Wie auch bei anderen Zeichnungen der Karlsruher Alben wurde dieses Motiv von Nicolas Lhuillier und seinen Schülern mehrfach kopiert und somit weit verbreitet (Abb. 2) (siehe auch Essay „Mit Öl und Wasser kopiert “).
Abb. 2: Konsolgebälk und Ornamentmotive vom Vespasianstempel, Motivvervielfältigung durch Abklatsch, Überarbeitung und händisches Kopieren B2: Sammlung Thomas Hardwick, New York, The Metropolitan Museum, 34.78.2(71) (Public Domain Mark 1.0 ); C2: Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, IX 5159-36-23-1, CC0 1.0 ; D1 und D2: Nicolas Lhuillier zugeschrieben, © Sir John Soane’s Museum, London, Adam vol. 26/96; E1 und E2: Zentralbibliothek Zürich, FA Escher v.G. 188.6a, fol. 49r, 52v, 59r, 60r, CC0 1.0 ; F2: © Sir John Soane’s Museum, London, Soane’s 129, fol. 2; G1: Sammlung Thomas Hardwick, New York, The Metropolitan Museum, Inv. 34.78.2(75) (Public Domain Mark 1.0 )Ursprünglich handelte es sich um die Hälfte eines in Rötel bezeichneten Blattes, das auf der einen Hälfte eine musterhaft angeordnete Ornamentsammlung mit Rosette und floraler Konsole in Profilansicht (A1 ) und auf der anderen Hälfte das auch in Karlsruhe vorhandene Konsolgesims vom Vespasianstempel (A2 ) zeigte. Dieses Blatt wurde abgeklatscht und dann in der Mitte auseinandergeschnitten. Während dessen rechte Hälfte (B1 ) bislang nicht aufgefunden wurde, gelangte die linke Hälfte (B2 ) zusammen mit anderen Zeichnungen in der Art Lhuilliers in die Sammlung des Architekten Thomas Hardwick (1752–1829, in Rom 1777–1779), die sich heute im Metropolitan Museum in New York befindet.[1] Die Originalzeichnung (A1 und A2 ) wurde jedoch noch ein zweites Mal abgeklatscht und dann qualitätsvoll in Rötel überarbeitet, möglicherweise um dem schon schwächeren Abklatsch wieder Plastizität zu verleihen. Auch dieses Blatt wurde auseinandergeschnitten, nur die linke Hälfte (C2 ) ist in Karlsruhe vorhanden. Bevor dies geschah, wurde das gesamte Blatt (C2 und C1 ) ein weiteres Mal abgeklatscht und erneut in Rötel überarbeitet (D1 und D2 ). Vollständig erhalten befindet sich dieser überarbeitete Abklatsch unter den sogenannten Adam travel drawings im Sir John Soane’s Museum.[2] Dieser arbeitstechnische Verfahren wird unter Prozesse historischer Nutzung im Detail erläutert und belegt.
Die Methode, einen Abklatsch anzufertigen, diesen zu überarbeiten und erneut abzuklatschen, konnte von Sarah Boyer bei Kopien Jean-Robert Angos (um 1710–1773) nach Hubert Robert (1733–1808) nachgewiesen werden.[3] Intention Angos war es offenbar, am Ende eine im Verhältnis zur Originalzeichnung seitenrichtige Kopie zu besitzen. Im Gegensatz dazu kann auch eine seitenverkehrte Ornamentzeichnung als gleichwertige Motivvorlage fungieren, sodass die Abklatschtechnik, kombiniert mit Überarbeitungen in effizienter Weise exakte Ornamentzeichnungen als Motivvorlagen hervorbringt.
Darüber hinaus existieren in weiteren Sammlungen von Hand in schwarzer Kreide gezeichnete Kopien dieser Motive, die aufgrund der abweichenden Qualität im Kontext des Zeichenunterrichts entstanden sein dürften; so etwa auf vier Seiten verteilt im sogenannten Rosetten-Album von David Vogel (1744–1808, in Rom 1763–1765) (E1 und E2 )[4] , wobei es sich vermutlich um Kopien von Vogel nach Lhuillier handelt. In der Sammlung von Thomas Hardwick im Metropolitan Museum existiert zudem eine gezeichnete Kopie (F2 )[5] , bei der die Motive ebenso wie auf dem „doppelten“ Abklatsch bei Adam (D1 ) oder dem verschollenen Ursprungsblatt (A1 ) angeordnet sind. Demnach sind bei Hardwick beide Motive vorhanden, das Konsolgesims als Abklatsch und die Ornamentdetails als gezeichnete Kopie. In dem Klebealbum eines unidentifizierten, vermutlich französischen Romreisenden dieser Zeit im Sir John Soane’s Museum (Soane’s vol. 129) findet sich zudem das Konsolgesims vom Vespasianstempel als Abklatsch in schwarzer Kreide (G1 ).[6] Auch wenn es in den Ornamenten und Proportionen etwas abweicht, dürfte es aufgrund der vergleichsweise exakten Unteransicht und der Parallelschraffuren ebenso zu dieser Reihe von Kopien gehören. Der Zusammenhang des Blattes mit Lhuillier wird durch die Existenz von zahlreichen weiteren Abklatschen seines Stils in diesem Album bestärkt. Unter den Radierungen, die nach Vorzeichnungen von Nicolas François Daniel Lhuillier für die École royale gratuite de dessin in Paris gedruckt wurden, befindet sich zudem eine weitere, wenn auch in den Details der Rosette etwas abweichende Ansicht dieses Konsolgesimses.[7]
Georg Kabierske
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