeichnungen verschiedener wohl französischer Künstler enthält, ist derselbe Altar wie in Norris‘ Alben und sehr ähnlich in Feder laviert dargestellt.[8] Ein vergleichbarer, ebenfalls in Feder laviert wiedergegebener Altar findet sich zudem im Berliner Skizzenbuch des römischen Aufenthalts von Charles-François Darnaudin (1741–1805, Skizzenbuch von 1763).[9] Auch Pierre-Adrien Pâris (1745–1819) stellte Anfang der 1780er Jahren den Gegenstand in einer ihm zugeschriebenen Zeichnung der École des Beaux-Arts, Paris (Inv. O.773, Abb. 10) dar. Über die ikonographische Bedeutung hinaus und abgesehen von dem rein archäologischen Wert, hat der Albano-Altar bzw. der Altartypus, den er beispielhaft verkörpert, eine breite Rezeption als ornamental gestaltetes Motiv im 18. Jahrhundert erfahren.
Abb. 9: Anonym, Altar, schwarze Kreide, 220 x 165 mm, Besançon, Bibliothèque municipale, Fonds Pâris, vol. 454, Nr. 31
CC0 1.0Abb. 10: Pierre-Adrien Pâris, Altar, Feder und Lavierung in Grau
© Paris, École Nationale Supérieure des Beaux-Arts, Cabinet des dessins, O.773Mit der Zeit wurde der Albano-Altar zu einem der Hauptstücke der Vatikanischen Sammlungen, das sowohl in Viscontis Sammlungskatalog als auch bei Roccheggiani abgebildet wurde.[10] Weiteren Ruhm erlangte das Stück durch die Architekten Charles Percier (1764–1838) und Léonard Fontaine (1762–1853), die es wenigstens drei Mal zeichneten.[11]
Bénédicte Maronnie
Einzelnachweis
1. Siehe die Zeichnung des Altars in der Dal Pozzo Sammlung (Windsor Castel, Royal Library, Inv. RL11358, Nettuno, fol. 119, zugeschrieben an Giovanni Battista Galestruzzi [um. 1611/20–nach1678], 414 x 259 mm, annotiert “Albani in Eclesia S. Mariae vulgo: la stella: modo inservit aquae lustralij”), abgbildet in Elena Vaiani/Simonetta Prosperi Valenti Rodinò/Helen Whitehouse: The Paper Museum of Cassiano dal Pozzo, Part eight: Egyptian and Roman Antiquities and Renaissance Decorative Arts, 2 Bde., London, 2018, Bd. 1, S. 166–168, Nr. 57. Auch eine Zeichnung eines vergleichbaren Altars wurde von Etienne Duperac (1525–1604) gezeichnet, siehe in Paris, Musée du Louvre, Département des Arts graphiques, Inv. 26459. Zu den Beziehungen zwischen den Zeichnungen von Duperac und Dal Pozzo siehe Ingo Herklotz: Cassiano Dal Pozzo und die Archäologie des 17. Jahrhunderts, München 1999, S. 256f.
2. Zu dieser Zeichnung siehe Orietta Lanzarini: Memorie antiquarie. Il Frammento di un libro di disegni nel codice Tarsia, in: Leonardo e il Rinascimento nei codici napoletani. Influenze e modelli per l’architettura e l’ingegneria, Ausst. Kat. Neapel, Biblioteca Nazionale, 2019, S. 365–379, hier S. 366, zur Datierung S. 377.
3. Abbildungen in Arnold Nesselrath: I libri di disegni di antichità. Tentativo di una tipologia, in: Salvatore Settis (Hg.): Memoria dell’antico nell’arte italiana, Bd. 3: Dalla tradizione all’archeologia, Turin 1986, S. 89–147, hier S. 129, Abb. 101–103. Die zwei Zeichnungen von Raffaello da Montelupo werden in der Sammlung von Rugby School und im Palais des Beaux-arts de Lille aufbewahrt. Zu Letzterem siehe u.a. Frédérique Lemerle: Livre de dessins de Michel-Ange, in: Barbara Brejon de Lavergnée (Hg.): Catalogue des Dessins italiens. Collections du Palais des Beaux-Arts de Lille, Paris 1997, S. 283–322.
