Die Spuren auf der Vorderseite und auch die Pausen verso weisen darauf hin, dass die Girlande mit einem geölten Papier abgepaust wurden. Teile des Öls sind in das Papier eingedrungen und erscheinen heute auf der Vorderseite als bräunliche Flecke. Zur Befestigung des geölten Papiers wurden Stecknadeln genutzt, die auf dem Blatt Einstiche hinterlassen haben (siehe Durchlicht - und UVF-Aufnahmen ). Auf einige Linien begrenzte Ölränder um Kreidestriche des Portals (Detail 2 , Merkmale der Zeichenmedien ) könnten darauf hinweisen, dass auch diese Teile der Zeichnung abgepaust wurden.
Ein Teil der Girlande und angrenzende Bereiche wurden offensichtlich und in zwei unterschiedlichen Verfahren in Rötel abgepaust, was anhand ihrer Übertragung auf die Rückseite des Blattes erkennbar ist (Abb. 1, weitere Abbildungen siehe IX 5159-35-22-3v ). Dort sind Teile der Girlande gleich zweimal und in unterschiedlicher Kräftigkeit erkennbar (Details 3 u. 4). Beide gepausten Motive erscheinen gespiegelt zur ihrer Darstellung auf der Vorderseite.
Abb. 1: Rückseite, Blatt zur besseren Vergleichbarkeit der Darstellungen mit der Vorderseite um 180° gedreht, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Inv. IX 5159-35-22-3vDetail 3: Auflicht IX 5159-35-22-3 verso, Darstellung 90° nach links gedrehtDetail 4: Auflicht IX 5159-35-22-3 verso, Darstellung ca. 180° gedreht
Die kräftigere Pausübertragung der Girlande liegt am unteren Rand des Blattes um neunzig Grad gedreht zur Zeichnung der Vorderseite. Die Übertragung geschah mithilfe einer in Rötel ausgeführten Ölpause. Diese wurde gewendet und durch flächige Ausübung von Druck auf das leere Papier übertragen (Detail 3). Die vertikalen, kräftigen Reibespuren sind durch eine Vergilbung des Papiers, ausgelöst durch Übertragung von Öl, sichtbar (durch UVA-Strahlung angeregt sind sie als gelbliche Fluoreszenz sichtbar, siehe UVF ). Verwendet wurde für die Übertragung wohl ein relativ schmales Gerät mit einer, einem Falzbein in der Buchbinderei vergleichbaren Funktion, die wohl auch das stumpfe Ende eines Zeichengeräts (etwa ein Pinselstiel oder das Ende eines Griffels) erfüllen konnte. Neben der Girlande wurden auch die angrenzenden Rahmenlinien übertragen. Ebenfalls am oberen Rand des Blattes finden sich weitere Reibespuren. Diese geschahen jedoch ohne Übertragung eines Motivs und liegen in horizontaler Ausrichtung. Stecknadeleinstiche weisen auf die Fixierung der Pause hin. Vermutlich wurden weitere Pausen auf diese Art übertragen. Ein analoges Vorgehen lässt sich an weiterer Stelle beobachten: Eine ähnliche Pausübertragung ist auf der Rückseite von IX 5159-35-32-4 zu sehen. Ein Blatt der Hamburger Kunsthalle weist Reibespuren auf, die auf einen ähnlichen Prozess, jedoch ohne die Verwendung eines geölten Papiers, hindeuten (Abb. 2).
Abb. 2: Glanz- und Reibespuren von einer manuellen Übertragungstechnik auf der Rückseite von: Piranesi-Werkstatt, Urne in der Sammlung von Lord Palmerston (hier Detail der Rückseite), Graphit und Rötel, 190 x 147 mm, Kunsthalle Hamburg, Inv. 52065 Foto: Bénédicte MaronnieDie andere, größere Pause wurde durch Nachfahren der Linien einer Rötelpause übertragen, etwa mit einem Griffel oder einer stumpfen Radiernadel. Die Linien in Rötel erscheinen deutlich feiner als bei der durch Reibedruck übertragenen Ölpause und zeigen eine leicht variierende Breite und Intensität der Linien. Das Girlandenmotiv wurde zwar weitgehend vollständig übertragen – einige der Linien passen gespiegelt exakt auf die Linien der Zeichnung auf der Vorderseite. Allerdings ist die Girlande zweigeteilt und in ihrer Gesamtheit verkürzt, der mittlere Teil fehlt. Die durchgegriffelte Zeichnung muss beim Pausvorgang verrutscht sein: So ragt der linke Teil der Girlande und vor allem das dortige Flatterband in das mittige freie Feld, das für das Relief einer menschlichen Figur gedacht war.
Die Kopie der Girlande auf der Rückseite befindet sich an der Stelle, wo sich vorderseitig das freie Feld des Sarkophags befindet, steht jedoch auf dem Kopf. Rätselhaft bleibt daher, aus welchem Grund diese Elemente auf die Rückseite der Zeichnung übertragen wurden. Möglich wäre ein kontrollierendes und korrigierendes Nachfahren der Linien von der Vorderseite für die Übertragung an eine andere Stelle. Am offensichtlichsten würde die Verwendung der Pause zur Vervollständigung des freien Feldes auf der Vorderseite erscheinen. Dies ist jedoch – offenbar – nicht geschehen.
Auch die flächigen Rötelspuren und Fingerabdrücke könnten mit dem Pausvorgang in Verbindung stehen. Durch das Einreiben eines Papiers, beispielsweise die Blattrückseite der Ölpause mit Rötelpulver könnte diese übertragen worden sein. Der Abrieb auf der Vorderseite wäre in diesem Fall durch die gemeinsame Lagerung entstanden.
Weitere Informationen zu den Fachbegriffen finden Sie im Glossar .
Maria Krämer
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