Diese komplexe Zeichnung entstand in mehreren Stufen und mit unterschiedlichen Zeichenmedien, die deutlich voneinander abgesetzt sind und unterschiedliche Funktionen erfüllten (zoomen Sie hier in Kartierung Zeichenmedien). Deutlich erkennbar ist ein vielschichtiger Entstehungsprozess, der möglicherweise Unterbrechungen beinhaltete und vielleicht auch mehr als eine Hand involvierte. Der Zeichnung liegt eine umfangreiche Vorzeichnung in Graphit zugrunde, mit der die Konstruktionslinien und die figürlichen Elemente angelegt wurden. Für die zahlreichen geometrischen Hilfslinien wurde ein Lineal eingesetzt. Diese Hilfslinien sind an vielen Stellen erkennbar, besonders prominent jedoch am zwölfeckigen Sockel, wo sie für die Umsetzung der Perspektivansicht benötigt wurden. Diese beinhaltet zwei Fluchtpunkte, zu denen sich die Darstellung derart hin verjüngt, dass ein weitwinkliger, Monumentalität andeutender Eindruck entsteht. Die Linien wurden vielfach korrigiert und unterscheiden sich stellenweise deutlich von der endgültigen Ausführung. Auch in den frei gezeichneten Elementen sind zahlreiche Korrekturen erkennbar, etwa am ionischen Kapitell der zentralen Säule (Detail 2) und am Mäanderfries.
Auffallend ist, dass im Vergleich mit ähnlich komplexen, aber achsensymmetrisch angelegten Zeichnungen innerhalb des Karlsruher Konvoluts keine Zirkeleinstiche zur Markierung markanter Konstruktionsdetails erkennbar sind. Man kam offensichtlich ohne dieses Instrument aus, da die Abmessungen der Rund- und Eckformen nicht achsensymmetrisch übertragen werden konnten, sondern jeweils individuell ausgerichtet werden mussten. Die vielen Korrekturen der Vorzeichnung und das finale Bild deuten auf ein Abzeichnen des originalen Marmordenkmals hin. Die innerhalb des Altars vielfach korrigierten und teils auch über seine Kontur hinausreichenden Hilfslinien dokumentieren das Bemühen um perspektivische Stringenz. Erkennbar ist dies besonders an der mehrfach korrigierten Basis des rechten Pilasters (sie wurde perspektivisch stärker gedreht) und an dem etwas oval verzerrten runden Basis.
Die endgültige Form wurde mit schwarzer Kreide festgelegt. Große Teile der Darstellung, vor allem die linearen, geometrischen Elemente, wurden zusätzlich mit einer Feder in Braun, vermutlich Eisengallustinte (UVF, Abb., zoomen Sie hier in das Blatt), nachgezogen. Ein Grund für dieses Vorgehen liegt vermutlich in der durch die vielen Korrekturen verunklärten Linienführung der schwarzen Stifte, welche die Lesbarkeit der finalen Form erschwerten.
Darüber hinaus wurden kräftige Akzente in einem fetthaltigen, schwarzen Stift hinzugefügt, wie er auch bei mehreren anderen Zeichnungen der Alben identifiziert werden konnte. Diese Striche sind denen der schwarzen Kreide teilweise so geschickt angepasst, dass fließende Übergänge entstehen (Detail 1). An anderen Stellen jedoch hebt sich der schwarze Stift stark von den ihn umgebenden Bildelementen ab (Details 3 und 4). Einige kräftige Linien in Graphit, etwa in der Konturlinie der Bogenform rund um das Medusenhaupt sowie am rechten Profil des Altars auf gleicher Höhe (Detail 4), könnten ebenfalls als nachträglicher Schritt zur Verdeutlichung hinzugekommen sein. Auffallend in dieser Hinsicht ist auch ein neben der Zeichnung hinzugefügtes Detail eines Blattes (Detail 7), das sowohl in Graphit als auch kräftig in schwarzer Kreide nachgefahren wurde. Überraschenderweise wurde hier noch einmal Graphit, das graufarbige Zeichenmedium der Vorzeichnung, für die letzten Korrekturen über der schon angelegten schwarzen Zeichnung genutzt. Vielleicht wurde deshalb der Stift zur Verdeutlichung der Korrekturen stark aufgedrückt. Zuletzt wurde mit Nummerierungen in Rötel die Anzahl der Unterteilungen im Mäanderfries und in der Kannelierung der Säule angeben. Vermutlich halfen sie bei der konstruktionsgetreuen Übertragung des Motivs auf die Druckplatte.
Rechts neben dem Altar liegt um etwa 90 Grad gedreht ein in Rötel gerahmtes Feld, in das mit schwarzer Kreide tanzende Mänaden gezeichnet und anschließend wieder getilgt wurden. Es hat die gleiche Größe wie das zentrale, rechteckige Friesfeld der Jagdszene. Da letztere in der Radierung durch die Mänaden ersetzt wurden, ist hier eine den Druck betreffende Entwurfsänderung anzunehmen. Unklar bleibt jedoch der Grund für die Tilgung des Feldes auf der Zeichnung. Auffallend sind außerdem aufeinander zulaufende bzw. sich überkreuzende und dann abgebrochene Linien am rechten Rand des Blattes. Sie könnten Teil einer weiteren, heute abgeschnittenen Zeichnung sein, doch liegen sie sehr nahe am Rand des Papierbogens (erkennbar am Spanndraht, siehe Durchlicht, Abb., zoomen Sie hier in das Blatt). Ihre Funktion – Konstruktionshilfe oder Stiftproben – bleibt daher ungeklärt.
Ein vergleichbarer Aufbau und entsprechender Einsatz der Zeichenmedien können bei der Zeichnung des Newdigate-Kandelabers und des Rhyton-Kandelabers, zwei weitere Vorzeichnungen für Piranesis Vasi, candelabri, beobachtet werden.
Maria Krämer
Kommentare
Hier können Sie uns Anmerkungen und Kommentare zu unseren Objekten hinterlassen, die nach Sichtung durch unsere Mitarbeiter*innen allen Leser*innen angezeigt werden.