4. Vgl. „Suite de Dix Huit Feuilles d’après l’antique“, Jean de Cayeux: Introduction au catalogue critique des „Griffonis“ de Saint-Non et catalogue des „Griffonis“, in: Bulletin de la Société de l’Histoire de l’Art Français, 1964, S. 330–335, Nr. 42–59. Carolina Brook/Valter Curzi (Hg.): Roma e l’Antico. Realtà e visione nel’700, Ausst. Kat. Rom, Fondazione Roma Museo, Palazzo Sciarra, Genf 2010, S. 398f., Nr. II.10 (Ilaria Sgarabozza/Stefania Tullio Cataldo).
5. In einem der Alben von Pierre-Joseph Antoine (1730–1814, in Rom um 1761–1763) ist eine mit den Griffonis-Zeichnungen von Besançon verbundene Kopie (siehe Antoine-Alben in der Bibliothèque Jacques Doucet-INHA, Paris, Inv. Ms. 306, fol. 49) aufbewahrt. Zu den Alben siehe Yves Beauvalot: Les Épaves d’une collection: deux recueils de dessins de l’architecte Pierre-Joseph Antoine (1730–1814), in: Actes du 109e congrès national des sociétés savantes, Paris 1984, S. 238–255). Diese Zeichnung ist mit der Ortsangabe „a Villa Albani“ beschriftet, was von Pierre-François Basan in seinem Recueil d’antiquités romaines ou voyage d’Italie […] (nach 1769) übernommen wurde. Da kein vergleichbares Stück aus der Sammlung der Villa Albani bekannt ist, kann vermutet werden, dass die Ortsangabe in dieser weitreichenden Kette gezeichneter Kopien irrtümlich übernommen wurde.
6. Vgl. Richard Norris (?), Altar („a Albano“), Feder in Braun über schwarzem Stift, mit Pinsel braun laviert, London, Victoria and Albert Museum, E.1580-1914.
7. Beide Zeichnungsalben von Richard Norris werden im Victoria and Albert Museum, London, aufbewahrt (Bd. I: E.1404-1914 bis 1439-1914, Bd. II: E.1533-1914 bis 1698-1914) seine Reisebücher befinden sich in der British Library, London (5 Bücher handgeschrieben, Add.MS.52497.A-D). Vgl. Ugo Valdrè/Brian Lynch/Camille Lynch: Vincenzo Valdrè. Pittore, decoratore ed architetto a Parma (?–1766), a Roma (1767–1772), con Richard Norris (1771–1772), a Parigi (1773), a Londra (1774–1778) a Stowe (1779–1789) e a Dublino (1790–1814), Faenza 2014.
8. Vgl. Georg Kabierske: Römische Lehrjahre. Zum Zeichnen und Sammeln von Bauornamentik in Rom in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, Universität München 2020, Masterarbeit (unpubliziert), S. 47, Anm. 181.
9. Vgl. Ekhart Berckenhagen: Die Französischen Zeichnungen der Kunstbibliothek Berlin, Berlin 1970, zu Inv. OZ 104 (HdZ 2436), ehem. in der Sammlung Destailleur, siehe S. 370 mit Abbildung der Zeichnung des Altars. Dem eingeklebten Zettel am Anfang des Albums zufolge brachte Charles-François Darnaudin (1741–1805) die Zeichnungen aus Rom zurück. Ich danke Christoph Frank für den Hinweis auf die Alben und für die Bereitstellung der Albumfotos.
10. Vgl. Ennio Quirino Visconti: Il Museo Pio-Clementino, Bd. 7, 1807, Taf. 42; Lorenzo Roccheggiani: Raccolta di cento tavole rappresentanti i costumi religiosi civili, e militari degli antichi Egiziani, Etruschi, Greci, e Romani tratti dagli antichi monumenti, Rom 1804, Taf. LXXVI.
11. Der Altar ist in den Zeichnungen von Charles Percier im Pariser Institut de France zwei Mal wiedergeben (Ms. 1011, fol. 82 und fol. 83); Fontaine zugeschrieben ist hingegen eine fol. 83 sehr nahe in Feder lavierte, seitenverkehrte Zeichnung, abgebildet in Daniela Di Castro/Stephen Paul Fox: Disegni dall’antico di Pierre-François Léonard Fontaine, architetto di Napoleone, Florenz 2007, S. 70. Hier könnte es sich um einen lavierten Abklatsch nach fol. 83 handeln (vgl. die Schattierungen unter der Lavierung, die mit der Zeichnung im Institut de France übereinstimmen). Ich bedanke mich bei Georg Kabierske und Christoph Frank für den Hinweis auf die neu zugänglichen Digitalisate der Zeichnungen.
- Graphischer Transfer und mediale Umsetzung
Die hier untersuchte Zeichnung des Albano-Altars wurde nicht direkt für die Übertragung auf die Kupferplatte verwendet. Sie stellt eine frühere Kompositionsstufe dar, die zur Ausfertigung eines geölten Transparentpapiers (UVR, zoomen Sie hier in das Blatt) genutzt wurde und befindet sich somit an der Schnittstelle zwischen dem Marmorstück und seiner gedruckten Wiedergabe. Der Vergleich des Marmorstücks mit der Zeichnung und der Vergleich der Zeichnung mit dem Druck ermöglichen daher ein Verständnis der spezifischen Interpretation des Objektes in der Druckgraphik. Zunächst stellt sich die Frage, warum die Relieftafel mit der Jagdszene und mit den Mänaden in der Zeichnung bzw. im Druck über dem ionischen Säulenkapitell abgebildet ist und nicht über dem Pilaster wie im Marmorstück. Beim Kopieren des dreidimensionalen Vorbildes hätte der Zeichner mit Anspruch auf Genauigkeit diese Inkohärenz sicher bemerkt und korrigiert, auch wenn berücksichtigt werden muss, dass das Marmorstück bei der Ausführung der Zeichnung vielleicht zum Teil nicht vollständig bzw. noch nicht restauriert war. Die Abweichung könnte durch den vielschichtigen Zeichenprozess zu erklären sein. Zuerst wurde die Struktur des Altars angelegt, danach wurden die ornamentalen Felder sowie die Relieftafeln und Rankenfriese der Altarbeine ausgefüllt. Es scheint so, als ob der Zeichner der Reliefs die übliche Anordnung der Szenen (links die Jagd, rechts der Greif) aus der Graphik der Antichità d’Albano sowie den Zeichnungen im Codex Coburgensis und in der Sammlung Dal Pozzo übernahm, ohne darauf zu achten, dass dort Säule und Pilaster vertauscht sind. Diese Beobachtungen sprechen für eine Aufteilung der verschiedenen Bereiche an unterschiedliche Zeichner.
Möglicherweise steht die Zeichnung nicht nur in Verbindung mit dem Druck, sondern sollte auch als Entwurf für das noch in der Werkstatt zu restaurierende Stück dienen. In diesem Fall würde die Zeichnung, in der Folge der vom Künstler entworfenen Skizze im Taccuino B von Modena, einen weiteren Stand des Restaurierungsprozesses wiedergeben. Die runde, feine Basis des Altars fehlt heute. Es stellt sich daher die Frage, ob der Altar jemals auf solch einer Basis stand oder ob es sich hier um einen Kombinationsversuch oder -vorschlag handelt, der lediglich als graphischer Entwurf existierte.
Die Zeichnung wurde mit einigen Änderungen in den Druck überführt. Beim Transferprozess in die Graphik wurde vermutlich die Laufrichtung des krönenden Mäander- und Lorbeerfrieses umgekehrt. Zudem sind tanzende Mänaden an die Stelle der Jagdszene getreten. Diese Veränderung entspricht der dem Druck beigefügten Legende, welche die tanzenden Mänaden expliziert erwähnt und ihre symbolische Verbindung zu Apollon hervorhebt.[1]
Bénédicte Maronnie
Einzelnachweis
1. Vgl. Vasi, candelabri, Taf. 95: „Queste [are] sono dedicate ad Apollo, tanto più per vedersi in esse scolpita la Lira, sopra la quale appoggia con la zampa un Ipogrifo […]. Le Baccanti B indicano, come se fossero intorno all’Ara di questa Divinità danzando”. Diese [Altäre] sind dem Gott Apollo gewidmet, vor allem, weil man auf ihnen eine eingemeißelte Lyra sieht, auf der ein Greif seine Pfote legt […]. Die Bacchantinnen B deuten einen Tanz um den Altar dieser Gottheit herum an“ (Übers. BM). Ich danke Alice Cazzola für ihre Hilfe bei der Übersetzung einiger Tafellegenden.
- Zeichenstil
Die Darstellung zeichnet sich durch einen vielschichtigen Zeichnungsprozess aus (zoomen Sie hier in Kartierung Zeichenmedien; siehe Zeichnerischer Prozess). Zuerst wurde die gesamte Struktur ausgearbeitet – noch leicht erkennbar sind die geometrischen Konstruktionslinien und die freihändige Vorzeichnung von Ornamentteilen wie beispielsweise der Fruchtkränze. Danach wurden die Ornamentbereiche ausgefüllt und mit einer fetthaltigen, schwarzen Kreide unregelmäßig überarbeitet, um die Kontraste zu verschärfen, so z.B. in dem rechten, im Profil wiedergegebenen Fruchtkranz; zuletzt wurden einzelne Partien mit Rötel annotiert, z.B. die Zahl der Kanneluren in der Säule. Die perspektivische Darstellung des polygonalen Sockels scheint dem Zeichner Schwierigkeiten bereitet zu haben, vor allem im mehrfach überarbeiteten Profil des rechten Pilasters. Schattierungen wurden nur im Bereich der Ornamentteile (Ranken, Girlanden, Masken, Relieftafeln, usw.) hinzugefügt, während die Strukturlinien mit Feder konturiert wurden. Während es in der Ausführung der architektonischen Grundform an manchen Stellen an einer flüssigen Strichführung mangelt (z.B. beim ionischen Kapitell oder in der schon erwähnten Sockelpartie), sind die schattierten Ornamentteile sanfter ausgeführt und im Duktus akkurater (z.B. die Löwenklaue). Besonders deutlich treten in dieser Zeichnung die strukturierenden Linien und Ornamenteile des Altares hervor. Hingegen fehlen die Vollendung der glatten Bereiche durch Schattierungen und die malerische Andeutung ihrer Volumina, wie etwa in der leer gebliebenen Nische zwischen den Altarbeinen.
Dieses prozesshafte Verfahren unterscheidet sich grundsätzlich von der kraftvollen Zeichenmanier Piranesis, wie sie sich beispielhaft in der bereits erwähnten Zeichnung im Taccuino B von Modena oder auch in einem vergleichbaren Altar im British Museum, London (Inv. 1908,0616.35), zeigt. Wahrscheinlich wurden Zeichner innerhalb der Werkstatt damit beauftragt, die skizzierten Ideen Piranesis in ausführlichere und lesbarere Formen umzuwandeln. In der hier untersuchten Zeichnung sowie in den weiteren von Piranesi entworfenen und von der Werkstatt ausgeführten Objekten, muss der Meister die Aufsicht innegehabt haben. Ihm können eventuell die in Rötel hinzugefügten Überarbeitungen und eingefügten Zahlen, die seiner Handschrift ähneln, zugeordnet werden.
Stilistische Gemeinsamkeiten mit anderen Zeichnungen sind in Details zu beobachten. Die Masken mit breiten Gesichtern und vollen Lippen, die stark konturiert und in den Ecken markiert sind, können mit dem Gesicht des Atlanten im Newdigate Kandelaber (IX 5159-35-46-1) sowie der Zeichnung nach einem Altar mit Göttergesichtern aus der ehemaligen Sammlung Borghese, heute im Louvre (New York, Morgan Library, Inv. 1906.11.37, Abb. 12), in Verbindung gebracht werden.
Abb. 12: Piranesi-Werkstatt, Zylindrischer antiker Altar mit Relief, rote und schwarze Kreide, 179 x 145 mm
© The Morgan Library & Museum. 1966.11:37. Bequest of Junius S. Morgan and gift of Henry S. Morgan.Bénédicte Maronnie
- Kunsthistorische Bedeutung
Der Albano-Altar ist sicherlich das in der Werkstatt am häufigsten wiedergegebene und rezipierte Sammlungsstück innerhalb der Vasi, candelabri. Aus methodologischer Hinsicht wird anhand dieses Beispiels deutlich, wie eine eingehende Analyse die zentrale Rolle der Zeichnung im Kontext einer kollaborativen, transmedialen und ab den 1760er Jahren immer vielseitiger werdenden Werkstattsproduktion erhellt. Neben der Darstellung des Altars innerhalb der archäologisch-antiquarisch dokumentierenden Antichità d’Albano e di Castelgandolfo, der Wiedergabe innerhalb der Vasi, candelabri, wird die Entwicklung der Werkstattproduktion und der Wechsel von Piranesis Rolle als Antikenkenner zu der eines Antikenhändlers und Unternehmers sichtbar.
Bénédicte Maronnie
- Merkmale des Papiers
PvL (Pieter van der Ley)
Belege:William A. Churchill: Watermarks in Paper in Holland, England, France, etc., in the 17th and 18th Centuries and their Interconnections, Rijswijk 1965, Taf. CCXCVIII, Nr. 403 (Typ, in: French Edition of Dapper’s Africa, Amsterdam 1686); Edward Heawood: Watermarks Mainly of the 17th and 18th Centuries, Hilversum 1950, Taf. 240, Nr. 1781A (Typ, in: Jan J. Struys: Reysen, Amsterdam 1686); Taf. 241, Nr. 1782 (Typ; in: O. Dapper: Africa, Amsterdam 1676); Henk Voorn: De papiermolens in de provincie Noord-Holland, Haarlem 1960 (Zaan; PvL Monogramm seit 1675; S. 541).
Sammlungen:
Karlsruher Alben: Typ: IX 5159-35-35-1; IX 5159-35-38-1; IX 5159-36-30-1.
Washington, Folger Shakespeare Library: Blathwayt papers (Typ, 1727); L.c. 3069 (Typ; in: Newdigate Newsletters; London, June 1704), L.c. 2792 (Typ, Gegenmarke; in: Newdigate Newsletters; Gegenmarke Wappen von Zaandijk); London, November 1706.
Washington, Library of Congress: ID G9110 1756 .M8 (Typ, in: Gabriel Muñoz: Joseph Blanco: Real Escuela de Navegación (Cádiz, Spain). Descripción o carta de golfo que contiene la costa de España, Verueria y Guinea hasta las yslas de Barlovto. con sus derrotas de y da y Buelta adistintos parages, Cadiz 1756).
Zürich, Zentralbibliothek: Typ: FA Escher vG.188.6, fol. 26; FA Escher vG.188.6, fol. 76; fol. 92; fol. 93.
Herstellungsmerkmale:
Gebläut (blaue Fasern); mittlere Stärke, nachgiebig (flexibel); ungleichmäßige Stegschatten (Durchlicht, Abb., zoomen Sie hier in das Blatt); typische Merkmale der als holländisch identifizierten Papiere: Metalleinschlüsse (UVF, Abb., zoomen Sie hier in das Blatt) ebenmäßige, fein strukturierte, leicht aufgeraute Oberfläche (aufstehende, kurze Fasern, siehe Details 3, 4, Streiflicht) mit schwach ausgeprägter Filzmarkierung und gleichmäßiger, deutlicher Siebmarkierung; vermutlich gelatinegeleimt (mit Feder beschrieben; UVF, Abb.).
Maria Krämer
- Merkmale der Zeichenmedien
Graphit (Vorzeichnung; Detail 2): Typisches, graues Erscheinungsbild; feine Linien, schwach deckend, vorwiegend auf Erhebungen der Papieroberfläche angelagert; im Reflexlicht Glanz.
Schwarze Kreide (Details 1, 2, 3, 4, 5, 6): Leicht bis kräftig aufgetragen, selten deckend; auf Erhebungen und in Vertiefungen der Papieroberfläche gestreut; stellenweise stark verwischt oder berieben: vereinzelte, schwarze Partikel außerhalb des Strichbereichs.
Feder in Braun (Eisengallustinte; Details 2, 7): Semitransluzent; dunkle Trocknungsränder mit pigmentartiger Ablagerung (entlang der Konturen und konzentrisch im Strichbereich); Kontrastzunahme unter UVF (Hinweis auf Metallgehalt, Abb., zoomen Sie hier in das Blatt), durchscheinend unter IRR; durch rötliche Erscheinung im IRFC (Abb., zoomen Sie hier in das Blatt) optisch deutlich von anderen Zeichenmedien unterscheidbar.
Schwarzer Stift (Kreide) mit fetthaltigem Bindemittel (Details 1, 3, 4, 5): Vorrangig kräftiger, tiefschwarzer, matter Strich; kompakt und stellenweise pastos in deckenden Bereichen.
Überarbeitung in Graphit (Details 4, 5): Stark aufdrückend geführt, stellenweise furchiger Strich; typisches, graues Erscheinungsbild; vorwiegend auf den Faserhöhen angelagert; im Reflexlicht deutlicher Glanz (UVR, Abb., zoomen Sie hier in das Blatt).
Rötel (Details 3, 6, 7): Rahmenlinien des separat gezeichneten Reliefs links deutlich verwischt (partiell getilgt); Nummerierung innerhalb des Mäandermotivs leicht verwischt; dunklerer Farbeindruck in der Zahl „6“und an dem Ornament über der Medusenmaske.
Nicht zur Entstehung der Zeichnung gehörende Farbmittel: Reste einer schwarzen Tusche.
Detail 1: Auflicht
Fetthaltiger, schwarzer Stift über schwarzer Kreide (Jagdszene, o.M.)
Foto: Maria Krämer
Detail 2: Auflicht
Drei Ausführungsstufen (Säulenkapitell): 1. Graphit (grau), 2. schwarze Kreide (schwarz), 3. Tusche oder Tinte
(braun)
Foto: Maria KrämerDetail 3Schwarzer fetthaltiger Stift (tiefschwarze, deckende Striche) und Rötel über schwarzer Kreide (Medusenmaske)
Detail 4Graphit (geschwungene Linie im schwarzen Feld) über schwarzem, fetthaltigem Stift (tiefschwarze, deckende Striche) über schwarzer Kreide (Profil o.r.)
Detail 5: Streiflicht
Graphit über fetthaltigem, schwarzem Stift über schwarzer Kreide
Foto: Maria KrämerDetail 6: Streiflicht
Rötel über schwarzer Kreide (diese weitgehend getilgt)
Foto: Maria KrämerDetail 7: Auflicht
Rötel über brauner Tusche oder Tinte
Foto: Maria KrämerMaria Krämer
- Zeichnerischer Prozess
Diese komplexe Zeichnung entstand in mehreren Stufen und mit unterschiedlichen Zeichenmedien, die deutlich voneinander abgesetzt sind und unterschiedliche Funktionen erfüllten (zoomen Sie hier in Kartierung Zeichenmedien). Deutlich erkennbar ist ein vielschichtiger Entstehungsprozess, der möglicherweise Unterbrechungen beinhaltete und vielleicht auch mehr als eine Hand involvierte. Der Zeichnung liegt eine umfangreiche Vorzeichnung in Graphit zugrunde, mit der die Konstruktionslinien und die figürlichen Elemente angelegt wurden. Für die zahlreichen geometrischen Hilfslinien wurde ein Lineal eingesetzt. Diese Hilfslinien sind an vielen Stellen erkennbar, besonders prominent jedoch am zwölfeckigen Sockel, wo sie für die Umsetzung der Perspektivansicht benötigt wurden. Diese beinhaltet zwei Fluchtpunkte, zu denen sich die Darstellung derart hin verjüngt, dass ein weitwinkliger, Monumentalität andeutender Eindruck entsteht. Die Linien wurden vielfach korrigiert und unterscheiden sich stellenweise deutlich von der endgültigen Ausführung. Auch in den frei gezeichneten Elementen sind zahlreiche Korrekturen erkennbar, etwa am ionischen Kapitell der zentralen Säule (Detail 2) und am Mäanderfries.
Auffallend ist, dass im Vergleich mit ähnlich komplexen, aber achsensymmetrisch angelegten Zeichnungen innerhalb des Karlsruher Konvoluts keine Zirkeleinstiche zur Markierung markanter Konstruktionsdetails erkennbar sind. Man kam offensichtlich ohne dieses Instrument aus, da die Abmessungen der Rund- und Eckformen nicht achsensymmetrisch übertragen werden konnten, sondern jeweils individuell ausgerichtet werden mussten. Die vielen Korrekturen der Vorzeichnung und das finale Bild deuten auf ein Abzeichnen des originalen Marmordenkmals hin. Die innerhalb des Altars vielfach korrigierten und teils auch über seine Kontur hinausreichenden Hilfslinien dokumentieren das Bemühen um perspektivische Stringenz. Erkennbar ist dies besonders an der mehrfach korrigierten Basis des rechten Pilasters (sie wurde perspektivisch stärker gedreht) und an dem etwas oval verzerrten runden Basis.
Die endgültige Form wurde mit schwarzer Kreide festgelegt. Große Teile der Darstellung, vor allem die linearen, geometrischen Elemente, wurden zusätzlich mit einer Feder in Braun, vermutlich Eisengallustinte (UVF, Abb., zoomen Sie hier in das Blatt), nachgezogen. Ein Grund für dieses Vorgehen liegt vermutlich in der durch die vielen Korrekturen verunklärten Linienführung der schwarzen Stifte, welche die Lesbarkeit der finalen Form erschwerten.
Darüber hinaus wurden kräftige Akzente in einem fetthaltigen, schwarzen Stift hinzugefügt, wie er auch bei mehreren anderen Zeichnungen der Alben identifiziert werden konnte. Diese Striche sind denen der schwarzen Kreide teilweise so geschickt angepasst, dass fließende Übergänge entstehen (Detail 1). An anderen Stellen jedoch hebt sich der schwarze Stift stark von den ihn umgebenden Bildelementen ab (Details 3 und 4). Einige kräftige Linien in Graphit, etwa in der Konturlinie der Bogenform rund um das Medusenhaupt sowie am rechten Profil des Altars auf gleicher Höhe (Detail 4), könnten ebenfalls als nachträglicher Schritt zur Verdeutlichung hinzugekommen sein. Auffallend in dieser Hinsicht ist auch ein neben der Zeichnung hinzugefügtes Detail eines Blattes (Detail 7), das sowohl in Graphit als auch kräftig in schwarzer Kreide nachgefahren wurde. Überraschenderweise wurde hier noch einmal Graphit, das graufarbige Zeichenmedium der Vorzeichnung, für die letzten Korrekturen über der schon angelegten schwarzen Zeichnung genutzt. Vielleicht wurde deshalb der Stift zur Verdeutlichung der Korrekturen stark aufgedrückt. Zuletzt wurde mit Nummerierungen in Rötel die Anzahl der Unterteilungen im Mäanderfries und in der Kannelierung der Säule angeben. Vermutlich halfen sie bei der konstruktionsgetreuen Übertragung des Motivs auf die Druckplatte.
Rechts neben dem Altar liegt um etwa 90 Grad gedreht ein in Rötel gerahmtes Feld, in das mit schwarzer Kreide tanzende Mänaden gezeichnet und anschließend wieder getilgt wurden. Es hat die gleiche Größe wie das zentrale, rechteckige Friesfeld der Jagdszene. Da letztere in der Radierung durch die Mänaden ersetzt wurden, ist hier eine den Druck betreffende Entwurfsänderung anzunehmen. Unklar bleibt jedoch der Grund für die Tilgung des Feldes auf der Zeichnung. Auffallend sind außerdem aufeinander zulaufende bzw. sich überkreuzende und dann abgebrochene Linien am rechten Rand des Blattes. Sie könnten Teil einer weiteren, heute abgeschnittenen Zeichnung sein, doch liegen sie sehr nahe am Rand des Papierbogens (erkennbar am Spanndraht, siehe Durchlicht, Abb., zoomen Sie hier in das Blatt). Ihre Funktion – Konstruktionshilfe oder Stiftproben – bleibt daher ungeklärt.
Ein vergleichbarer Aufbau und entsprechender Einsatz der Zeichenmedien können bei der Zeichnung des Newdigate-Kandelabers und des Rhyton-Kandelabers, zwei weitere Vorzeichnungen für Piranesis Vasi, candelabri, beobachtet werden.
Maria Krämer
- Merkmale historischer Nutzung
Büttenrand oben und unten erhalten, an den langen Kanten gerissen, an der rechten Kante unten ein länglicher Streifen herausgeschnitten; flächige Kontaktübertragung öliger Flecken (UVF, Abb., zoomen Sie hier in das Blatt); paarige Stecknadeleinstiche an den Blatträndern o.M. und u.M.; entlang der Blattränder mehrfach eingerissen und verknickt; mehrere Zentimeter langer Einriss u.M.;[1] durchgehende Klebereste verso entlang einer waagrechten Falzlinie, dort anhaftende Papierfragmente (frühere Montierung, Durchlicht, Abb., zoomen Sie hier in das Blatt).
Maria Krämer
Einzelnachweis
1. Dieser Einriss wurde 2020 konservatorisch gesichert (Verklebung mit Weizenstärkekleister und Hinterlegung mit Japanpapier).
- Prozesse historischer Nutzung
Die vielen Überarbeitungen (die Linien in Feder und schwarzem Stift, Annotationen in Rötel) weisen ebenso wie die vergrößerten Details am rechten Rand auf mehrere Arbeitsstufen und vielleicht auf eine (redigierende) Kommunikation zwischen verschiedenen, an der Arbeit beteiligten Künstlern hin. Die Darstellung erscheint in Piranesis Werk Vasi, candelabri mit kleineren Abweichungen größengleich und kann daher als direkt vorbereitende Zeichnung angesehen werden. Zur Übertragung diente vermutlich eine Pause auf geöltem Papier, die von diesem Blatt abgenommen wurde. Indizien dafür liefern eine Vielzahl öliger Flecke, vor allem eine ölige Kontaktübertragung, die parallel zur rechten Blattkante verläuft (UVF, Abb., zoomen Sie hier in das Blatt) sowie paarige Stecknadeleinstiche an den oberen und unteren Blatträndern (UVF, Abb., zoomen Sie hier in das Blatt). Im Druck erscheinen der Lorbeerfries und das Mäanderband im oberen Abschluss des Altars gegenläufig. Die gleiche Abweichung in der Ausrichtung eines sich wiederholenden Musters ist bei der Darstellung der Lyde-Browne-Vase in den Karlsruher Alben (IX 5159-35-39-1) zu beobachten, die ebenfalls eine direkte Vorzeichnung zu einem Druckwerk ist. Möglicherweise wurden bei der Übertragung der Zeichnung auf die Druckplatte einzelne Muster ausgelassen und per Hand eingefügt, sodass diese im Druck gespiegelt erscheinen.
Die Zeichnung wurde auf einem besonders großformatigen Papier aus niederländischer Produktion ausgeführt, das heute halbiert vorliegt. An der linken Kante ist im Durchlicht erkennbar, dass der Bogen ursprünglich gefalzt vorlag und danach gerissen wurde. Das Blatt fällt durch sein insgesamt fleckiges Erscheinungsbild auf. Durch die Herstellung bedingt ist die offene, kurzfaserige Oberfläche empfindlich gegenüber mechanischer Beanspruchung und wurde deutlich aufgeraut. Dies ist auch anhand der dezimierten Kreidelinien ersichtlich. Feuchtigkeitsflecke, Pigmentabrieb und Griffspuren am rechten Rand zeugen von einer häufigen Verwendung in einer Künstlerwerkstatt. Längliche, weißlich fluoreszierende Klebstoffspuren (UVF, Abb., zoomen Sie hier in das Blatt) an den oberen und unteren Blatträndern könnten von der Weiterverwendung des Blattes in der Weinbrennerschule stammen, wo die Schüler des Architekten die italienischen Zeichnungen kopierten, indem sie Transparentpapiere durch Aufkleben fixierten und in Tusche abpausten.
Montierungshistorie:
Im Durchlicht wird ein breiter, verso parallel zu einer waagrechten Falzlinie verlaufender Papierrest sichtbar, die frühere Montierung. Vermutlich handelt es sich hier wie auch bei der Montierung der Zeichnung des Newdigate-Kandelabers (IX 5159-35-46-1) um Teile einer Albumseite, auf die das Blatt zu einem früheren Zeitpunkt montiert war.
Maria Krämer
Schlagwörter
- Vasi, candelabri
- Nicolas François Daniel Lhuillier
- Hans Caspar Escher
- Charles Percier
- Abbé de Saint-Non
- Albano
- Marmor
- Museo Pio-Clementino
- David Vogel
- Rötel
- Holländisches Papier
- Piranesi-Werkstatt
- Schwarze Kreide
- IX 5159-35-47-1
- Altar
- Stilistische Gruppe 11
- Eisengallustinte
- PVL-Monogramm
- Graphit
- Van der Ley, Zaan-Distrikt
GND-Begriffe
- Piranesi, Giovanni Battista;
- Lhuillier, Nicolas-François-Daniel;
- Piranesi, Giovanni Battista;
- Vogel, David;
- Albano Laziale;
- Santa Maria della Stella;
- Museo Pio-Clementino;
- Palazzo Tomati;
- Percier, Charles;
- Escher, Hans Caspar;
- Saint Non, Jean Claude Richard de
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